Geheimtipp MarkenAuf dem Fahrrad das unbekannte Italien entdecken

Barbara Merz-Weigandt

 · 11.07.2023

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Foto: Barbara Merz-Weigandt
Sport, Kultur und Kulinarik: Auf einer Radreise durch die italienische Region Marken kommen Genussradler und sportlich Ambitionierte voll auf ihre Kosten.
Mitten in Italien zwischen Adriaküste und Apennin liegen die Marken. Lange nicht so bekannt und überlaufen wie der Nachbar Toskana hält die Provinz einiges Überraschendes für Radfahrer bereit. MYBIKE war mit dem Fahrrad auf Entdeckungstour.

2016 wurde Mittelitalien von heftigen Erdbeben getroffen. Beim Wiederaufbau in den darauffolgenden Jahren wurde der Fokus vermehrt auch auf touristische Infrastruktur und Outdoor-Tourismus gelegt.

Warum die italienischen Marken, noch in einer Art Dornröschenschlaf liegen, ist kaum zu erklären. Beim Wort Toskana nickt jeder kennend mit dem Kopf. Umbrien, klar, das typische Italien. Die Marken, mit ihren unendlichen Hügelketten im Hinterland von Ancona an der Adriaküste sind noch unbekannt und daher erst recht ein Grund für uns, sie mit dem Fahrrad zu erkunden.

Urbino ist der Geburtsort des Künstlers Raffael. Über der Stadt thront der Palazzo Ducale, einst Residenz der MontefeltroFoto: Barbara Merz-WeigandtUrbino ist der Geburtsort des Künstlers Raffael. Über der Stadt thront der Palazzo Ducale, einst Residenz der Montefeltro

Kultur und Natur im stetigen Wechselspiel

Wir genießen die fast autofreien Sträßchen, die hinter jeder Kurve, nach jedem Anstieg einen neuen Anblick auf sattgrüne Wellen und mindestens einen roten Kirchturm als Bote eines der alten kleinen Städtchens bieten, die in den Marken darauf warten, von Radtouristen erforscht zu werden.

24 dieser kleinen Städtchen in den Marken gehören zu den “Borghi piú belli d’Italia”, also zu den schönsten Dörfern Italiens. Der Club, der im März 2001 auf Initiative der Nationalen Vereinigung der Italienischen Gemeinden entstanden ist, will kleine Ortschaften bewahren, erhalten und wieder beleben. Voraussetzungen für die Auszeichnung sind unter anderem eine unversehrte Stadtstruktur, architektonische Harmonie und hohe Lebensqualität im Ort. Regelmäßig finden in den Orten Veranstaltungen wie Festivals, Ausstellungen und Konzerte statt zur Förderung des künstlerischen, kulturellen, historischen und gastronomischen Lebens.

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Offida zählt zu den Borghi piú belli d’Italia, den schönsten Orten Italiens. Es ist unter anderem berühmt für die Klöppel-Kunst. | Bilder: Barbara Merz-Weigandt

Bei perfekten Radtemperaturen um die 22 Grad ist der Spätsommer die beste Zeit für einen Radurlaub in der Region Marken. An den manchmal knackigen Anstiegen freuen wir uns über den Elektroantrieb, ansonsten ist das Rollen in kurzen Hosen und Trikots ein wahrer Genuss und eröffnet immer neue Ansichten auf eine Region Italiens, die hauptsächlich von Landwirtschaft geprägt ist.

Marche Outdoor - der Ratgeber im Netz

Ein flächendeckendes Netz an ausgeschilderten Radrouten existiert in den Marken noch nicht. Auf dem italienisch-englischsprachigen Online-Portal Marche Outdoor gibt es aber einige Tourenvorschläge für Tourenfahrer, Mountainbiker und Rennradler.

Über die Website marcheoutdoor.it und die interaktive App für iOS und Android können sich Radfahrer über neue Routen und Aktivitäten informieren, sich leichter fortbewegen und ihre eigene Route nach persönlichen Interessen zusammenstellen. Außerdem gibt es Informationen über spezielle Dienstleistungen für Radfahrer, wie z.B. Reparaturwerkstätten, Reiseführer, Fahrradverleih und ein Navigationsgerät, das den Radfahrern hilft, sich auf der Strecke zu orientieren. Eine Facebook-Seite und ein Instagram-Profil @MarcheOutdoor mit ständigen Aktualisierungen, Tipps und Neuigkeiten stehen zur Verfügung.

