„Nein, wir wurden nicht wirklich ernstgenommen“, sagt Kurt Resch, wenn er auf seine ersten Versuche auf dem Mountainbike in den Südtiroler Bergen zurückblickt. Gut 30 Jahre ist das jetzt her – und dass der Hotelier des Bio-Hotels Steineggerhof damit zu einem der Pioniere der Region wurde, ahnte er damals natürlich noch nicht.
Mountainbiker galten damals als ziemlich schräge Vögel, so erinnert sich Kurt. Und obwohl es noch nicht viele waren, die auf zwei Rädern die Wege des Eggentals erkundeten, hat er „schon früh erkannt, dass daraus etwas Großes entstehen kann“. Vor allem hier, wo es Schönheit im Überfluss gibt. Wo die ohnehin schon beeindruckenden Dolomiten-Massive von Rosengarten und Latemar morgens und abends auch noch sagenhaft tiefrot zu leuchten beginnen. Dazu der Karersee, der es mit seinen intensiven Farben zu der Zeit schon in unterschiedliche Reisemagazine geschafft hatte.
1993 schaltete Kurt Resch deshalb für sein Biker-freundliches Hotel einfach mal eine Anzeige im BIKE-Magazin – mit anfangs überschaubarem Erfolg. „Die ersten Gäste hatten wir erst zwei Jahre später“, sagt er im Rückblick schmunzelnd. Doch sein langer Atem sollte sich bald auszahlen, auch weil er im Laufe der Zeit einige Verbündete fand. Rund zehn touristische Betriebe ließen sich von Kurts Mountainbike-Faszination anstecken. Alle hier verteilt im Eggental, das sich rund 20 Autominuten von Bozen entfernt zwischen den Orten Steinegg, Welschnofen und Deutschnofen und Petersberg erstreckt.
So war die Region schon früh führend in Südtirol, erinnert sich Kurt.
Auch wenn mittlerweile fast überall um die Gunst von Mountainbikern mit bisweilen spektakulären Trails und Bikeparks gebuhlt wird, scheinen hier die Uhren auf angenehme Art und Weise etwas langsamer zu ticken „Das Eggental hat sich seine Natürlichkeit und Vielfalt erhalten“, sagt Kurt. Hier vertraue man weiterhin auf seine drei Asse im Ärmel: Klima, Kulisse und Kulinarik.
„Vom frühen Frühling bis in den späten Herbst hast du bei uns perfekte Bedingungen zum Biken“, erklärt der Hotelier, der mehr als 15 Jahre lang selbst nahezu täglich geguidet hat. Dann deutet er aus dem Fenster: „Und solch ein Panorama ist doch wirklich kaum zu toppen.“
Erfahrene Guides wie Kurt kennen natürlich auch die anspruchsvollen Trails in der Region. So richtig alpine Bastelaufgaben. Doch man hat sich entschieden, weiterhin Genuss-Biker anzusprechen. Dass das bei vielen Mountainbikern besonders gut ankommt, weiß auch Christian Ploner, einer der erfahrensten Mountainbike-Guides der Region.
„Von der spektakulären Landschaft rund um Rosengarten und Latemar sind alle begeistert“, schildert er seine Erfahrungen von unzähligen Touren. „Aber als es noch keine E-Bikes gab, konnten manche die Schönheit der Dolomiten nicht wirklich genießen“, sagt Christian augenzwinkernd. Wie die meisten seiner Gäste ist inzwischen auch er längst aufs E-MTB umgestiegen und weiß die Vorzüge zu schätzen. Es entschärft die teils steilen und langen Anstiege der Region und bügelt unterschiedliche Leistungsstärken innerhalb größerer Gruppen harmonisch aus.
Wenn er mit seinen Gästen zur Latemar Ronda aufbricht, dann geht es deshalb heute ziemlich entspannt zu. „Die Runde ist nach wie vor das Touren-Highlight im Eggental“, sagt Christian:
So schön wie die Sella Ronda, aber nicht so überlaufen.
Die Zeiten, in denen es unter Mountainbikern verpönt war, bergauf auf Hilfsmittel zurückzugreifen, muten heute fast schon skurril an. Die ultra-steilen Rampen vom Fassatal zum Feudo-Pass hinauf sind bis heute eine Challenge, die nur echte Bergziegen im Wettkampf-Modus schaffen.
