Die Locals im Vinschgau verdrehen bereits die Augen, wenn man ihnen mit diesem Touren-Wunsch kommt. Warum immer der Goldseeweg, wir haben so viele andere schöne Trails, heißt es dann. Mag sein, aber der Goldseeweg gehört zu den Erfahrungen, die man als Biker mindestens einmal im Leben gemacht haben muss. Den Namensgeber selbst wird man wohl nicht mehr antreffen. Nur nach besonders schneereichen Wintern füllt sich die kleine Grasmulde an der zweiten Artillerie-Stellung entlang des Weges noch mit Wasser. Wenn dann die ersten Sonnenstrahlen über die rötlichen Felsflanken tasten, soll auf dem kleinen Gewässer ein Hauch von Goldschimmer flimmern. Ein Naturschauspiel, das leider schon lang niemand mehr beobachten durfte.
Ein Montagmorgen im Juli, kurz vor neun Uhr: Wir stehen nicht allein am 2757 Meter hohen Silfserjoch. Mehrere Shuttle-Busfahrer heben Bikes von ihren Anhängern. Doch die Schotterrampe zur 85 Meter höher gelegenen Dreisprachenspitze entzerrt die Biker-Karawane schnell. Am höchsten Punkt angekommen, weiß man gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Über die Schulter in die fast zum Greifen nahen Eiswände des Ortler, auf die Infotafel, die hier oben von den blutigen Frontkämpfen erzählt oder einfach in diesen traumhaft schönen Trail geradeaus. Wie frisch gefegt, schneidet er die linke Bergflanke knapp unter dem Felsgrat, der Südtirol vom Schweizer Val Müstair trennt.
Also Bremsen los und nix wie rein in den Trail. Spätestens am Felsvorsprung mit der „Goldsee-Stellung“ bleiben alle Biker kurz stehen, um ein Foto mit dem Ortler im Rücken zu schießen. „Nehmt dort den Bimbam-Trail nach Trafoi hinunter, der ist viel schöner“, gaben uns die Locals mit auf den Weg. Mag ja sein. Aber der führt im steilen Zickzack ins noch schattige Tal hinunter. Der Goldseeweg aalt sich dagegen weiterhin verheißungsvoll in der sonnigen Bergflanke. Und schließlich möchte man beim ersten Mal ja das Original erleben.
Also weiter – bis zu dem Punkt vor dem die Locals gewarnt haben: Der Untergrund gibt sich bald bockiger und auf einmal liegen nur noch Felswürfel im Weg. Schon zu Fuß ist das eine ziemliche Stolperei. An der Furkelhütte (2153 m) beschleicht uns das Gefühl, dass die Locals Recht gehabt haben könnten. Neben der Aussichtsterrasse surren einige Biker mit dem Sessellift von Trafoi wieder herauf. Wir hätten mit dem Abstecher ins Tal hinunter zwar 5,5 Kilometer des Goldseewegs verpasst, aber etwa ein Drittel davon konnten wir ohnehin nicht fahren. Na ja, das nächste Mal dann.
Ab der Furkelhütte beginnt nun der Abschnitt mit den Gegenanstiegen. Die 350 Höhenmeter verteilen sich auf einen etwas längeren Schotteranstieg und diverse, wurzeldurchsetzte Kurzrampen. Erst am Abzweig „Siebenbrunnen“ dreht der Trail wieder auf reinen Abwärtskurs. Die klassische Route würde hier weiter geradeaus Richtung Glurnser Alm steuern und von dort auf dem 14er-Pfad noch mal über richtig spaßige Wald-Trails ins Tal kurven. Doch leider prangt über diesem Abschnitt seit 2017 ein Bike-Verbotsschild. Die Alternative mit einem Maximum an erlaubten Trails zweigt daher nun an der Siebenbrunnen-Pfadkreuzung ab: ein wurzeliges Wald- und Wiesen-Zickzack bis nach Prad hinunter.
Der Goldseeweg ist für Biker von 9 bis 16 Uhr gesperrt. Da der Trail an einigen Abschnitten recht ausgesetzt durch den Geröllhang zieht, versucht man so Biker und Wanderer zwischen Stilfserjoch und Furkelhütte zu trennen. Man fährt den Pfad entweder wie hier auf der Original-Route oder zweigt auf seine zwei Varianten ab:
Die Tour startet am 2757 Meter hohen Stilfserjoch und die Autofahrt aus dem Vinschgau dauert ca. eine Stunde. Um das Zeitfenster für Biker einzuhalten, fahren die meisten Shuttles zwischen 7 und 7:30 Uhr im Tal los. Infos: vinschgaubike.com, bikeshuttle.it und freeride-vinschgau.com
Für die Variante mit der Bimbam-Abfahrt braucht man in Trafoi den Sessellift. Der ist von Juni bis Oktober in Betrieb, täglich 8:30-12:30 Uhr und 13:30-17 Uhr
Die GPS-Daten zur Tour gibt’s in unserem Touren-Portal und werden direkt in der App hochgeladen:
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