Revier der Rampen – Ein verschmitztes Lächeln konnte sich Gottfried Gruber, Mitglied im Club der Granitbiker, auf den beiden Touren, die hier präsentiert werden und die er geführt hat, nie verkneifen. Was da wohl in seinem Kopf vorging? Vielleicht so etwas: „Wie, Du warst grad im Salzkammergut? Und glaubst, Du bist gut vorbereitet? Weichei! Leide! Hier bei uns im Mühlviertel, da hängt der Hammer in Oberösterreich!“
Solche Ideen kommen Dir unweigerlich, wenn Du mit letzter Kraft die Rampen erklommen hast, mit Blick auf Waden, die hier über die Jahre zu brauchbaren Kletterhilfen geformt wurden. Aber Schluss mit spekulativem Gedankenlesen. Gesagt hat’s der Gottfried nämlich diplomatisch. Es sei normal, dass Biker das Granitland unterschätzen, zum Beispiel auch beim Granitmarathon, wo selbst Marathon-Asse den Rampen aus Granit gehörigen Respekt zollten. Und dass Gottfrieds Mundwinkel, wenn er auf dem Bike sitzt, nach oben zeigen, kommt wohl daher, dass er unheimlich viel Lust drauf hat, zu Hause zu biken. Man merkt ihm an, dass er auch ein bisschen stolz auf seine Heimat ist. Der Stolz sei ihm gegönnt, denn das Netz an ausgeschilderten Touren, das die Granitbiker in den letzten Jahren auf die Beine gestellt haben, kann sich sehen lassen.
Mit Donau auf der einen und Böhmerwald auf der anderen Seite, bietet das Revier auch ohne hohe Berge spannende Landschaftswechsel. Vielfalt versprechen aber vor allem die Wege: Güterweg, Feldweg, Waldweg, Trail – der stete Wechsel hält Biker auf Trab. Kaum einen Kilometer rollt man auf dem gleichen Terrain dahin. Und zwischendurch baut sich immer mal wieder so eine Rampe auf. Nach der Steilsten von allen lässt Gottfried raus, dass man auch die Straße außen rum hätte nehmen können. „Suuper!“ Aber für einen echten Granitbiker wäre das natürlich überhaupt keine Option. Oder, Gottfried?
Das Revier
Das Mühlviertel liegt im Norden Oberösterreichs und wird begrenzt von der Donau im Südwesten, der Grenze zu Bayern im Westen, dem Böhmerwald mit der tschechischen Grenze im Nordosten und der Stadt Linz im Südosten. Darin fließt ein Netz aus Bächen und Flüssen mit Mühlen, von denen aber die wenigsten noch arbeiten. Das Zentrum für Biker ist das Granitland mit den Gemeinden Kleinzell, Neufelden, Altenfelden, St. Martin und Kirchberg. Das Land verdankt seinen Namen dem Fundament aus Granit, der heute noch in Steinbrüchen abgebaut wird. Wiesen und Felder, Weiler und Höfe prägen die Landschaft. Versprenkelte Wälder, die in Richtung Böhmerwald dichter werden, sorgen für Abwechslung. Infos unter: www.muehlviertel.at
Bike-Touren
Mittlerweile gibt es rund 700 Kilometer an offiziellen Bike-Routen, die sich auf elf beschilderte Touren aufteilen. Höhenmeter kann man auch hier sammeln, denn vom Donau-Ufer auf rund 300 Metern geht’s bis in den 1000 Meter hohen Böhmerwald hinauf. Eine Übersichtskarte sowie alle GPS-Tracks zum Downloaden gibt es auf www.granitland.at
Bikeguides
Um den Club der Granitbiker hat sich eine Mountainbike-Academy formiert. Sie bietet geführte Touren in der Region an und hat sogar einen eigenen Übungsparcours. Die Academy wird von Jürgen Scalet geführt, der das organisierte Mountainbiken im Granitland mit ins Leben gerufen hat. Kontaktdaten gibt es unter www.granitbiker.at
Bike-Hotels
Meist sind es Landgasthöfe, die Bikern einen speziellen Service anbieten. Es gibt aber auch ein paar, teils sehr stilvolle Hotels im Granitland, die Biker willkommen heißen. Die Adressen aller Betriebe: www.muehlviertel.at
Bikeshops
SHS Sepp Hartl Service, St. Martin im Mühlkreis, www.sepphartlservice.com; Sport Haderer, St. Martin im Mühlkreis, www.sport-haderer.at
Biken ohne Gepäck
Wer mehrtägige Touren plant, wendet sich für die Planung an Oberösterreich Touristik. Infos: www.radurlaub.com
Das ist neben der Granitland-Runde die zweite, offiziell beschilderte Mehrtages-Tour im Mühlviertel: Sie erkundet das Gebiet der Mühlviertler Alm, rund 50 Kilometer östlich des Granitlandes gelegen. Das ist die andere Seite des Mühlviertels, nordöstlich von Linz. Die Strecke ist fast 180 Kilometer lang und überwindet einen Höhenunterschied von fast 6000 Höhenmetern.
