UPDATE MTB-Hüttentour KarwendelAuf einsamen Wegen mit dem Bike zur neuen Falkenhütte

Andreas Kern

 · 11.10.2023

100 Jahre sitzt die Falkenhütte bereits auf ihrem Thron im Karwendel. Frisch saniert erstrahlt sie im neuen Licht.
Foto: Andreas Kern
Update zur zweitägigen Karwendeltour in EMTB 5/23: Etappe 1, von Krün zur neu renovierten Falkenhütte, führt nun durchs Johannestal hinauf. Der ursprünglich beschriebene Uphill durch das Laliderer Tal ist für Mountainbiker leider nicht erlaubt. Damit verläuft die Tour zwar jetzt nicht mehr ganz so einsam durchs Karwendel, landschaftlich bleibt sie aber ein Fest.

Die zweitägige MTB-Hüttentour führt von Krün über Johannestal und Ladizalm zur Falkenhütte hinauf und am nächsten Tag über den Kleinen Ahornboden, das Karwendelhaus und über den Barmsee zurück nach Krün. Insgesamt: 97,9 Kilometer und 2542 Höhenmeter.

Etappe 1 neu: Mit dem E-MTB von Krün übers Johannestal zur Falkenhütte

  • Länge: 48,0 Kilometer
  • Bergauf 1876 Höhenmeter
  • Bergab: 904 Tiefenmeter
  • Fahrzeit: ca. 5 Stunden

Routenbeschreibung 1. Etappe

Von Krün (875 m) geht’s direkt in die sportliche Auffahrt zur Fischbach-Alm (1400 m). Die Trail-Abfahrt auf dem „Soiernweg“ nach Vorderriß ist bis auf kurze ruppige und enge Passagen flowig und unschwierig zu fahren. Am Ufer der Isar angekommen, wartet eine lange Asphaltfahrt auf der Mautstraße nach Hinterriß, wo man am Parkplatz P4 auf den Schotterweg ins Johannestal (958 m) abzweigt. Hier beginnt der landschaftlich reizvolle Anstieg auf bester Forststraße Richtung Schwarzlackenhütte. Mit dem E-MTB verliert der steile Anstieg über weite Kehren zur Ladizalm (1573 m) seinen Schrecken. Vom Spielissjoch (1773 m) kurbelt man in wenigen Minuten zur weithin sichtbaren Falkenhütte (1848 m).

Einkehrmöglichkeiten: Auf der ersten Etappe passiert man nach 500 Höhenmetern bereits die Fischbachalm (Tel. 0172/9469734). Hier gibt es Brotzeiten, Kuchen und Getränke – allerdings nur während des Weidebetriebs von Mitte Juli bis Anfang September.

Nach 16 Kilometern kann man im altehrwürdigen Gasthof Post in Vorderriß einkehren. Hier hat schon König Ludwig übernachtet. Akkus laden ist hier kein Problem. (www.post-vorderriss.de).
Die letzte Möglichkeit, vor der langen, steilen Auffahrt hoch zur Falkenhütte Strom zu ziehen, besteht im Hotel Post in Hinterriß (www.post-hinterriss.info).

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Etappe 2: Von der Falkenhütte über Barmsee nach Krün

  • Länge: 49,9 Kilometer
  • Bergauf: 666 Höhenmeter
  • Bergab: 1339 Tiefenmeter
  • Fahrzeit: 3 Stunden
Von der Falkenhütte (1848 m) zum Kleinen Ahornboden und übers Karwendelhaus das große Tal zurück nach Krün.Foto: bike-gps.comVon der Falkenhütte (1848 m) zum Kleinen Ahornboden und übers Karwendelhaus das große Tal zurück nach Krün.

Routenbeschreibung 2. Etappe

Los geht’s auf bekanntem Weg zum Spielissjoch. Hier nun auf breitem Fahrweg zur Ladizalm. Kurz darauf zweigt links ein unscheinbarer Weg ab, der durch den Sauiss-wald zu einer Furt am Kleinen Ahornboden führt. Dort hält man sich links und kurbelt über viele Kehren hinauf zum Hochalmsattel und erreicht fünf Minuten später das Karwendelhaus (1771 m). Die lange aber landschaftlich schöne Fahrt durchs Karwendeltal endet in Scharnitz. Durch den Riedboden geht’s nach Mittenwald und durch die Buckelwiesen über den Tennsee und weiter zum Barmsee (schöner Badeplatz!), bevor sich der Kreis in Krün wieder schließt.
Einkehrmöglichkeiten: Achtung der Akku muss für die ersten 400 Höhenmeter des zweiten Tages noch halten. Hinterm Hochalmsattel wartet dann wieder das Karwendelhaus mit Ladestationen, einem zweiten Frühstück und einer urigen Gaststube, die man mal gesehen haben muss.
Wieder unten im Isartal, bieten sich in Scharnitz und Mittenwald jede Menge Restaurants und Cafés zur Einkehr an.

