British Columbia MTB-Travel-GuideAlles, was du über das Holy Land of Freeriding wissen musst

Laurin Lehner

 · 03.05.2024

Gypsy-Life: Fotograf Moritz Ablinger nach dem obligatorischen Sprung in den See nach dem Ride. Moritz Outdoor-Ratschlag: „Besorgt euch Mückenspray vor Ort, europäische Produkte haben hier kaum Wirkung.“
Foto: Peter Kaiser
Seit Anfang der 2000er Jahre werden wir europäischen Freerider mit Bildern aus British Columbia konfrontiert. Ob in Filmen, Fotos oder Magazinen, der Spot ist allgegenwärtig. Wer B.C. noch auf seiner To-Do-Liste hat, sollte weiterlesen, denn wir haben alle Geheimtipps & Hacks für euch zusammengetragen.

Hier sind die Wurzeln des Freeridens, hier hat alles angefangen: Die Freeride-Pioniere Wade Simmons, Brett Tippie und Richie Schley carvten Ende der 90er-Jahre Schotterhalden in British Columbia hinunter und erfanden nebenbei die neue Bike-Disziplin Freeriding. Epizentrum: die Gegend rund um den vielleicht bekanntesten Bikepark der Welt – Whistler. Die Bikepark-Betreiber im berühmten Skigebiet haben schnell erkannt, was Gravity-Mountain­biker wollen. So sehr sich europäische Bikeparks auch bemühten, die magische Mischung aus Nervenkitzel, Risiko und Flow konnten sie bisher nicht kopieren. Bis weit in die 2000er-­Jahre galt Europa als Freeride-Brachland, und uns Euro-Freeridern blieb nichts anderes übrig, als neidisch über den großen Teich zu schielen und von Eindrücken aus Filmen wie Kranked, New World Disorder oder Seasons zu träumen. Inzwischen gibt es auch in Europa Freeride-Spots, die das Spaßbarometer ähnlich in die Höhe schnellen lassen wie in British Columbia. Viele europäische B.C.-Fans behaupten dennoch: Wer einmal in Whistler war, will hierzulande nicht mehr fahren. Nach dem Motto: Geh gar nicht erst hin, danach hast du hier keinen Spaß mehr. Wer trotzdem mal hinfahren und sich selbst ein Bild machen will, findet hier alle Antworten auf seine Fragen. Und das nicht nur zum Bikepark in Whistler.

Peter Kaiser schaukelt sein Trek Session über Dirt-Sprünge auf Vancouver Island. Mit der App Trailforks findet man die besten B.C.-Trails.Foto: Moritz AblingerPeter Kaiser schaukelt sein Trek Session über Dirt-Sprünge auf Vancouver Island. Mit der App Trailforks findet man die besten B.C.-Trails.

Infos: British Columbia

Die Provinz an der Westküste Kanadas erstreckt sich über 7000 Küstenkilometer. In der Provinz wohnen rund 5 Millionen Menschen (und genau so viele Schwarzbären) und damit rund 15 Prozent aller Kanadier. Im Nordwesten grenzt British Columbia an den US-Bundesstaat Alaska, im Osten an die Provinz Alberta. Die Zeitverschiebung beträgt minus sieben Stunden.

Überblick der wichtigsten Bike-Destinationen in British Columbia, Kanada.Foto: RupadesignÜberblick der wichtigsten Bike-Destinationen in British Columbia, Kanada.

Reisezeit

Mai bis Oktober gilt als Reisezeit für British Columbia. Wir empfehlen Juni, Anfang Juli oder ab Ende August, denn dann sind die Trails im Bikepark Whistler meist gut in Schuss. Außerdem vermeidet man den Trubel während des Crankworx-Festivals. Der Herbst – oder Indian Summer, wie die Amerikaner sagen – kann in British Columbia besonders sonnig sein.

Dopamin-Lieferant: Die Sprünge in Whistler und im Coast Gravity Park (Foto) sind spektakulär ohne wirklich gefährlich zu sein. Ein Bigbike garantiert die extra Portion Sicherheit, ein potenter Freerider tut es aber auch.Foto: Moritz AblingerDopamin-Lieferant: Die Sprünge in Whistler und im Coast Gravity Park (Foto) sind spektakulär ohne wirklich gefährlich zu sein. Ein Bigbike garantiert die extra Portion Sicherheit, ein potenter Freerider tut es aber auch.

