Gitta Beimfohr
· 17.10.2017
Sie zeigen Tausende von Biketouren weltweit und sind dank Smartphone immer dabei: MTB-Touren-Apps werden immer beliebter. Doch welche App eignet sich für Einsteiger? Die vier größten Portale im Test.
"Geh mir weg mit diesem GPS-Zeug!" "Im Wald will ich meine Ruhe haben und abschalten von dem digitalen Wahnsinn." Oder: "Ich fahre eh nur da, wo ich mich auskenne oder Touren ausgeschildert sind." Habe ich noch eine GPS-Muffel-Ausrede vergessen? Das ist natürlich alles Quatsch, denn welcher Mountainbiker möchte seinen Erlebnishorizont nicht gern um eine spannende Route erweitern? Zumal er sie doch praktischerweise sowieso in seinem Smartphone mit sich herumträgt? Viele verbinden mit GPS-Navigation eben: Teures Gerät kaufen, Software und Karten installieren, stundenlanges Haareraufen am Rechner und am Ende auch noch die Online-Portale nach der passenden Tour durchforsten. Dabei ist das dank der Touren-Apps ja gar nicht mehr nötig. Das Gerät selbst, also das Smartphone, haben die Meisten schon und wie man eine App herunterlädt, ist bekannt. Jetzt muss man nur noch seine Wunsch-Tour aus einem Tourenportal auswählen und schon öffnet sich die Route auf der passenden Karte. Die Navigation kann direkt losgehen!
Okay, eine kleine Hürde bleibt doch noch, nämlich: Welche App von welchem Tourenportal wähle ich? Das Angebot ist mittlerweile groß. Es gibt Anbieter mit Sprach-Navigation, 3D-Animation, Offline-Karten und direkter Community-Anbindung. Manche legen Wert auf detaillierteste Untergrund-Beschreibungen, andere fassen diese Informationen lieber visuell in einem anschaulichen Höhenprofil zusammen. Die eine App kostet eine Download-Gebühr, die andere ist gratis, nervt dafür aber mit Werbebannern.
Letztendlich ist es natürlich Geschmackssache, mit welcher Darstellung man auf Tour am besten klar kommt. Doch wie so oft offenbaren sich die Unterschiede erst im Praxistest. Wir haben uns die Apps der vier größten Anbieter mal heruntergeladen und waren im Wald überrascht von den unterschiedlichen "Führungsstilen". Doch bevor Sie sich für einen der 70 bis 80 MB großen Downloads entscheiden, hier noch ein paar wissenswerte Tipps zur App-Navigation:
Man registriert sich auf der Homepage des jeweiligen Tourenportals, lädt sich die App herunter und wird damit mobiles Mitglied einer "Tauschbörse". Dadurch erhält man jederzeit Zugriff auf alle Touren, die andere Biker weltweit bereits empfehlen, sollte aber auch mal eigene Runden verraten. Bei diesem Austausch lernt man auch schnell, wie wichtig es ist, die Touren möglichst genau zu beschreiben. Gute Apps stellen dafür ein entsprechendes Formular zum Ausfüllen bereit. Wichtig: Beim Installieren auf dem Handy nicht vergessen, der App den Zugriff auf die Standortabfrage beim Verwenden zu erlauben, sonst funktionieren GPS-Ortung und Navigation nicht.
Eine gute App greift auf ein großes Tourenportal mit vielen aktiven Mitgliedern zurück. Viele User bedeuten nicht nur viele Touren, sondern auch glaubhaftere Tourenbewertungen, Rankings und bei manchen Portalen auch aktuelle Zustandsberichte der Trails. Das macht die Auswahl der besten Routen leichter. Doch was hilft die beste Beschreibung und die nutzerfreundlichste Bedienung, wenn das Portal keine Touren in Ihrer Nähe oder in Ihren Lieblingsrevieren enthält? Ein weiteres Hauptkriterium sind die Karten. Die meisten Portale greifen auf die von Open Street Map zurück, die auch Trails darstellen. Wichtig ist, dass man die Karten offline speichern kann. Denn wer in Gegenden mit schlechtem Empfang oder über die 1500-Meter-Höhenmarke hinaustouren will, steht sonst eventuell ohne Netz und Track da.
Die Karten-Darstellung im Handy ist – im Gegensatz zum GPS-Gerät – brillant. Leider kostet dieser Vorteil aber auch viel Strom. Nach etwa 3 Stunden Dauerbetrieb ist selbst der stärkste Akku leer. Für längere Touren lohnt sich daher die Anschaffung einer Powerbank, damit Sie unterwegs aufladen können. Weitere Tipps zum Stromsparen: Tourenauswahl und Karten-Download im Wlan-Bereich ausführen, im Handy "Auto-Bildschirmhelligkeit" auf "Tageslicht" umstellen, die Tour parallel nicht zusätzlich aufzeichnen und am besten den "Flugmodus" aktivieren. Für den GPS-Empfang ist kein Mobilfunknetz nötig.
Diesen Artikel bzw. die gesamte Ausgabe BIKE 6/2017 können Sie in der BIKE-App (iTunes und Google Play) lesen oder die Ausgabe im DK-Shop nachbestellen:
Optisch ist Komoot das modernste MTB-Touren-Portal mit der intuitivsten Handhabung.