Tourenbiker müssen sich die Schinderei dank Lift- und Motorunterstützung heute nicht mehr antun. Sowohl von Welschnofen und der Karerseesiedlung, als auch von Obereggen aus muss man nur noch einen kurzen Anstieg zum Karerpass hinaufkurbeln und kann den Blick entspannt ins Panorama schweifen lassen.
Für die Abfahrt ins Fassatal darf man sich dann entscheiden: Entweder auf durchaus forderndem und stellenweise verblocktem Trail bergab – oder auf der entspannten Schotterweg-Variante ohne fahrtechnische Herausforderungen. Wenn Kurt Resch an die Zeiten vor dem E-MTB zurückdenkt, dann erzählt er von Gästen, die die Latemar-Umrundung sogar von Steinegg aus in Angriff nehmen wollten – mit sämtlichen Extra-Höhenmetern, die sich bis zum Einstieg in die eigentlich Runde ansammeln. „Danach haben wir dann alle erstmal zwei Ruhetage gebraucht“, blickt er lachend zurück.
Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb war Kurt auch beim Thema E-Bike einer der Vorreiter in der Region. „Am Anfang wollte die Räder noch niemand anfassen“, erinnert sich der Hotelbesitzer, der E-Bikes schon früh zum Verleih angeboten hatte. Und heute? Selbst seine sportlichsten Gäste wollen die Motorunterstützung inzwischen nicht mehr missen.
Ähnlich ging es ihm, als er zusammen mit seiner Tochter Lisa begann, im Hotel vegan zu kochen. Heute haben sie in ganz Südtirol deshalb einen exzellenten Ruf und sind eines der Aushängeschilder im Eggental in puncto Nachhaltigkeit. Viele Gastronomen, Hoteliers und große wie kleine landwirtschaftliche Erzeuger haben hier das Projekt „Eggental Taste Local“ ins Leben gerufen. Viele Restaurants und Hotels machen dabei mit und sorgen für ein hochwertiges gastronomisches Angebot – mit großem Augenmerk auf Lebensmittelqualität und kurze Transportwege.
Ohnehin gibt es hier kulinarische Spitzen fast schon im Überfluss. „Am schönsten Platz am Rosengarten“, wie Hansi Kafmann ganz unbescheiden über die Hagner Alm sagt, steht sein preisgekrönter Hofkäse auf der Karte. Die Premium-Aussicht in die Felswände von Rosengarten und Latemar gibt's gratis dazu.
Auf der anderen Seite, in Deutschnofen, haben Constanze und Jochen Bauder den Nopphof mit viel Liebe zum neuen Leben erweckt und brauen dort ihr eigenes Bier. Ihr Brauereiausschank samt Biertankstelle gehört längst zu den beliebtesten Biker-Treffpunkten im Tal. Und auf der Messnerjochhütte, wo der Rosengarten zum Greifen nah ist, schwärmen alle von Edith Raucheggers Kaiserschmarrn und selbstgemachten Kuchen.
Hier lässt sich auch am deutlichsten spüren, dass sich die Region doch verändert und weiterentwickelt hat. Noch bis vor zehn Jahren schlummerte das Carezza-Skigebiet in einer Art Dornröschenschlaf. Doch mittlerweile haben hier architektonisch aufsehenerregende Seilbahnen ihre Arbeit aufgenommen. Die heben im Sommer natürlich auch Mountainbiker von Welschnofen ins Panorama-Stockwerk – und von dort kann es auf gebautem Carezza-Trail auch direkt wieder ins Tal gehen.
Was aber noch immer Bestand hat, ist die Schönheit im Überfluss, an die sich auch diejenigen nicht gewöhnen können, die hier schon vor über 30 Jahren im Sattel saßen. Kurt Resch ist froh, dass er an seine Ideen immer geglaubt hat. Weil er das hat, was sich Menschen eröffnet, die sich gerne hoch oben in den Bergen bewegen: einen weiten Horizont.