Infos zur Hüttentour im Karwendel

Anreise mit den Öffis: Das Karwendel ist schon seit den 50er Jahren wegen seiner guten Zuganbindung das vielleicht beliebteste Wochenendziel der Münchner. Mittenwald als Start- und Zielpunkt erreicht man vom Münchner Hauptbahnhof in etwa eineinhalb Stunden. Infos und Buchung: www.bahn.de. Achtung: Bis 7. Dezember 2023 besteht Schienenersatzverkehr zwischen Garmisch und Mittenwald. Die Mitnahme von Fahrrädern kann nicht garantiert werden. Tipp: Wer die hier beschriebene Tour nachfahren will, steigt am besten schon in Klais aus. Sonst wird der erste Tourentag noch länger und das Energiemanagement noch komplizierter.

Nach ihrer Sanierung technisch auf dem neuesten Stand. Aber es bleibt dabei: Auch in der neuen Falkenhütte geht um 22 Uhr das Licht aus.Foto: Andreas KernNach ihrer Sanierung technisch auf dem neuesten Stand. Aber es bleibt dabei: Auch in der neuen Falkenhütte geht um 22 Uhr das Licht aus.

Übernachtung auf der Falkenhütte: Die Falkenhütte ist eine bewirtschaftete Hütte der DAV-Sektion Oberland und liegt spektakulär auf 1848 Meter Höhe im Herzen des Karwendels. Das 100-jährige Berghaus im Schatten der Lalidererwände bietet in der Sommersaison (Start sobald die Wege schneefrei sind, ca. ab Mitte Juni) bis Anfang Oktober 130 Übernachtungsmöglichkeiten in Doppel- und Mehrbettzimmern sowie in Lagern. Dank der guten, aber langen Anfahrt über Karwendelhaus oder Kleiner Ahornboden und Johannestal ist die Falkenhütte ein beliebtes Ziel für Mountainbiker. Vor allem für Tagestourer. Auf www.alpenverein-muenchen-oberland.de/huetten/alpenvereinshuetten/falkenhuette kann man seinen Schlafplatz online buchen. Eine Übernachtung im Doppelzimmer kostet für DAV-Mitglieder 36 Euro, für Nicht-Mitglieder 65 Euro. Einen Lagerplatz gibt’s für Mitglieder schon ab 15 Euro.

Infos allgemein: Die drei Orte Mittenwald, Wallgau und Krün haben sich zur Alpenwelt Karwendel (www.alpenwelt-karwendel.de) zusammengeschlossen. Der Naturpark Karwendel ist das größte Tiroler Schutzgebiet und der größte Naturpark Österreichs. Unter www.karwendel.org erhält man viele Infos, Tourenvorschläge und Verhaltensregeln.

Achtung: Die Auffahrt durchs ursprümglich eingezeichnete Laliderertal ist mit dem Bike leider verboten (Naturpark). Der GPS-Track im Download führt jetzt ein Tal vorher zur Falkenhütte hinauf, nämlich über das Johannestal.Foto: Karin Kunkel-Jarvers (Karte)Achtung: Die Auffahrt durchs ursprümglich eingezeichnete Laliderertal ist mit dem Bike leider verboten (Naturpark). Der GPS-Track im Download führt jetzt ein Tal vorher zur Falkenhütte hinauf, nämlich über das Johannestal.

E-MTB-Reportage: Karwendel - gegen den Strom

Diese Schneide ist messerscharf. Und 800 Meter hoch. Ich sitze auf dem Ladizköpfl oberhalb der Falkenhütte. Halb sechs in der Früh. Die 130 Seelen 70 Meter unter mir schlummern selig. Inklusive meines Kumpels Manu. Spitzname: Fux. Eben blinzelt die Sonne verschämt übers Hohljoch. Schon merkwürdig: Diese senkrechte Klinge namens “Herzogkante” schneidet seit Millionen Jahren jeden Morgen aufs Neue die Welt in weiß und schwarz, Tag und Nacht. Aber die Falkenhütte da unten steht erdgeschichtlich erst seit einem Wimpernschlag. In unserer Zeitrechnung: seit 100 Jahren. Und nochmals 10 Jahre früher eroberte ein Münchner namens Otto Herzog diese Messerschneide, die aus dem Dunkel ins Licht führt. Der fünfte Schwierigkeitsgrad war zu der Zeit das Nonplusultra für Kletterer. Eine feine Klinge zwischen Allmacht und Selbstmord. Herzogs Spitzname: Rambo.