Die Anreise

Die Flugpreise nach Vancouver sind in den letzten Jahren gestiegen. Wie immer gilt: Je früher man bucht, desto günstiger. Direktflüge ab Frankfurt gibt es ab 750 Euro (ohne Bike-Mitnahme). Flugdauer: ca. zehn Stunden. Profi-Bikerin Kathi Kuypers rät: „Bei Flügen mit Zwischenstopps steigt die Gefahr, dass die Bikebag samt Bike verloren geht. Das ist mir schon oft passiert“, sagt Kathi. Bei Lufthansa kostet die Mitnahme des Fahrrads derzeit stolze 250 Euro pro Strecke! Bei British Airways ist es zwar günstiger (80 € pro Strecke), aber 23 Kilo mit Bike und Bikebag reichen nicht aus. (Gepäck unbedingt online anmelden). Alternativ kann man auch nach Seattle (USA) fliegen, die Flüge (u. a. mit American Airlines) sind etwas günstiger, auch der Fahrradtransport und die Mietwagenpreise sind hier niedriger. In drei Autostunden ist man über die Grenze in Vancouver. Der Grenzübertritt kann etwas dauern, ist aber in der Regel unkompliziert.

Für Sportgepäck kassieren Fluggesellschaften richtig ab. Daher raten wir zu nur einem Bike statt zu zwei, wie Peter Kaiser. Im Idealfall ein solider Freerider, der sich souverän treten lässt.Foto: Moritz AblingerFür Sportgepäck kassieren Fluggesellschaften richtig ab. Daher raten wir zu nur einem Bike statt zu zwei, wie Peter Kaiser. Im Idealfall ein solider Freerider, der sich souverän treten lässt.

Unterkunft

Die Unterkunft in Whistler ist vor allem in der Saison sehr teuer. Hier zahlt man Schweizer Preise, auch im Restaurant oder im Bike-Shop. Die Übernachtungspreise in Squamish, Pemberton, Kamloops oder Vancouver Island sind in der Regel günstiger (Airbnb). Wer einen Bike-Trip plant, kommt um einen Mietwagen nicht herum. Achtet dabei auf ausreichend Platz, Finger weg von Pick-ups, hier werden die Bikes im Handumdrehen von der Ladefläche geklaut. Wer Geld sparen will, dafür aber bereit ist, Abstriche beim Komfort zu machen, greift zu Trick 17. So wie Peter Kaiser und Fotograf Moritz Ablinger. Sie haben einen Umzugsbus der Firma U-Haul gemietet. Vorteil: Es ist genug Platz für Gepäck, Fahrrad und Isomatte, und der Preis ist mehr als halb so hoch wie für einen Mietwagen ähnlicher Größe. Nachteil: Man muss einen kanadischen Wohnsitz vorweisen, um diese U-Haul-Fahrzeuge auch außerhalb der Öffnungszeiten abholen zu können. Peter Kaiser: „Am besten online, Hotel- oder Airbnb- Adresse und eine kanadische Telefonnummer angeben. Wichtig: internationaler Führerschein. Unbedingt rechtzeitig beantragen. Kosten: 16 Euro. Der Aufwand lohnt sich. Auf sogenannten RV-Camping-Spots wie z. B. in Squamish, Kam­loops etc. kann man für ca. 35 Dollar übernachten und hat Zugang zu Kochnische, Toiletten und Duschen. Der Kauf und Verkauf von Autos lohnt sich erst nach mehreren Monaten (hier gibt es spezielle FB-Gruppen). Die Auto-Anmeldung des funktioniert sehr einfach online und unbürokratisch. Gut zu wissen: Das Abstellen des Autos in Whistler zum Übernachten ist verboten und wird kontrolliert; es drohen saftige Strafen.

Mietwagen? Nee, Peter Kaiser tourt im Umzugs-Van durch British Columbia. „Viel günstiger“, weiß Peter nach vielen Trips durchs Holy-Land des Freerdings.Foto: Moritz AblingerMietwagen? Nee, Peter Kaiser tourt im Umzugs-Van durch British Columbia. „Viel günstiger“, weiß Peter nach vielen Trips durchs Holy-Land des Freerdings.

Reiseroute

Bei der Planung eurer Reiseroute solltet ihr einen Blick auf die Karte werfen und eine Liste der Orte erstellen, die ihr besuchen wollt, damit ihr nicht unnötig viel Zeit hinter dem Steuer verbringt. Ihr solltet nicht weniger als zehn Tage für euren B.C.-Trip einplanen.

