Gitta Beimfohr
· 27.07.2014
Im Juli 2014 jährt sich der Beginn des Ersten Weltkriegs zum Hundertsten Mal. Die einstigen Schlachtfelder der Dolomitenfront bieten Bikern heute schaurig-schöne Gelegenheiten, um Geschichte zu erfahren.
Kanonenfeuer statt Kuhglockenläuten: Wenn man heute durch die Bilderbuchlandschaft der Dolomiten tourt, braucht man schon viel Fantasie, um sich hier schwere Artilleriegefechte zwischen den Felsen vorzustellen. Oder ganze Berggipfel, die erst unterhöhlt, dann mit Tonnen von Sprengstoff gefüllt und schließlich samt Feind in die Luft gesprengt wurden. Dabei muss man heute gar nicht lange nach alten Kriegsrelikten wie rostigem Stacheldraht und Einschusslöchern Ausschau halten. Der Weg, der sich vor einem gerade so abenteuerlich den Berg hinaufwindet, ist mit ziemlicher Sicherheit ein stummer Zeuge des Kriegs. Von dem Moment an, als Italien der K. u. K. Monarchie Österreich-Ungarn am 23. Mai 1915 den Krieg erklärte, entbrannte der Erste Weltkrieg auch an der Dolomitenfront.
Dieser Stellungskrieg zog sich vom Ortler im Westen bis in die Karnischen Alpen im Osten. Forts wurden zum Teil spektakulär in die Felswände gemauert; Schützengräben in die Gipfelregionen gezogen. Schon, um den Nachschub zu sichern, mussten die Soldaten beider Seiten Wege zu diesen Stellungen hinauf anlegen. Manche davon führen im Zickzack durch Felswände, andere durchbohren den Berg in Korkenzieherform als Tunnel. Eben möglichst so, dass der Feind von den Truppenbewegungen nichts mitbekam. Bis zum 4. November 1917 wurde entlang der Dolomitenfront gekämpft, gesprengt und getötet. Dazu kam der Katastrophen-Winter 1916/17 in dem allein 60000 Soldaten durch Lawinenabgänge ums Leben kamen. Einen Sieger gab es an dieser Front nicht. Die Kämpfe wurden irgendwann eingestellt. Nur der Monte Grappa blieb bis zum Ende des Krieges, im November 1918, unter Dauerfeuer. Wenn dieser Gebirgskrieg also überhaupt irgendetwas Positives gebracht hat, dann ein Wegenetz, mit dem wohl kein anderes Gebirge dieser Welt aufwarten kann. Nutzen wir es zum Gedenken an die Hunderttausenden von Gefallenen!
1. Sette Comuni
Geschichte Auf der Hochebene von Asiago wagten die Österreicher im Mai 1916 eine massive "Frühjahrsoffensive". Sie sollte den Durchbruch bis an die Adria bringen. Doch der Schlag war schlecht geplant, der Nachschub blieb wegen des italienischen Widerstands stecken.
Die Tour: Monte Ortigara (62,9 KM | 2410 HM)
Den Revier-Guide samt Touren-Roadbooks finden Sie hier ->
2. Monte Grappa
Geschichte Im Oktober 1917 schafften die österreichischen Truppen einen Durchbruch in der 12. Isonzo-Schlacht. Um vom Feind nicht eingeschlossen zu werden, gaben die Italiener die Dolomitenfront auf und verbarrikadierten sich nun mit aller Kraft auf dem Monte Grappa. Entsprechend heftig und blutig fielen die Schlachten aus. Die Italiener konnten den Berg halten – seither ist der Monte Grappa in Italien ein Mythos.
Tour: 153er-Frontsteig (24,6 KM | 1500 HM)
Diese und weitere Kurven-Touren mit blutiger Geschichte gibt es hier ->
3. Marmolada
Geschichte Unter dem Eispanzer der Marmolada hatten sich die Österreicher ein Stollensystem gebohrt. In der "Eisstadt" waren sie vor dem italienischen Feind sicher. Doch am 13. Dezember 1916 löste sich eine gewaltige Lawine und verschüttete das Lager. 300 Tote forderte dieses größte Lawinenunglück der Geschichte.
Tour: Porta Vescovo (20,35 KM | 477 HM)
Die Marmolada selbst kann man mit dem Bike nicht erklimmen. Am nächsten kommt man ihr aber auf dem gegenüberliegenden Berg, der Porta Vescovo (2549 m).
Alle Infos: www.bike-gps.com
4. Pasubio
Geschichte "Berg der 10000 Toten" wird der Pasubio auch genannt. Auf den beiden plateau-artigen Gipfeln standen sich die Kriegsgegner zweieinhalb Jahre gegenüber. Dabei trieben beide Seiten Stollen in den Berg, um den Feind zu untergraben. Am 13. März 1918 schließlich zündeten die Österreicher eine Ladung aus 55 Tonnen Dynamit unter dem italienischen Plateau. Trotz gewaltiger Explosion mit unfassbar vielen Toten, konnten die Italiener ihre Stellung halten.
Tour: Pasubio – Strasse der Helden (28,7 KM | 1130 HM)
Alle Infos und weitere Touren mit top-recherchiertem Geschichtshintergrund von Ralf Glaser: www.trails.de
5. Cortina D’Ampezzo
Geschichte Über den Dächern des mondänen Skiortes ragt die Fanesgruppe in den Himmel. Über ihre Felstürme zog sich die Frontlinie. Die österreichischen Linien verliefen vom Kleinen Lagazuoi über die Fanesscharte, das Travenanzestal bis zu den Fanessperren. Die Italiener saßen auf den drei Tofanen, dem Formenton und dem Col Rosa. Im Juli 1916 starteten die Italiener immer wieder Angriffswellen mit heftigem Infanteriefeuer, doch erst mit einer Sprengladung in der Tofana konnten sie die Kaiserjäger zurückdrängen. Darunter auch Luis Trenker, der diese Erlebnisse in seinem Film "Berge in Flammen" erzählte.
Tour: Fanes – Cinque Rifugi (47,8 KM | 1736 HM)
Touren-Infos: www.bike-gps.com
6. Col di Lana
Geschichte Der "Blutberg" in der Fanesgruppe war zunächst vom Deutschen Alpenkorps besetzt, dann von den österreichischen Kaiserjägern. Immer wieder versuchten die Italiener, den Gipfel zu stürmen – und mussten große Verluste hinnehmen. Beide Seiten begannen mit der Unterminierung des Gipfels. Die Österreicher sprengten am 5. April 1916 – ohne Erfolg. Die Italiener sprengten zwölf Tage später und zwangen damit den Gegner zur Flucht auf den Siefsattel.
Col-di-Lana-Tour (16,4 KM | 850 HM)
Touren-Infos und GPS-Daten unter www.trails.de
7. Sentiero della Pace Monte Ortigara (540 KM, 28 Wanderetappen)
Der Friedenspfad folgt dem Frontverlauf zwischen dem Trentino, damals Teil Österreich-Ungarns, und dem ehemaligen Königreich Italien: vom Passo Tonale in die Gletscher des Adamello und durch die Valli Giudicarie an den Gardasee. Weiter geht’s nach Rovereto, über den Pasubio zu den Hochplateaus von Folgaria, Lavarone und Luserna (Sette Comuni) und über die Lagorai-Kette zur Marmolada. Für Biker sind einige Abschnitte leider nicht fahrbar. Infos: www.visittrentino.it/grosserkrieg