Corona-AnsteckungWie viel Abstand beim Biken nötig?

Kristian Bauer

, Max Fuchs

 · 15.04.2020

Corona-Ansteckung: Wie viel Abstand beim Biken nötig?Foto: Dennis Stratmann
Corona-Ansteckung: Wie viel Abstand beim Biken nötig?

Ein belgischer Professor fordert nach einer Studie über Mikrotröpfchen in der Luft 20 Meter Abstand zum vorausfahrenden Radfahrer, um eine Corona-Ansteckung zu vermeiden. Doch stimmt das wirklich?

Über die Entstehung des Coronavirus' gibt es die wildesten Verschwörungstheorien und Fake-News. Die Zeit der Unwissenheit lässt Freiraum für Wahnwitz, der die Menschen verunsichert. Jüngst sorgte die Studie eines belgischen Professors für Aufregung unter Fahrradfahrern und Läufern. Bert Blocken, Aerodynamik-Experte der University of Technology Eindhoven und der belgischen KU Leuven, untersuchte den Weg von Mikrotröpfchen beim Laufen und Radfahren in der Luft. Er fand heraus, dass die Tröpfchen je nach Geschwindigkeit fortgetragen werden und folgerte, dass eine Ansteckungsgefahr mit dem Coroanvirus Sars-CoV-2 beim schnellen Radfahren auch noch zehn Meter hinter einem vorausfahrenden Rennradfahrer oder Mountainbiker gegeben sei. Daher rät Blocken sogar zu 20 Metern Sicherheitsabstand und dazu, das Windschattenfahren zu vermeiden. Das sagte er beispielsweise dem Deutschlandfunk in einem Interview und viele andere Medien übernahmen die Aussagen.

  Solo-Touren abseits der bekannten Pfade: So sieht Mountainbiken vielerorts in Corona-Zeiten aus.Foto: Hoshi Yoshida
Solo-Touren abseits der bekannten Pfade: So sieht Mountainbiken vielerorts in Corona-Zeiten aus.

Wirklich 20 Meter Abstand zum Vorausfahrenden?

Verschiedene Virologen haben Blockens Aussagen nun kritisiert. Die Bedingungen an der frischen Luft würden eine Übertragung erschweren, so die Fachleute. Außerdem steht nicht fest, ob und wie häufig das Coronavirus über die Luft, also über kleinste Tröpfchenkerne, übertragen wird. Der häufigste Übertragungsweg ist nach jetzigem Stand immer noch die Tröpfcheninfektion. Gegenüber dem TOUR-Magazin äußerte sich Prof. Hartmut Hengel von der Gesellschaft für Virologie (GfV) so:

„Aus virologischer Sicht muss man darauf hinweisen, dass wir aktuell nicht wissen, ob und wie häufig COVID-19 über die Luft – also über kleinste Tröpfchenkerne, genannt Aerosole, die vom Infizierten aus- und einem anderen eingeatmet werden – übertragen wird. Hinzu kommt: Im Freien – also beim Laufen, Joggen, Fahrradfahren an der frischen Luft – herrschen Bedingungen, die eine Übertragung eher erschweren: Die (ausgehustete oder ggf. ausgeatmete) Viruslast wird in der Luft rasch verdünnt und es herrscht meist ein gewisser Wind, wodurch die winzigen infektiöse Partikel rasch verweht werden. Insofern halten wir das Risiko beim Joggen, Fahrrad fahren, Überholen mit dem Fahrrad für überschaubar, sofern die aktuell empfohlenen sozialen Distanzregeln – also Abstand von mindestens 1,5 bis 2 Metern zu anderen halten und kein Sport in Gruppen - eingehalten werden."

Fazit: Das Radfahren in Gruppen ist weiterhin zu vermeiden bzw. durch die bundesweiten Beschränkungen sowieso untersagt. Belege für eine hohe Ansteckungsgefahr beim Überholen oder Windschattenfahren (mit 1,5 Meter Abstand) gibt es hingegen nicht.