Falkenhütte. Ein Name wie ein Flügelschlag hoch über den Karwendeltälern. Und politisch unverfänglicher als Adolf-Sotier-Haus. So hieß die Berghütte noch 1939. Wie ein Adlerhorst thront dieses stattliche Refugium auf dem Spießkopf. Das erste Mal war ich so um 1992, 1993 hier oben. Als gläubiger Jünger von Moser, nicht Moses. Elmar Moser hatte eben ein handliches Ringbuch im Querformat herausgebracht. Untertitel: “Off and away”. Darin beschrieb der Münchner 50 Touren, von leicht nach schwer sortiert. Klar, dass uns Halbstarke damals die Touren jenseits der 30 interessierten. Mich besonders die Tour Nummer 38: “Von Mittenwald um die Karwendelspitzen”. War die Runde mit 68 Kilometern und 1838 Höhenmetern schon eher tagesfüllend, so ließ mich ein Moserscher Satz nicht los: “Eine sehr interessante, aber auch schwerere Erweiterung der klassischen Karwendeltour führt über die Falkenhütte.” Nochmal 500 Extrahöhenmeter. Das musste ich machen. Quasi das erste der zehn Gebote. Schließlich hatte Moser diese Riesenrunde mit dem Zusatz “Die perfekte Bike-Tour” geadelt. Mit Ausrufezeichen.

Eine Klassikertour mit dem E-MTB gegen den Strom

Der Soiernweg dient bei dieser Variante als Zufahrt zur Falkenhütte. Der Pfad hat kleine Tücken!Foto: Andreas KernDer Soiernweg dient bei dieser Variante als Zufahrt zur Falkenhütte. Der Pfad hat kleine Tücken!

Zurück in der Jetztzeit. 26 wurde zu 29 Zoll. Tange Ultimate zu Carbon. Mag 21 zu Fox Float. Muskel-Bike zu Elektro-Bike. Sixpack zu Bierfässchen. Was blieb: die Lust am Bergradeln, die Freude an neu entdeckten Übergängen und der Wunsch, die wilden Touren aus eigenen Sturm-und-Drang-Zeiten wieder zu erleben. Seit ein paar Jahren reite ich auf der Nostalgiewelle. Und dazu gehört das Karwendel. Auf 30 mal 30 Kilometern drängeln sich hier über zweihundert Zweitausender in einem der größten Naturschutzgebiete der Ostalpen. Die Schutzbedürftigkeit der sensiblen Flora und Fauna in Kombination mit der Topografie – vier parallel von Ost nach West verlaufende Bergkämme mit sich lang dahinziehenden Tälern dazwischen – reduziert die Möglichkeiten für Bike-Touren auf natürliche Art. Doch die wenigen Routen, die es gibt, gehören zu den langen, höhenmeterreichen Ganztagesbeschäftigungen. Ich hatte “Kar” noch gar nicht ausgesprochen, da war mein Kumpel Fux schon dabei. Nach seinen Konditionen: Zwei Tage, Übernachtung auf der Hütte, null Stress. Aber neue Technologien erfordern neue Routen: E-MTB hin oder her – nach 30 Jahren hatte ich keinen Bock mehr auf den schleichenden 20-Kilometer-Uphill durchs Karwendeltal bis hinauf zum Hochalmsattel. Warum nicht einfach den Lemmingen entgegensurfen? Also waren wir uns schnell einig: Wir machen eine Karwendelrunde switch.