Die Anzahl von engagierten und vernetzten Bike-Hoteliers ist nirgends größer als im Eggental. Gemeinsam werden sie dieses Jahr ihren ersten Event auf die Beine stellen. Im Fokus: Landschaft, Touren und ihre exzellente Küche.
Die Latemar-Umrundung wird auch bei den Rosadira Bike Days im Juni eine Hauptrolle spielen. Dann hoffentlich in leuchtrotem Abendlicht.
Mit dem Auto: Am schnellsten über die Brenner-Autobahn, Ausfahrt: Bozen Nord. Es gibt aber auch eine recht schnelle Zuganbindung: Von München aus fahren Direktzüge im Zweistundentakt nach Bozen (Fahrtzeit: ca. 4 Std.). Von dort weiter mit tagsüber guter Busanbindung in die Eggentaler Teilorte. Info: bahn.de
Die Sommersaison der Bergbahnen in Welschnofen beginnt bereits im Mai, in Obereggen öffnen die Lifte rund einen Monat später. Das Touren-Highlight Latemar Ronda ist deshalb mit Liftunterstützung erst ab Mitte Juni zu befahren. Die Saison geht bis weit in den Oktober hinein, mit bei Sonnenschein noch sehr angenehmen Tagestemperaturen. Im tiefer gelegenen Steinegg sind die Bedingungen für Mountainbiker meist schon ab März perfekt.
Bei Sport Laurin und Ski & Bike Rent in Welschnofen, bei Sport Carezza in Carezza, bei E-Bike Rental Siegfried in Obereggen und bei Flex Sports in Deutschnofen gibt es eine große Auswahl an hochwertigen E-Mountainbikes zur Vermietung, gute Beratung und kompetenten Service.
Es gibt in allen Teilorten des Eggentals zahlreiche Beherbergungsbetriebe, von der authentischen Pension bis hin zum luxuriösen Hotel. Eine Übersicht findet man auf eggental.com Speziell auf die Bedürfnisse von Mountainbikern ausgerichtet sind die acht Eggentaler Beherbergungsbetriebe der Südtirol Bike Hotels. Infos dazu unter bikehotels.it
Zum ersten Mal veranstalten die Eggentaler diesen Sommer die Rosadira Bike Days. Vier Tage lang werden bei dem Event geführte Genuss- und Panoramatouren angeboten und feinste Südtiroler Küche serviert. Und wie der Name schon verrät, soll auch das Enrosadira-Erlebnis nicht zu kurz kommen. Die Locals wissen schließlich, wo das berühmte Dolomiten-Leuchten am allerschönsten ist. In Welschnofen, Obereggen und Deutschnofen bieten 23 Beherbergungsbetriebe Komplettpakete für diese Veranstaltung an. Darin enthalten: geführte Touren, Fahrtechnik- und Schrauber-Workshops, kulinarische Highlights, Chill-Out-Sessions – und jede Menge besondere Momente unter Gleichgesinnten.
Zwischen den Dolomiten-Ikonen Rosengarten und Latemar sonnen sich sattgrüne Almen. Dort hinauf führen Panoramawege und Lifte, hinunter geht's auf entspannten Trails.
Eine Traum-Genusstour mit Rundumblicken vom Feinsten und sechs Almen mit Einkehrmöglichkeiten – eine malerische als die andere. Von Deutschnofen aus führt der Weg zunächst auf Asphalt zur Laabalm, an der Alm vorbei und nach einer Kuppe bergab rechts in Richtung Petersberger Leger Alm abbiegen. Über eine schmale Holzbrücke den Rohrbach überqueren, weiter in Richtung Petersberger Leger, von wo aus sich ein spektakulärer Blick auf das Kloster von Maria Weißenstein eröffnet, Südtirols wichtigstem Wallfahrtsort.
Direkt an der Klosterkirche vorbei, danach teils steil bergauf zur Schönrastalm – dem Namen zufolge traumhaft gelegen auf einer großen Almwiese. Die Tour führt weiter leicht ansteigend zur Neuhütt-Alm und weiter zur Auerleger-Alm, dem höchstgelegenen Punkt der Tour auf 1872 Metern. Von hier aus geht es auf Schotter bergab und nach der Überquerung des Schwarzenbachs auf dem Perlenweg Richtung Liegalm. Wer noch Power in den Beinen oder im Akku hat, kann hier 70 Höhenmeter extra hinaufkurbeln. Ansonsten führt der Weg teils steil bergab, bevor es auf dem Waldweg mit der Nummer 9 über ein paar Wurzeln nochmal leicht bergauf geht. Dann auf der Asphaltstraße zurück zum Startpunkt.