Eine mögliche Route könnte so aussehen:
Zuerst Vancouver Island, die Fähre ist nur 15 Minuten vom Flughafen entfernt. Hier gibt es ein abwechslungsreiches Trail-Netz für alle Könnerstufen. Dann weiter zur Sunshine Coast, hier wartet der Coast Gravity Park mit zahlreichen Trails für alle Könnerstufen, nicht nur für Cracks. Hier gibt es keinen Lift, aber Shut­tlebusse. Empfohlene Aufenthaltsdauer für die ersten beiden Stopps: vier Tage. Nächster Stopp: Squamish. Hier ist Enduro-Country. Die Trails muss man sich selbst erstrampeln. „The Place to be for Enduro Riders“, sagt Peter Kaiser. Optional gibt es Shuttle-Rides. Empfohlene Aufenthaltsdauer: zwei Tage. 45 Autominuten weiter liegt der Bikepark Whistler. Hier sollte man mindestens drei Tage bleiben. Der Park hat Kultstatus mit vielen Jump-Trails aber auch Epic Rides wie „Top of the World“ – leider sehr überlaufen und teuer. 30 Autominuten weiter liegt Pemberton – kein Muss, aber auf jeden Fall einen Besuch wert. Hier lohnt es sich, einen Local Guide zu engagieren. Auch hier gibt es keinen Lift, sondern ein Trailnetz mit vielen spaßigen Enduro- und Singletrailstrecken. Weiter geht’s nach Kamloops. Ein Leckerbissen vor allem für Stunt-Cracks. Hier ändert sich das Klima, und es ist sehr trocken. Die Stunts haben es in sich, und viele Spots kennt man aus Filmen und von Fotos. Oberhalb der Bike-Ranch gibt es aber auch epische Singletrails für Anfänger und Fortgeschrittene. Auch hier gibt es keinen Lift. Ambitionierte Freerider sollten mindestens zwei Tage investieren, um sich die Stunts zu erarbeiten. Von hier aus sind die Bikeparks Silverstar und Sunpeaks in ein bis zwei Autostunden zu erreichen. Beide Parks sind einen Besuch wert und bieten neben alpinem Terrain auch Jump-Strecken, Enduro-Trails und Freeride-Strecken.

Geheim-Tipp: Die Autos der Umzugsfirma U-Haul.Foto: Moritz AblingerGeheim-Tipp: Die Autos der Umzugsfirma U-Haul.

Welches Bike?

Bei der Wahl des Bikes waren sich alle Tippgeber einig: Hier will man ein solides Bike, das sich auch treten lässt. Im Idealfall also ein Freerider oder ein robustes und potentes Enduro (mit Abfahrts-Reifen). Mit einem BigBike ist man abseits der Bikeparks Whistler, Sunpeaks oder Silverstar auf Shuttlebusse angewiesen.

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Tipp-Geberin Kathi Kuypers aus Rosenheim kennt die meisten Spots. „Neben der Bikerei gibt’s hier auch Freeride-Geschichte zu bestaunen, z. B. den Jah-Drop, den man vom Highway Richtung Squamish sehen kann. Oder Spots in Kamloops.Foto: Moritz AblingerTipp-Geberin Kathi Kuypers aus Rosenheim kennt die meisten Spots. „Neben der Bikerei gibt’s hier auch Freeride-Geschichte zu bestaunen, z. B. den Jah-Drop, den man vom Highway Richtung Squamish sehen kann. Oder Spots in Kamloops.

Richtig sparen

Nehmt gängige Verschleißteile mit: Reifen, Bremsbeläge, Schläuche, Schalt-Auge, -Züge etc. Insbesondere in Whistler kosten Reifen und Co. ein Mehrfaches der Preise bei uns in Europa. Essen gehen ist teuer, kochen im Apartment oder per Campingkocher günstiger. Wer mehr als zwei Tage im Park verbringt, sollte unbedingt die Liftkartenangebote checken, ab fünf Tagen gibt es spezielle Seasonpass-Angebote, mit denen du Geld sparen kannst. Wer das Liftticket am Schalter kauft, zahlt mehr. Daher besser online.

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Spar-Tipp für längere Aufenthalte: Gaskocher einpacken, Pasta und Pesto kaufen – selbst kochen.Foto: Moritz AblingerSpar-Tipp für längere Aufenthalte: Gaskocher einpacken, Pasta und Pesto kaufen – selbst kochen.

