Dan Milner
· 20.03.2022
Das Leben ist zu kurz, um die Zeit mit Gurken-Trails zu verdaddeln. Daher nennen wir Euch hier Trails, die richtig Laune machen. Tippgeber dieses Mal: Bike-Abenteurer Dan Milner.
Ich mach’ Euch nix vor: Diese Abfahrt müsst Ihr Euch verdienen! Sie ist lang, schnell und liegt weit oben im Annapurna-Gebirge. Zuerst müsst Ihr auf den 3950 Meter hohen Lupra-Pass. Keine Angst, Ihr seid ja schon verdammt hoch. Dennoch: Bei der dünnen Luft pumpt die Lunge und das Hirn japst nach Sauerstoff. Es sind nur 250 Höhenmeter nach oben, doch im Himalaya sind kannst du das getrost mal drei nehmen. Dann beginnt die 1000-Höhenmeter-Abfahrt. Es ist ein Wirbelwind aus staubigen Kurven und immer enger eingeschnittenen Kehren, denn oft zirkelt der Trail durch Canyons und Couloirs – umgeben von 7000ern. Irgendwann kommt ihr über eine Hängebrücke in das kleine Bergdorf Lupra, doch selbst hier ist die Abfahrt noch nicht zu Ende. Jetzt führt Euch ein natürlicher Pumptrack hinunter ins trockene Flussbett, wo Euch eine Jeep-Piste zurück nach Jomsom bringt. Ich sage: Abenteuer meets Kultur meets Supertrail.
Launisches Wetter und spärliche Höhenmeter – Englands Attribute locken nur wenige Biker auf die Insel. Dabei kann Biken hier klasse sein. Vorausgesetzt, man hat Lust auf natürliche Trails. Cut Gate ist eine Trail-Schleife im Nationalpark Peak District, nicht weit entfernt von Steve Peats Heimatstadt Sheffield. Hier findest Du ein Sammelsurium aus technischen Anstiegen und Abfahrten, die sich durch die Wiesenhänge winden, einsame Bergkuppen überspringen und in Schleifen mit Berms, Fels-Jumps und Bodenwellen in Täler tauchen. Ich verspreche Euch, da bleiben die Mundwinkel und der Spirit oben, egal, ob es gerade mal wieder regnet oder stürmt.
Hier wohne ich. Hier fühle ich mich wohl, und das ist mein Hinterhof! Der Posettes-Trail ist eine der großartigen Abfahrten in Chamonix. Selbst, wenn der Lift schon zu hat, pedaliere ich die 600 hm hoch. Eine Bergpyramide rahmt den Start ein und erinnert an Mordor. Ähnlich gruselig: die fiesen Steinfelder am Anfang. Doch dann, wie auf vielen Chamonix-Trails, verliert der Pfad seinen Schrecken und wird sanft und flowig, wenn er die Baumgrenze erreicht. Hier oben gibt es dann nur Dich, dein Bike, die Berge und all die Spitzkehren, die Du meistern musst, willst Du Deine Freeride-Ehre wahren. Alles andere ist weit, weit weg – selbst die nahegelegenen DH-Tracks von Les Gets.
Ich liebe Mehrtagesabenteuer, die von Punkt A nach Punkt B führen, und kaum eine schlägt diese 100 Kilometer lange Traverse aus Singletrails im Norden Patagoniens – von den Ausläufern des Lanin-Vulkans in Argentinien nach Pucón in Chile. Der Trail schlängelt sich zwischen qualmenden Vulkanen hindurch und führt durch Lava-Felder, die in den irrsten Farben schillern. Abgesehen von seinen bekannten Start- und Endpunkten ist der Trail einsam und wild. 2017 waren wir die ersten, die hier mit dem Mountainbike entlangfuhren und dort drei Tage lang ein Bike-Abenteuer erleben durften, das all die Mühen wert war.
Die Enduro-Trails, die ich in Bhutan gefunden habe, sind die besten der Welt. Seit über 20 Jahren gehe ich auf Trail-Jagd und habe schon eine Menge Supertrails entdeckt. Doch was ich hier in diesem wenig bekannten Königreich inmitten des Himalajas vorfand, übertrifft alles. Und der Jela-Trail ist die Kirsche auf der Trail-Torte Bhutans. Die Abfahrt vom Jela-Tempel auf 3580 Metern mit seinen bunten Gebetsfahnen beschießt Deine Lustrezeptoren mit Dauerfeuer. Mal rollst Du mit viel Flow auf lehmiger Erde, dann wird’s wieder technisch. Aber nicht auf eine rumpelige, nervige, sondern spaßige Art auf griffigem Fels. Da wird die Linienwahl zur Wonne, und Du kannst gar nicht genug kriegen von diesem spannenden Freeride-Puzzle. Ich sage: Das muss eine der besten Abfahrten sein, die Du auf unserer Welt finden kannst. Wermutstropfen: leider nicht gerade ums Eck.