So haben haben Fux und ich uns gestern in Krün aufs E-MTB geschwungen und nicht im klassischen Startort Mittenwald. Wir wollen die Falkenhütte nicht wie alle anderen via großes Karwendeltal, Hochalmsattel und Kleiner Ahornboden erobern, sondern durchs Hintertürchen. Also aus dem Rissbachtal. Wer vom Isartal dorthin will, wird – wie könnte es anders sein – natürlich bei Meister Moser fündig. Und zwar bei Tour Nummer 29, rund um die Soierngruppe: “Der Höhenweg (…) wird zunehmend (…) schmäler und schließlich zum echten Offroad-Parcours (…), auf dem mit größter Vorsicht drei schwierige Hangabrutsche (…) zu meistern sind.” Hört sich nach jeder Menge Spaß an! Der Soiernweg fordert dann auch die volle Aufmerksamkeit. So bleibt kaum Zeit, sich den Kopf nach der Schöttelkarspitze zu verrenken. Eine halbe Stunde später rollen Fux und ich in Vorderriß ein. Mein Akku schwächelt jetzt schon. Ob es an der schweren Nutzlast liegt? Ich frage im Gasthof Post, ob ich Strom tanken darf. Und ein Bierchen. Eine Stunde später kurbeln wir frisch gestärkt mit 20er-Schnitt taleinwärts nach Hinterriß. Es ist noch früh am Tag, wir liegen gut im Zeitplan. Also lassen wir es krachen – und kehren schon wieder ein. Diesmal nicht im Gasthof Post, sondern im Hotel Post. Hier gönne ich meinem Akku noch ein dreiviertel Stündchen Kraftkur. Eine meiner besseren Ideen, wie sich später noch herausstellen sollte.

Das Hohljoch ist an Tag eins für Biker leider keine Option. Die Auffahrt durchs benachbarte Johannestal verkürzt die Etappe aber um 2,3 km und 176 Höhenmeter.Foto: Andreas KernDas Hohljoch ist an Tag eins für Biker leider keine Option. Die Auffahrt durchs benachbarte Johannestal verkürzt die Etappe aber um 2,3 km und 176 Höhenmeter.

Überraschung eins auf der Falkenhütte: Das neue Hüttenteam ist 30 Jahre jünger als gedacht. Überraschung zwei: Es gibt inzwischen sogar Burger! Überraschung drei: Die Hüttenruhe ist hier trotzdem noch heilig. Punkt zehn Uhr gehen die Lichter aus.

Der Kleine Ahornboden - ein magischer Kraftort

Die alten Bäume im Kleinen Ahornboden sind wahre Naturdenkmäler.Foto: Andreas KernDie alten Bäume im Kleinen Ahornboden sind wahre Naturdenkmäler.

Neuer Tag, neues Tourenglück. Dreiviertel sechs Uhr in der Früh. Ich schlendere von meinem Aussichtspunkt am Ladizköpfl wieder hinunter zur Falkenhütte. Mein Kumpel Fux steht schon auf der Terrasse, wir können los. Es müsste nicht Kleiner, sondern Großartiger Ahornboden heißen. Es gibt viele magische Orte im Karwendel. Der hier ist mein allerliebster. Hunderte von uralten Bergahorn-Persönlichkeiten stehen auf der Bergwiese. Um das Baum-Ensemble nicht zu stören, duckt sich eine dunkle Berghütte im Hintergrund. Und daneben steht ein Obelisk. Ein Denkmal für Hermann von Barth. Der hat im Sommer 1870 gleich achtundachtzig (!) Karwendelgipfel im Alleingang bestiegen. Zwölf davon waren Erstbesteigungen. Ohne Seil, dafür mit Nerven, stark wie Drahtseile. Doch auch der stärkste Kraftplatz schreit irgendwann mal: weiter jetzt!

Die restlichen 400 Höhenmeter zum Hochalmsattel hinauf schaffen wir in zwanzig Minuten – und wundern uns über den Trubel, der uns am Karwendelhaus fast schon erschlägt. Beim fünfzigsten E-MTB höre ich auf zu zählen. Unglaublich! Karwendelhaus und Falkenhütte sind am Wochenende wie Stachus und Walachei. Ich zeige Fux kurz die hundertjährige Gaststube, dann machen wir uns zügig vom Acker und rollen das lange Karwendeltal hinaus. Eine Stunde später erreichen wir bereits Scharnitz. Die Pflicht ist erledigt, jetzt wartet nur noch die Kür: Mittagessen in Mittenwald, zwischen Lüftlmalereien, Geigenbauwerkstätten und posierenden Japanern. Danach sausen wir durch die typischen Buckelwiesen zum Tennsee. Aber der ist weg. Ausgetrocknet. Ein Umstand, der die Heerscharen an Campern auf dem Campingplatz allerdings nicht zu stören scheint. Am Ende kommen wir schließlich doch noch zu unserer Abkühlung, nämlich im Barmsee. Hier bleiben wir, bis im Hintergrund die Karwendelfelsen in der Abendsonne zu glühen beginnen und Fux schon wieder in Explorer-Stimmung versetzen: “Schon immer noch cool, die alten Moser-Routen. Vielleicht sollten wir demnächst auch mal den Zickzack-Anstieg zur Lamsenjochhütte probieren? Mit dem E-MTB müsste der doch inzwischen fahrbar sein...?”

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