Schlüsselstellen: Bis auf ein paar steile Rampen und ein paar Wurzeln auf dem Weg Nr. 9 keine Hindernisse.
Einkehr: Wer die Wahl hat, hat auf dieser Tour definitiv die Qual. Die Schönrastalm ist schlicht und ergreifend traumhaft gelegen. Und wer in der Auerleger-Alm einkehrt, hat die Gewissheit, dass es danach fast nur noch bergab geht.
Die Latemar Ronda ist die perfekte Tour für Familien oder Panorama-Genießer, da sie weder fahrtechnische noch konditionelle Tücken enthält. Bergauf helfen hier nämlich die Lifte. Mit der Kabinenbahn Laurin I geht's von Welschnofen zur Frommeralm hinauf und auf dem Weg 1 A mit einer kurzen Trail-Passage entlang der Nigerstraße bis kurz hinter die Ochsenhütte, wo sich leichte Trail- und Schotterabschnitte abwechseln und bis zum Karerpass tolle Ausblicke eröffnen. Bergab ins Fassatal führt ein teils steiler Schotterweg nach Moena hinunter, bevor man auf asphaltiertem Radweg zur Gondelbahn in Predazzo hinunter rollt. Mit Gondel und Sessellift schwebt man auf den Feudo-Pass (2175 m) und fädelt oben in die Weg 504 und 505 ein, die über Zischg Alm und Ganischger Alm zum Reiterjoch führen. Dann über die Almenstraße 9 vorbei an der Epircher Laner Alm bis nach Obereggen und über den Stadlhof samt Trail nach Welschnofen zurück.
Wer Lust auf Trails hat, fährt am Karerpass (Km 10) ein Stück weiter auf der Straße und biegt dann in den Weg 520 zur Malga Roncac ab. Dort warten viele Wurzeln, einige verblockte Stellen und Spitzkehren. Auch vom Reiterjoch aus lassen sich nach Obereggen hinunter noch einige Trail-Varianten einbauen.
Schlüsselstellen: Ohne die erwähnten Trail-Varianten enthält diese Runde keine fahrtechnischen Herausforderungen.
Lifte: Die beiden Lifte sind von Mitte Juni bis Mitte September in Betrieb. Kombi-Ticket: für 34 Euro.
Einkehr: In der Baita Gardoné lässt es sich bei T-Bone-Steak, Tatar und Garnelen außergewöhnlich chillen.
Diese Tour sammelt sämtliche landschaftlichen Highlights des Eggentals auf mit spektakulären Ausblicken auf Latemar und Rosengarten. Vom Parkplatz der Kabinenbahn Welschnofen geht's bergab durch den Ort bis zum Zivilschutzzentrum, wo der Anstieg zum Stadlhof hinauf abzweigt. Teils auf Schotter, teils auf Trails führt die Runde weiter am idyllischen Karersee vorbei und dann auf Schotter zum Mitterleger hinauf, wo eine schöne Trail-Passage über den Karerpass bespaßt. Ein Naturweg spaziert durch Wiesen und Wälder unterhalb des Rosengartens bis zum Parkplatz beim Kaiserstein. An der Karerseesiedlung folgt man dem Trail entlang des Franzinliftes, dann geht's auf Schotter zur Talstation des Sesselliftes Tschein hinunter. Die 450 Höhenmeter zur Tschager Alm übernimmt dann der Lift, damit man die Abfahrt zur Frommeralm und den anschließenden Carezza-Trail nach Welschnofen zurück auch genießen kann.
Schlüsselstellen: Der gebaute Carezza-Trail ist ohne Schwierigkeiten zu fahren. Wer springen will, braucht ein gutes Timing. Auf den ersten rund 1,5 Kilometern gibt es eine Pump-Track-Variante.
Einkehr: Die Pizza und das selbstgemachte Eis im Restaurant Antermont am Karerpass sind ein Muss!
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