Wer bisher nur im Auto mit Navi unterwegs war, wird sich bei Komoot am wohlsten fühlen. Die Menüführung ist selbsterklärend und wird mit eingeblendeten Anwendertipps zum Kinderspiel. Die Tour beginnt vor der Haustür mit der "Bring mich hin"-Funktion. Egal, ob man mit dem Bike, dem Auto oder der Bahn zum Startpunkt der Tour geleitet werden möchte. Hilfreich ist auch die Highlight-Funktion: In der Karte sind Singletrails und schöne Aussichtsplätze extra markiert. Man kann die Routen durch einfaches Ziehen des Tracks verschieben, und sollte man unterwegs vom Weg abkommen, errechnet Komoot eine neue Route zurück zur Tour. Offline-Karten, Sprach-Navigation und Routing gehören zum Grundservice. Schade: Auch Schotterwege werden hier oft als Singletrails bezeichnet. Gratis ist nur eine Proberegion, weitere kosten.
PLUS
MINUS
FAZIT Wer bisher nur im Auto mit Navi unterwegs war, wird sich mit Komoot bei Mountainbike-Touren am wohlsten fühlen. Die Menüführung ist kinderleicht und die Tools werden ständig aktualisiert.
Info
Outdooractive ist Europas größte Outdoor-Plattform mit eigenen Topo-Karten und allen nötigen App-Features.
Sparen Sie sich das Runterladen der Gratis-App*. Damit bekommt man zwar Zugriff auf das große Tourenportal und kann den Tracks in der wirklich detaillierten, hauseigenen Karte folgen, aber das große Aha-Erlebnis kommt erst mit der Premium-Version* der Allgäuer Anbieter: Sprachnavigation, Offline-Karten, Routing-Funktion, "Toolbox" mit Tacho, Neigungsmesser, Notruf-Modul, Richtungspfeile, Wetter, Gipfelfinder und dank der Kooperation mit dem Alpenverein auch ein Hüttenverzeichnis samt Öffnungszeiten. Sehr beeindruckend finden wir auch die genauen Höhenprofile mit farblich markierten Untergrundangaben. Die Touren stammen von Trail-affinen Usern, von Redakteuren und Fremdenverkehrsämtern. Kleines Manko: Die Offline-Karte ließ sich unterwegs zwar zoomen, aber leider nicht händisch verschieben. Dafür verrät der Tacho, wie weit es noch ist.
PLUS
MINUS
FAZIT Im Prinzip kann Outdooractive alles, was Komoot auch kann. Nur merkt man hier an den vielen nützlichen Details, dass die Macher den Sport mit Herzblut ausüben.
Preis für die Premim-Version: 9,99 Euro.
Info www.outdooractive.com
GPS-Tour.info ist eine Gratis-App mit Riesen-Tourenauswahl und sehr aktiver Community.
Keine andere Touren-Plattform lebt so stark von der Gemeinschaft. Schon bei der Registrierung bekommt man eine Mail mit dem Hinweis, dass man nicht nur Touren nachfahren, sondern auch mal welche reinstellen soll. Zuviel verlangt ist das nicht, immerhin gibt es die App zum Gratis-Download. Das ist sicher auch der Grund für die große Anzahl von Mitgliedern, die das Tourenportal schon seit einigen Jahren füttern. Im Gegensatz zu Komoot weiß man hier, was ein echter Singletrail ist. Gute Touren mit hohem Trailanteil scheinen auf diesem Portal Ehrensache zu sein. Das haben die Macher der Seite wirklich clever gemacht: Jede Tour kommt in ein Ranking. Sie punktet zunächst mit exakten Beschreibungen in Text und Bild und später durch Bewertungen der Community. Minuspunkt: Die Offline-Karte richtet sich nicht in Fahrtrichtung aus.
FAZIT Gute Trail-Touren sind auf dieser Plattform Ehrensache. Auf Schnickschnack wie Sprachnavigation wird verzichtet. Für alle, die es im Wald lieber ruhig haben.
PLUS
MINUS
Info www.gps-tour.info
GPSies war eines der ersten Touren-Portale im Netz. Die App ist relativ neu und kommt ohne Schnickschnack aus.
Die App öffnet sich mit Werbebannern, was aber in etwa so lange dauert, wie wenn ein GPS-Gerät nach Satelliten sucht. Dahinter wartet schließlich eines der größten deutschen Tourenportale – zur Gratis-Nutzung. Die Menüführung ist einfach: Tour auswählen, selbst zum Startpunkt finden und dem lautlosen Track auf der Spur bleiben. Bei der Testfahrt zentrierte sich die Karte leider nicht, man musste mit dem Finger nachziehen. Wer dieses Portal nutzt und gern Singletrails fährt, sollte einigermaßen geschult in Sachen Kartenlesen sein. Viele der Community-Touren sind ohne Text und Bild beschrieben und aus dem wilden Zickzack der Höhenprofil-Linien kann man leider auch nicht viel herauslesen.
Preis Wer allerdings 15 Euro investiert, bekommt Open-Street-Map-Karten als Grundlage und eine werbefreie Oberfläche. Bei einer Einmalzahlung von 50 Euro sogar für immer.
FAZIT Für Einsteiger ist die GPSies-App etwas unmodern und fummelig, die Auswahl an Touren ist dafür riesig. Liebhaber der ersten Stunde bleiben diesem mit Liebe geführten Portal treu.
PLUS
MINUS
Info www.gpsies.com
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