Doch vor der Lobeshymne auf diesen MTB-Supertrail gleich mal die kleinen Haken vorweg: Es gibt keinen Lift, keinen Shuttle und auch keine Einkehr. Nicht mal eine Wasserquelle tut sich unterwegs auf, wenn es länger nicht geregnet hat. 1410 Höhenmeter zum selbst Hochkurbeln stehen also auf dem Programm und in Cogne geht die Runde um den Monte Creya los. Auf sportiv ansteigender Asphaltstraße erreicht man Champlong, dann wandert die Kette schnell nach links. Bald wechselt der Belag auf Schotter und die Serpentinen klettern noch steiler bergan. Dafür lenkt jetzt das Panorama in die Grajischen Alpen immer mehr ab. Es steigert sich mit jeder Kurbelumdrehung. Ein kurzes Flachstück über eine Hochebene, dann zieht die Steigung wieder an. Kurz unterhalb der 2600 Höhenmeter-Marke zweigt in einer Rechtskehre geradeaus ein Trail zum Pass ab. Dem folgt man nun die letzten 300 Höhenmeter bergan. Schmal, technisch und teils extrem ausgesetzt. Wer noch genügend Kraft in den Beinen oder Strom-Antrieb hat, kann mit guter Fahrtechnik ein paar Sektionen fahren. Nur die letzten Meter werden wohl alle schieben und tragen. Hier ist der Weg einfach zu verblockt. Oben am Invergneux blickt man nicht nur in die Runde von 3000ern, aus welchen die weißen Spitzen von Gran Paradiso (4061 m) und Grivola (3969 m) markant herausstechen. Man staunt auch über ein flach abfallendes, welliges Hochtal, das sich nun auf der anderen Passseite ausbreitet.
Ein Pfadband schmiegt sich um diese Wiesenbuckel. Eine Spur, die man bis zum Horizont mit den Augen bereits absurfen kann: der Banzai-Trail. Seine Kurven weit ausholend und rhythmisch angelegt. Es gibt Felsen, aber die liegen rechts und links dieses Sandbandes und wollen nur dekorieren. Wenn sich doch mal ein Stein in den Flow verirrt hat, dann dient er als Kicker und Schwunggeber. Bei einer Bachdurchquerung spritzt kurz Wasser an die Füße, kleine Gegenanstiege machen ein paar Kurbelumdrehungen nötig, dann geht’s wie in Trance wieder dahin.
Bei der nächsten Bachüberquerung hilft schon ein Steg. Je tiefer wir kommen, desto massiver die Holzbrücken. Ab der Alp Grauson rütteln schließlich ein paar engere Kurven-Kombinationen wieder wach, Steinstufen sorgen für Adrenalin-Schübe. Der Trail heftet sich bald an die linke Flanke einer Talkerbe und versucht Höhe zu halten, während sich das Flusstal zu rechten Seite tief in den Berg gefräst hat. Bei Pila muss auch der Trail in diese Waldschlucht hinunterdrehen und -kurven. Den Fluss hört man dabei ganz in der Nähe als Wasserfall ins Tal donnern. Doch so wie der Fluss beruhigt sich auch der Banzai-Trail nach dieser Geländestufe wieder und fließt bis in den Bergort Gimillan wieder sanft dahin. Kurzer Asphalt-Schotter-Kontakt, dann hängt der Abfahrts-Trail weitere 250 Tiefenmeter Zugabe dran, bevor man nach Cogne zurück noch mal 150 Höhenmeter bergauf kurbeln muss. Getauft hat den Trail übrigens Thomas Giger, Chefredakteur des Ride-Magazins. Er fand heraus, dass der Name noch eine zweite Bedeutung hat: Banzai sagen die Japaner, wenn sie jemandem 10.000 Jahre Glück und Freude wünschen. Passt perfekt zu diesem Supertrail!
Die Tour: Im Prinzip dreht die Tour eine Runde um den eher unscheinbar aussehenden Monte Creya. Der Anstieg zum Pass dell' Invergneux zweigt im kleinen Ort Cogne, im Seitental des Aostatals ab. Aufstiegshilfen in Form von Shuttles oder Liften gibt es nicht.
Verpflegung: In Cogne gibt es ein paar Brunnen, wo man sich gut mit Wasser versorgen sollte. Zwar gibt es während der Auffahrt immer wieder ein paar Quellen am Wegesrand, aber die sprudeln nach längerer Trockenzeit nicht immer. Brotzeit einpacken, es gibt unterwegs keine Einkehrmöglichkeit!