Pesaro - Radtouren rund um die Kulturhauptstadt 2024

Die Küstenstadt Pesaro liegt in der Region Marken und bildet zusammen mit Urbino die Hauptstadt der Provinz Pesaro e Urbino. Im Jahr 2022 wurde die Stadt zur italienischen Kulturhauptstadt 2024 ernannt. Das Stadtzentrum liegt an der Adriaküste in einer weiten Ebene aus Delta, Schwemmland und Sandstränden aus dem Quartär. Pesaro wird von den Erhebungen des Monte Ardizio und des Monte di San Bartolo begrenzt. Die Stadt hat sich in den letzten Jahren zu einem beliebten Urlaubsziel entwickelt, einerseits wegen der schönen Strandlage und andererseits wegen des Rossini Opera Festivals. Die historische Majolika-Tradition sind ein beliebtes Souvenir bei Urlaubern.

Pesaro ist auch Startort für ausgedehnte Radtouren entlang der Adriaküste und ins Hinterland. Unter dem Begriff “Pesaro Rebirth” (in Anlehnung an den Neustart nach dem Erdbeben) findet man auf dem Online-Portal Marche Outdoor drei große Rundtouren:

Zu entdecken gibt es in der Region zwischen Pesaro und Urbino jede Menge kulturelle und kulinarische Highlights:

  • Pergola: 1946 wurden in einem Feld wertvolle römische Bronzestatuen aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. gefunden. Diese Goldenen Bronzen von Cartoceto di Pergola kann man heutzutage in einem einem Museum besichtigen.
  • Pesaro: Geburtsort Giacomo Rossinis, Villa Imperiale, die 1469 von Friedrich III. gegründet wurde und eines der spektakulärsten Beispiele einer Sommerresidenz aus der Renaissance ist, sowie Villino Ruggeri am Meer, eines der bedeutendsten Beispiele für Jugendstilarchitektur in Italien.
  • Urbino: Die Renaissance-Stadt ist nicht nur die Heimat Raffaels, sondern beherbergte auch eine Reihe brillanter Künstler, Musiker, Intellektueller und Schriftsteller, darunter Leonardo. Hier kann man den Herzogspalast besichtigen, "ein Palast in Form einer Stadt", der damals Federico da Montefeltro beherbergte und in dem heute die Nationalgalerie der Marken untergebracht ist.
Kirche San Claudio al Chienti
Foto: © lifeintravel, Archivio Fotografico Regione Marche
Die Marken sind ein spannendes Radrevier für Tourenradler, Mountainbiker und Rennradfahrer.

Ascoli Piceno - Radfahren in der südlichsten Provinz der Marken

Ascoli Piceno heißt auch die Hauptstadt der Provinz. In dem Ort, der zu den schönsten mittelalterlichen Städten Italiens zählt, starten ebenfalls abwechslungsreiche Radtouren in die umliegenden Weinberge bis hin zur Adriaküste:

Sehenswertes entlang der Touren rund um Ascoli Piceno:

Venarotta: Kirche San Francesco, die 1215 vom Heiligen Franziskus gegründet wurde. Die historische mittelalterliche Herberge heißte noch heute Pilger auf dem „Cammino francescano della Marca“ willkommen. Im Kloster kann man den Kräutergarten, das Alchemistenlabor und das Museum für Vino Cotto und Heilweine besichtigen.

Grottammare mit der Logge und dem 16 km langen Radweg der Riviera delle Palme sowie dem Wanderweg zur Oberstadt von Grottammare, einer mittelalterlichen Stadt, die direkt über dem Meer thront.

Ascoli Piceno: Renaissance-Platz Piazza del Popolo, mit dem Palazzo dei Capitani del Popolo aus dem 13. Jahrhundert und der gotische Hallenkirche San Francesco. An der rechten Seite von „San Francesco“ angebaut die Loggia dei Mercanti, die Markthalle, links der Renaissance-Kreuzgang, in dem vormittags der Markt stattfindet.