Der höchste Punkt, den man erreicht, ist der Brockenberg (1050 m), ein Aussichtsberg nahe der tschechischen Grenze bei Liebenau. Auf der Strecke liegen die Burgruinen Ruttenstein und Prandegg sowie das Naturschutzgebiet Tanner Moor. Einsteigen kann man überall, und zeitlich sind auch keine Grenzen gesetzt. Unterwegs passiert man jede Menge Gasthöfe, in denen man einkehren oder übernachten kann. Wirte und Taxiunternehmen helfen beim Gepäcktransport.
Mehr Informationen zur Tour-Planung: www.tourdealm.at
„Hier gewachsen, aber noch nie dagewesen“, unter diesem Motto zaubert Philipp Rachinger im Mühltalhof aus Regionalem besondere Menus für Feinschmecker. Mit Blick auf die aufgestaute Große Mühl lässt man sich hier kulinarisch verwöhnen. Das kann aus einem Landgasthof werden, wenn sich die Köche von Generation zu Generation zu übertrumpfen versuchen.
Bilder vom Ambiente und den Menüs: www.muehltalhof.at
Liebhaber einer „kühlen, blonden“ Erfrischung nach der Bike-Tour haben im Mühlviertel die große Auswahl. Im Zentrum der selbsternannten Bierweltregion mit Brauereien, auch in Niederbayern und Südböhmen, steht der Zapfhahn hier nie still. In der Brau-Boutique in St. Stefan am Walde kann man sogar einen Tag live beim Brauen dabei sein, für 80 Euro, Bierverkostung inklusive.
Viele weitere Angebote zur Bierkultur: www.bierweltregion.at
Wer genug Zeit mitbringt und Lust hat, das ganze Granitland kennen zu lernen, sollte sich die große Runde vornehmen. Die offiziell ausgeschilderte Mehrtages-Tour nimmt zwischen 300 Metern und fast 1000 Metern Meereshöhe alles mit, was das Granitland zu bieten hat. Sie führt für ein paar Kilometer am Donau-Ufer entlang, streift im Norden des Mühlviertels die Grenze zu Bayern, trifft weiter im Westen in Guglwald, dem Tor zum Böhmerwald, auf die Grenze zur Tschechischen Republik. Sie führt entlang der Großen und der Steinernen Mühl und kreuzt viele weitere Bäche, die dem Mühlviertel seinen Charakter verleihen. Die ganze Runde hat eine Länge von 262 Kilometern, dabei sind insgesamt 7300 Höhenmeter zu bewältigen. Und zwar unterwegs auch auf flowigen Trails und erdigen Wald- und Wiesenwegen. Die Höhenmeter in Form von Rampen hatten wir ja bereits erwähnt. Sollte die Kondition für einen Tagesausflug nicht reichen, warten in den größeren Gemeinden ausgewiesene Partner-Hotels. Auch Wirtshäuser für die Einkehr gibt es auf der Strecke genug. Der Einstieg in diese Tour ist überall möglich, und wie viele Tage man sich Zeit nehmen möchte, kann jeder selbst entscheiden. Den Gepäcktransfer zur nächsten Unterkunft organisiert die Oberösterreich Touristik (www.radurlaub.com).
Mehr Infos zur Planung unter: www.granitland.at
Männer aus Granit, aber auch ein paar starke Frauen bilden den Club der Granitbiker aus Kleinzell. Hier schlägt das Herz der lokalen Mountainbike-Szene, hier versammeln sich die Macher des Marathons, und hier wird auch am offiziellen Touren-Netzwerk gebastelt. Inoffizieller Vereinstreff ist der Gasthof Scharinger in Kleinzell. Aus der Ferne gibt’s die Neuigkeiten hier: www.granitbiker.at
Tour-Daten und Tour-Bewertung
Daten: 60,01 km | 1481 hm | 6:00 h
Kondition: 5/5
Fahrtechnik: 3/5
Landschaft: 4/5
Schwierigkeit: schwer
Die GPS-Daten der hier beschriebenen Touren können Sie im Downloadbereich unterhalb des Artikels kostenlos herunterladen.