Falsch sparen

Ja, der Daypass im Bikepark ist mit rund 80 Kanadischen Dollar (55 €) teuer, doch sein Geld tatsächlich Wert. Wer nach British Columbia reist und den Bikepark in Whistler auslässt, wird das bereuen. Daher raten wir zu mindestens zwei Tagen im Bikepark. Von B.C.-Trips unter sieben Tagen können wir und unsere Experten nur abraten. Übrigens: Eine Auslandskrankenversicherung ist Pflicht! Lest euch das Klein­gedruckte eurer Versicherung gut durch und stellt sicher, dass sie die wichtigsten Leistungen beinhalten. Alleine eine Röntgenaufnahme kann mehrere Tausend Kanadische Dollar kosten.

Whistler-Mania: Wer in B.C. war, der muss dort gewesen sein. Unsere Favoriten-Abfahrt im Bikepark: Freightrain to Dirt Merchant to lower A-Line.Foto: Moritz AblingerWhistler-Mania: Wer in B.C. war, der muss dort gewesen sein. Unsere Favoriten-Abfahrt im Bikepark: Freightrain to Dirt Merchant to lower A-Line.

Landesinnere

Nelson, Retallack, Kelowna, Revelstoke. Diese Namen sind vielen Freeridern ein Begriff. Für alle, die die Spots an der Sunshine Coast, Vancouver Island etc. bereits kennen, ist eine Fahrt ins Landesinnere eine Option.

Ratschläge von den Bike-Profis und B.C.-Kennern

Vancouver-Island – was war die Frage? Hier gibt es die besten Trails, die ich je gefahren bin. Es lohnt sich auf Entdeckungs-Tour zu gehen und versteckte Trails aufzuspüren. Die Trails sind feucht und loamy. Whistler ist cool aber viel zu überlaufen.– Brage Vestavik, Brutalo-Freerider
Brage Vestavik, Brutalo-Freerider.Foto: Red BullBrage Vestavik, Brutalo-Freerider.
Ich war schon acht Mal da. Im September hat es mir am besten gefallen. Plant einen Roadtrip, drei Tage Whistler reichen aus. Die Seen drumherum sind Wahnsinn. Geheimtipp: Hippie Lake. In Whistler zahlt man Schweizer Preise, auch bei Bikeparts. Nehmt genug Ersatzteile mit. Übrigens: Wer im Lift den Bügel runter klappt, outet sich als Jerry. – Kathi Kuypers, Profi-Bikerin
Kathi Kuypers fliegt nahezu jedes Jahr nach B.C. und kennt die Hacks.Foto: Veranstalter / KohligrafieKathi Kuypers fliegt nahezu jedes Jahr nach B.C. und kennt die Hacks.
Vancouver Island ist the `Place to be` – doch du brauchst Zeit. Die Trailforks-App ist dein Freund. Quatscht mit den Locals, sie zeigen euch versteckte Trailperlen. Wer sparen will, nimmt einen Gaskocher mit und isst Pasta mit roter Soße. – Peter Kaiser, Freeride-Profi
Der Innsbrucker Peter Kaiser.Foto: Moritz AblingerDer Innsbrucker Peter Kaiser.
Der Park in Whistler ist ein Eye-Opener. Ja, er ist teuer und ja, er ist überlaufen, besonders während des Crankworx-Festivals. Doch die Parkabfahrten sind Benchmark und machen dich tatsächlich zu einem besseren Freerider. Mir ging es damals ganz genauso. Ich erlebte einen wahren Skill-Boost. – Andi Wittmann, Ex-Profi-Biker
Andi Wittmann, Ex-Profi-BikerFoto: Markus GreberAndi Wittmann, Ex-Profi-Biker
Meine Tipps 1. Geht vor der Crankworx-Woche im Juli, dann erwarten euch Strecken in einem 1A-Zustand. 2. Nehmt ein Enduro-Bike mit. 3.) Fahrt nicht nur die Trails im Park, sondern auch die drumherum. 4.) Quatscht mit den Locals, die sind super offen und zeigen euch versteckte Trails. – Korbi Engstler, Web-Shredder
Korbi Engstler, Web-ShredderFoto: Janik SteinerKorbi Engstler, Web-Shredder
Wer noch nie in Whistler war, muss unbedingt hin. Wer schon dort war, sollte lieber andere Spots erkunden, die weniger überlaufen sind. Ich habe zwei Monate in Squamish verbracht, ohne einen Trail zweimal fahren zu müssen. Enduristen finden hier unzählige spaßige Trails. Ein Must. – Profi-Bikerin Steffi Marth
Profi-Bikerin Steffi MarthFoto: Steffi MarthProfi-Bikerin Steffi Marth

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