Tobias Brehler
· 13.07.2016
Exklusives Spielzeug oder sinnvolle Ergänzung zur Hobby-Fotoausrüstung? Wir haben ausprobiert, was man mit einer Drohne beim Mountainbiken anstellen kann. Ein abgehobener Praxistest eines Anfängers…
Narzissmus Dreipunktnull. Nach reißerischen Erzählungen und Action-Kameras nun die neueste Form der Selbstdarstellung: Die eigenen Abenteuer mit einer Drohne filmen. Anstelle von anerkennenden Worten beim Stammtisch sind Likes auf Facebook, Instagram und Co. zum absoluten Booster für das eigene Ego geworden.
Dabei steht eine Frage im Mittelpunkt: Eignen sich die Drohnen auch für Aufnahmen beim Mountainbiken? Denn autonom fliegende Drohnen, die dem Biker eigenständig folgen und gleichzeitig Bäumen ausweichen, befinden sich derzeit noch in der Entwicklungsphase.
Um auf diese Frage eine Lösung zu finden, haben wir die Yuneec Typhoon Q500 4K über einen längeren Zeitraum getestet. Diese Drohne eignet sich aufgrund ihres Lieferumfangs besonders für Einsteiger. Denn neben der Drohne selbst sind zwei Akkus, eine Fernbedienung, eine 4K-Kamera und viel Zubehör dabei. Der Typhoon kommt sozusagen für 1100 Euro "ready to fly". Der Aufbau gestaltet sich einfach: Propeller aufschrauben, Akku reinstecken und Kamera anschließen. Letztere hängt an einem elektrischen Drei-Achsen-Gimbal, der für ein wackelfreies Bild sorgt.
Auch das Fliegen gestaltet sich einfach und anfängerfreundlich. So kann der Pilot zwischen drei Modi wählen: Smart, Home und Angle. Im Smart-Modus fliegt die Drohne im Verhältnis zum Standpunkt des Piloten, egal ob dieser von vorne oder hinten auf die Drohne blickt. Zudem kann man auf "Follow me" schalten, damit der Typhoon der Fernbedienung folgt. Oder gleich in den "Watch me"-Modus, dann wird zusätzlich die Kamera auf die Fernbedienung gerichtet. Im Angle-Modus steuert man den Typhoon aus der Perspektive der Drohne, also spiegelverkehrt, wenn sie auf den Piloten zu fliegt. Der Home-Modus ist selbst erklärend: Die Drohne kommt eigenständig zum Piloten zurück und landet neben ihm. Diese Befehle werden über die mitgelieferte Fernbedienung eingegeben, die sich sehr intuitiv bedienen lässt. Zusätzlich zu den Reglern für Höhe, Richtung und Geschwindigkeit befindet sich ein großes Display auf der Fernbedienung. Dank Live-Übertragung kann man die Drohne im "First-Person-View" steuern oder überprüfen, ob der Bildausschnitt richtig gewählt ist. Diesen kann der Pilot über den Kamerawinkel anpassen. Ist er gefunden, kann wahlweise fotografiert oder die Aufnahme gestartet werden.
Damit wären wir schon beim ersten Kritikpunkt: Entweder man filmt in 4K-Auflösung – was den Speicher schnell füllt – und hat dafür schärfere Bilder oder man filmt "nur" in Full HD und verkraftet teils unscharfe Bilder. Wir empfehlen ersteres, denn komprimiert sind die Daten schnell. So hat man die Chance auf atemberaubende Landschaftsbilder, die jedoch im Detail nicht mit optimaler Schärfe überzeugen können. Gerade bei schwierigen Lichtverhältnissen schaffte es die Kamera nicht, uns vollständig zu überzeugen. Dafür begeistert gerade bei Action-Sportarten die Slow-Motion-Funktion mit 120 Bildern pro Sekunde in Full HD. Um den Einsatzbereich der Kamera zu vergrößern, kann sie auch an das mitgelierte Handstativ angebracht werden.