Startpunkt Parkplatz im Ortszentrum von Kleinzell im Mühlkreis, vorm Gasthaus Scharinger.
Tour-Beschreibung Von Kleinzell arbeitet man sich in kleinen Stufen bis zum Hotel Aviva, einem Single-Resort in modernem Design-Kleid, hinauf. Doch keine Angst, auch als Paar bekommt man hier etwas zu essen, nur übernachten dürfen hier ausschließlich Singles. Das Terrain dahin wechselt stetig: Forstweg, Waldweg, Pfad, Güterweg und kostet auf steilen Anstiegen auch Körner. Aber die Energiespeicher kann man auf der mondänen Panorama-Terrasse des stilvollen Resorts wieder aufladen. Oder in der zugehörigen Aviva-Alm gleich daneben, einer Wirtschaft im Brauhausstil, mit Sonnenstühlen vor der Hütte. Da möchte man bleiben und den Fernblick genießen. Aber wir müssen ja weiter. Der Fahrspaß geht gleich hinter der Hütte auf wurzeligen Waldwegen weiter. Und zum Abschluss folgt noch ein langer Ufer-Trail an der Großen Mühl. In den kann man sich leicht verlieben. Das ist zumindest ein schöner Trost, wenn man im Aviva nicht anbandeln konnte.
Einkehr Aviva-Hotel und Aviva-Alm, Teufelsmühle (am Ufer der Großen Mühl), Mühltalhof in Neufelden, Gasthaus Scharinger.
"Auf der Tour liegt kurz vorm Ziel am Ufer der Großen Mühl der Mühltalhof, ein stilvolles, über die Region hinaus bekanntes Gourmet-Restaurant. Hier kann man nachmittags auch mit Bike-Klamotten auf einen Kaffee oder ein Getränk reinschauen. Und vielleicht gleich einen Tisch reservieren. Bevor man über einen sehr knackigen Anstieg nach drei Kilometern den Ausgangspunkt in Kleinzell erreicht. Danach muss noch unbedingt der Einkehrschwung zur Stärkung im Gasthaus Scharinger sein." Gottfried Gruber, Urgestein im Club der Granitbiker
Tour-Daten und Tour-Bewertung
Daten: 52,31 km 1365 hm 5:00 h
Kondition: 4/5
Fahrtechnik: 3/5
Landschaft: 4/5
Schwierigkeit: mittel
Startpunkt Parkplatz 100 Meter nach dem Abzweig der Straße von Haslach im Mühlkreis nach Lichtenau.
Tour-Beschreibung Einige Wegabschnitte auf dieser Tour treiben einem schon beim Lesen die Schweißperlen auf die Stirn: Im ersten Viertel dieser Runde lauert nämlich der Steilstufenweg. Übersetzung noch nötig? Na gut: Achtung! Rampengefahr! Hier geht es hinauf, entlang alter Schwemmkanäle, eingefasster Bäche, in denen früher das Holz aus dem Böhmerwald zur Großen Mühl und weiter zur Donau transportiert wurde. Diese Wege im geheimnisvollen Wald sind zwar spannend für die Augen, aber auch quälend für die Oberschenkel. Dafür ist es drüben in Tschechien weniger steil. Man macht bis zum Moldau-Stausee hinüber etwas Strecke in der menschenleeren Grenzregion und nimmt dann ein Sahnestück von einem Naturpfad zu einem einsamen Moorsee. Wieder in Österreich geht es unterhaltsam auf schmalen Waldwegen- und Trails zurück nach Haslach. Absoluter Geheimtipp mit hohem Spaßfaktor.
Einkehr Hotel Svaty Tomas (Mittagessen), Hotel Guglwald (auf einen Kaffee), Aviva-Alm (auf ein Bierchen).
"Das Hotel Aviva mit der Aviva-Alm gleich daneben liegt auf dem Weg beider Touren, die hier präsentiert werden. Auf der Böhmerwald-Runde allerdings lohnt sich die Einkehr aus meiner Sicht besonders. Weil man die Sonne und die Aussicht übers Granitland auf der Almterrasse jetzt besonders genießen kann – es wartet ja nur noch die Abfahrt ins Tal. Dabei darf man den Durst ruhig schon mit einem regionalen Bier von der Privatbrauerei Hofstetten oder einem eigens für die Hütte gebrauten Alm-Bräu löschen." Hans Falkinger, Obmann der MTB-Region Granitland