Top Trail KlassikerGornergrat Supertrail

Daniel Klawczynski

 · 13.12.2017

Top Trail Klassiker: Gornergrat SupertrailFoto: Daniel Klawczynski
Top Trail Klassiker: Gornergrat Supertrail

41 Viertausender türmen sich im Kanton Wallis. der berühmteste: Klar, das Matterhorn. Und direkt gegenber wartet der Top-Trail-Klassiker: der Gornergrat-Trail.

Ich gehöre zu den Menschen, die nicht jeden Morgen mit Alpenblick erwachen. Deshalb ist für mich und meine Freunde allein schon die Autofahrt durch den Schweizer Kanton Wallis ein Erlebnis. Gigantische Felswände und weiße Gipfelzacken so weit das Auge reicht. Aber das hatte mir ein anderer Kumpel, der letztes Jahr hier war, bereits mit auf den Weg gegeben: "Ab der Schweizer Grenze wird dir der Nacken schmerzen und deine rechte Hand." Der Nacken, weil man ständig ungläubig zu den Gipfeln und gleißenden Gletschern hinaufschaut. Und die Hand, weil man damit unentwegt Geldscheine auf den Tisch blättert. 57 Schweizer Franken, also 52 Euro pro Person mit Bike für eine halbe Stunde Fahrt in der Gornergratbahn! Bei uns zu Hause in Polen kann man sich dafür ein Wochenende lang ein Ferienhaus mieten. Aber es hilft ja nichts, denn der Gornergrat-Trail gehört nun mal zu den Alpen-Klassikern, die man als Mountainbiker mal erlebt haben will und aus eigener Kraft ist der Anstieg plus Abfahrt und 200 Höhenmeter Gegenanstieg an einem Tag leider nicht zu schaffen. Jedenfalls nicht für uns – und dabei sind wir konditionell recht gut vorbereitet.

  Einfach Bremsen auf und rollen lassen – der Wiesen-Trail bietet reichlich Flow. Trotzdem hält man immer wieder inne, um das Panorama mit Matterhorn, Dufourspitze und Monte Rosa gebührend inhalieren zu können.Foto: Daniel Klawczynski
Einfach Bremsen auf und rollen lassen – der Wiesen-Trail bietet reichlich Flow. Trotzdem hält man immer wieder inne, um das Panorama mit Matterhorn, Dufourspitze und Monte Rosa gebührend inhalieren zu können.

Ich spüre nur noch ein leichtes Zucken in der Hand, als wir frühmorgens auf 3089 Meter Höhe aus der Zahnradbahn aussteigen. Fast schon auf Augenhöhe mit Matterhorn, Monte Rosa, Dufourspitze und all den anderen überzuckerten und vereisten Gipfel­giganten entspannt sich nun auch der Nacken. Wir haben die Aussichtsplattform fast noch für uns allein, die Touristenströme kommen erst später. Also los, damit wir auch auf dem Trail so lang wie möglich freie Bahn haben. Anfangs folgen wir einer kaum erkennbaren Spur durch eine Art Mondoberfläche. Aber das sandige Gestein ist griffig und es dauert auch nicht lange, bis eine echte Spur zu erkennen ist. Felszähne ragen aus dem festgetretenen Sand. Manchmal öffnet sich der Pfad zum Weg, zieht sich in der nächsten Almwiese aber wieder zusammen und schneidet Steilhänge. Die Aussicht ist dabei gran­dios. Man steuert direkt auf ein Gletscherpanorama zu, bis der Pfad wieder einen Haken in die nächste Bergflanke schlägt. Erste echte Verschnaufstation ist der Riffelsee, in dessen Wasser sich das Matterhorn spiegelt – also, normalerweise, wenn sich keine Wolken dazwischenschieben. Trotzdem machen wir hier kurz Pause und genießen Stille und Panorama. Ein paar Murmeltiere hoppeln über den Hang.

  Sobald der Trail in den Wald eintaucht, geht's dem Ende zu. Doch da der Pfad immer wieder ein paar Meter hochklettert, stehen am Ende der Fahrt drei Stunden auf der Uhr.Foto: Daniel Klawczynski
Sobald der Trail in den Wald eintaucht, geht's dem Ende zu. Doch da der Pfad immer wieder ein paar Meter hochklettert, stehen am Ende der Fahrt drei Stunden auf der Uhr.

Von nun an geht es überraschend verblockt, stufig und auch mal ausgesetzt zur Sache. Bis nach Furi hinunter ist höchste Konzentration gefordert. Zumal uns nun auch die ersten Wanderer entgegenkommen. Erstaunlich, dass solch ein hochfrequentierter Trail für Biker noch nicht gesperrt wurde. Sobald der Trail um die ersten Lärchen herumfädelt, übernimmt wieder Flow die Regie. Im unendlichen Zickzack nutzt der samtweiche Waldboden-Pfad die Bergflanken aus. Dabei muss man ihm auch immer wieder ein paar Höhenmeter bergauf folgen. Aber mit Schwung sind sie kein wirkliches Hindernis. Nach drei Stunden abwechslungsreicher Trail-Abfahrt und diesen gigantischen Panorama-Bildern im Kopf rollen wir schließlich wieder durch die Fußgängerzone von Zermatt. Mal sehen, was die rechte Hand sagt, wenn wir uns hier ein Afterride-Bierchen leisten.


Gornergrat-Bahn: Die Zahnradbahn wurde im Jahr 1898 gebaut und ist bis heute nach der Jungfrau-Bahn die zweithöchste Bergbahn Europas. Biker nutzen am besten die erste Auffahrt um 7 Uhr oder die letzte gegen 18:30 Uhr, weil dann am wenigsten Wanderer auf dem Trail unterwegs sind. Info: www.gornergratbahn.ch

  Gornergrat SupertrailFoto: Infochart
Gornergrat Supertrail


Daniel Klawczynski: Der polnische Bike-Fotograf treibt sich sonst am liebsten in versteckten Trail-Revieren, wie im Ural oder dem Velebit-Gebirge in Kroatien herum. Aber der 19 Kilometer lange Gornergrat-Trail stand schon so lang auf seiner Liste – und er hat die Investition nicht bereut.

  Daniel Klawczynski, BIKE-FotografFoto: Daniel Klawczynski
Daniel Klawczynski, BIKE-Fotograf


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