Beim ersten Start fällt sofort die einfache und intuitive Bedienung positiv auf: Selbst als blutiger Anfänger werden Flüge und Aufnahmen zum Kinderspiel, wenn man man die Reaktionsgeschwindigkeit des Multikopter drosselt. Auch bei Wind sind relativ wackelfreie Aufnahmen möglich, da die Typhoon-Drohne sehr ruhig in der Luft steht. Geübte Piloten erfreuen sich an der zügigen Geschwindigkeit: fast 30 Kilometer pro Stunde fliegt die Yuneec-Drohne. Auch die maximale Flughöhe von 120 Metern reicht völlig aus. Hier wird schnell klar: Yuneec liefert mit dem Typhoon eine extrem anwenderfreundliche Drohne.
Bei einer Länge von über 40 Zentimetern und einem Gewicht von 1,7 Kilogramm wird schnell klar, dass es sich bei dem getesteten Drohnenmodell nicht um Spielzeug handelt, das man derzeit bei allen großen Elektronik-Riesen für kleines Geld kaufen kann. Doch genau hier liegt das Problem: Für Drohnen und Multikopter gilt in Deutschland Versicherungspflicht! Eine gesetzliche Haftpflichtversicherung schützt im Ernstfall den Piloten vor horrenden Kosten, denn gerade Personenschäden sind oft mit immensen Kosten verbunden. Eine solche Drohnenversicherung kostet jährlich zwischen 50 und 150 Euro und muss somit bei der Kostenkalkulation berücksichtigt werden. Was man sonst noch an Vorschriften und Genehmigungen beachten muss, findet man hier zusammengefasst.
Zurück zur Ausgangsfrage: Eignet sich die Drohne für Mountainbiker? Die Antwort ist ein klares Jein. Denn gerade im Wald, dem natürlichen Lebensraum des freilebenden Bikers, konnte uns die Drohne nicht überzeugen. Zu schwer ist die Koordination von Fliegen und Filmen, da gerade bei höheren Geschwindigkeiten die Abstände zwischen den Bäumen immer enger werden. So blieb auch unser Testmodell von einem ungeplanten Baumkontakt nicht verschont. Doch die gute Nachricht: Obwohl die Drohne massiv in einen Baum einkraterte, hielt sich der finanzielle Schaden stark in Grenzen. Für wenige Euro mussten wir nur zwei Propeller austauschen. Der Wald fällt als Einsatzgebiet aus. Dafür begeisterte uns die einfache Handhabung auf freien Flächen, wo filmen und fotografieren ohne Weiteres möglich ist. Zusätzlich unterstützt die Drohne dabei mit ihren Assistenzprogrammen: Der "Watch Me"-Modus zeigt sich deutlich interessanter als die "Follow Me"-Funktion, schließlich soll die Kamera auf den Biker gerichtet sein. Doch hierbei gilt es, besondere Vorsicht walten zu lassen: Das Flugobjekt weicht weder Hindernissen aus, noch erkennt es einen möglichen Höhenunterschied. Fährt der Mountainbiker beispielsweise bergauf, muss die Flughöhe manuell angepasst werden, damit die Drohne nicht in den Hang einschlägt. Dafür bietet das Programm starke Unterstützung bei der Kameraausrichtung, der Pilot kann sich also allein auf das Ausweichen von Hindernissen konzentrieren. Ebenso gestaltet sich die Reaktionsphase der Drohne schwierig, da der Biker bei schnellen Richtungswechseln immer wieder das Bild verlässt. Somit dient die Drohne beim Mountainbiken eher für epische Landschaftsaufnahmen als geballte Actionsequenzen.
Yuneec liefert mit dem Typhoon Q500 4k eine anwenderfreundliche Drohne, mit der beeindruckende Aufnahmen möglich sind. Zum Mountainbiken eignet sie sich leider nur begrenzt, da die Drohne keine Hindernisse erkennt und so einen wachsamen und erfahrenen Piloten benötigt.
Deutscher Vertrieb: www.cosmicsports.de