Ludwig Döhl
· 16.03.2020
Das Coronavirus zwingt Europa in eine Schlummerphase. Das öffentliche Leben wird beschränkt, soziale Kontakte sind zu meiden. Wenn alles auf das Nötigste zu reduzieren ist, darf man dann noch biken?
Die stetige Ausbreitung des Coronavirus hat die Bundesregierung zu drastischen Maßnahmen veranlasst. Ab Mittwoch bleiben alle Geschäfte geschlossen, welche nicht für die Grundversorgung der Bevölkerung nötig sind. Kleidungs-Boutiquen, Kneipen aber auch Bikeshops dürfen mit dem jüngsten Beschluss der Regierung vorerst also nicht mehr öffnen. Verschiedenste Verbände der Fahrradwirtschaft haben diese Entscheidung in einem offenen Brief begrüßt, trotz der Einschränkung für den eigenen Wirtschaftszweig.
Offener Brief von Jörg Müsse - BICO Zweirad Marketing GmbH, Franz-Josef Feldkämper - Bundesinnungsverband Zweirad-Handwerk, Wasilis von Rauch - Bundesverband Zukunft Fahrrad e.V.; Thomas Kunz - Verband des Deutschen Zweiradhandels e. V., Albert Herresthal - Verbund Service und Fahrrad e.V., Georg Honkomp - Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft eG, Siegfried Neuberger- Zweirad-Industrie-Verband e.V.:
„Die Verbände der Fahrradwirtschaft unterstützen die gestern angekündigten Maßnahmen von Bund- und Ländern. Oberstes Ziel der nächsten Wochen muss es sein, die Verbreitung des Coronavirus zu bremsen. Wir gehen in der Umsetzung davon aus, dass Fahrradwerkstätten ihre Dienstleistungen weiter anbieten können.
Millionen Menschen werden dem Rat von Gesundheitsminister Spahn folgen und in den nächsten Wochen ihr Fahrrad statt Bus und Bahn nutzen. Das ist genau richtig so! Manche tun es bereits, andere werden ihr Rad aus dem Keller holen und es reparieren müssen. Es wird nicht nur deshalb einen hohen Bedarf in Fahrradwerkstätten geben. Schließlich wird das Fahrrad in den nächsten Wochen, neben dem Auto das wichtigste Verkehrsmittel sein, da es infektionssicher und von jedermann genutzt werden kann.“
Bike-Shops, wie Herobikes aus Roth, stehen vor der Herausforderung, wie man den Werkstatt-Betrieb ohne Kundenkontakt aufrecht erhalten kann.
Wie das konkret aussieht, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Laut dem Tagesspiegel hat der Berliner Senat die Fahrradläden der Hauptstadt vom Öffnungsverbot ausgenommen. Im Online-Artikel heißt es außerdem, dass der Leihbike-Anbieter Nextbike, seine Räder 30 Minuten kostenfrei vermietet, um die Mobilität der Bürger trotz Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr zu gewährleisten. Online-Shops oder Direktversender wie Canyon, Bike-Components oder Bike-Discount können vorerst ohnehin weiter arbeiten. Viele Firmen aus der Branche haben ihre Mitarbeiter so weit es geht ins Homeoffice geschickt. Auch die nächste Ausgabe von BIKE entsteht derzeit im Homeoffice.
In Italien, Spanien, Österreich, Frankreich und weiteren Ländern wurde von den Regierungen eine Ausgangssperre für die komplette Bevölkerung verhängt. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat das als drastischste Maßnahme im Kampf gegen den Coronavirus bezeichnet. Noch ist es in Deutschland nicht so weit. In den Ländern mit Ausgangsperre darf man die eigene Wohnung nur noch in Ausnahmefällen verlassen. Es gibt sicherlich wichtigere Dinge als das eigene Hobby, aber Frankreichs Präsident Macron ließ am 17.3.2020 über seinen Innenminister Christophe Castaner ausdrücklich darauf hinweisen,
dass Sport an der frischen Luft in Frankreich auch während der Ausgangssperre erlaubt ist. Der französische Radsportverband dagegen verbietet Profis derzeit die Ausübung ihres Berufs. Ähnlich sieht es in Italien und Spanien aus. Diese Ländern verdonnern Radfahrer während der Ausgangssperre zu hohen Geldstrafen. So bestätigen es mehrere Quellen. In einem gut recherchierten Artikel auf fitbook.de äußern sich dagegen mehrere Ärzte, dass Sport an der frischen Luft auch während der Corona-Krise in Ordnung sei.
Joggen oder Spazierengehen darf man in Frankreich also auch während der Ausgangsperre. Allerdings nur alleine. Mit dem Radsport bleibt es wohl mehr oder weniger Auslegungssache. Mannschaftssportarten, wie zum Beispiel Fußball, bleiben tabu. Auch krasse Trails sollte man auf jeden Falll vermeiden um das Verletzungsrisikos so gering wie möglich zu halten. Offizielle Radsport-Trainings von Vereinen sollten, auch wenn sie an der frischen Luft stattfinden, dennoch entfallen. Sport im Freien ist also grundsätzlich in Ordnung, solange man den Sport alleine betreibt. Momentan herrscht in Deutschland ohnehin keine Ausgangssperre und Sport kann in einem gesunden Maß ohne Bedenken durchgeführt werden. In einem Interview verrät Apotheker und Ex-MTB-Profi Wolfram Kurschat, worauf man beim Sport während der Corona-Krise achten sollte.
Alle weiteren Entwicklungen rund um das Thema Corona und Mountainbike gibt es hier.