In den Hügeln der Marken kommen schnell einige Höhenmeter zusammen. Mit einem E-Bike ist man daher gut beraten.Foto: Barbara Merz-WeigandtIn den Hügeln der Marken kommen schnell einige Höhenmeter zusammen. Mit einem E-Bike ist man daher gut beraten.

Fahrradfahren in den Marken - 3 MYBIKE-Tourentipps:

Tour 1: Urbino - Urbania - Piobbico - Aqualagna - Fossombrone - Isola del Piano (95 km)

Tour 2: Poggio - Santa Maria Nuova - Jesi - Filottrano - Osimo - Numana - Sirolo (103 km)

Tour 3: Ascoli Piceno - Venarotta - Castignano - Offida - Castel di Lama (83 km)

Die Touren verlaufen großteils auf gut asphaltierten Nebenstraßen. Das stetige Auf und Ab in den Hügeln der Marken erfordert aber eine gute Grundkondition.

Die GPX-Daten zu den Touren erhalten Sie in der MYBIKE Collection bei komoot:

Umsteigen bitte! Vom Fahrradsattel ins Kajak

Beim kleinen Dörfchen Fossombrone gräbt der Fluss Metauro eine tiefe Schlucht in die Felsen - die Marmitte dei Giganti. Noch eindrucksvoller als der Blick von der Brücke im Ort auf das türkisgrüne Wasser in der Schlucht ist eine Kanufahrt auf dem Fluss durch die meterhohen Felsen.

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Foto: Barbara Merz-Weigandt
Eine Paddeltour durch die Schlucht der Marmitte dei Giganti bei Fossombrone ist ein eindrucksvolles Erlebnis.

Eine geführte Kanutour kann man buchen bei Pro Metauro in Fossombrone.

Unbedingt probieren!

Olive Ascolane

Die Oliven sind eine typische Spezialität in der Region Marken. Große, fleischige grüne Oliven der Sorte Ascolana de tenera de Piceno werden mit einer würzigen Hackfleischmasse gefüllt, paniert und frittiert. Die goldgelben, knackigen Kugeln sind beliebtes Finger Food zum Aperitif, aber auch als Streetfood in Papiertüten erhältlich.

Tipp: ganz frisch zubereitet und auch in einer vegetarischen Version erhältlich sind die Olive Ascolane in der Bar Agorà in Ascoli Piceno.

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Foto: Barbara Merz-Weigandt
Feines Fingerfood: Panierte und frittierte Oliven

Crescia Sfogliata Urbinese

Das Fladenbrot wird aus Mehl, Eiern, Milch, Schweineschmalz, Salz und Pfeffer hergestellt. Die besondere Art der Verarbeitung und Zubereitung macht den Teig zu einem knusprigen, blätterteigartigen Brotfladen. Der Geburtsort der Crescia Sfogliata wird den Küchen des Herzogpalastes von Urbino zugeschrieben. Häufig wird die Crescia mit frischem Gartengemüse, wie gedünstetem Mangold oder Spinat zubereitet, kann aber auch mit frischer Burrata, Salami oder Schinken kombiniert werden.

Tipp: Ausgezeichnete Crescia mit diversen Beilagen bekommt man im Agriturismo La Valle del Vento.

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Foto: Barbara Merz-Weigandt
Damit die Crescia Sfogliata ihre blätterteigartige Konsistenz bekommt, wird der Teig mehrfach geknetet und ausgerollt. Serviert wird das Fladenbrot traditionell zu Gemüse, Wurst und Schinken.

Radurlaub in den Marken - allgemeine Infos:

Anreise

Mit dem Auto: Pesaro liegt an der Mittelmeerküste zwischen Rimini und Ancona. Von München über Modena und Bologna (A14) nach Pesaro (Ausfahrt Pesaro/Urbino) ca. 705 km.

Mit der Bahn: Von München über Verona und Bologna bis Pesaro mit mehrmaligem Umsteigen. Fahrtzeit ca. 9 Stunden.
Infos zur Fahrradmitnahme in internationalen Zügen gibt es in den DB Reisezentren, DB Agenturen oder unter der Service-Rufnummer 030/2970.

Mit dem Flugzeug: Direktflüge gibt es beispielsweise mit Lufthansa von München nach Ancona. Flugzeit ca. 1,5 Stunden.

Beste Reisezeit

Mai, Juni und September. Im Frühjahr ergrünt alles, die Temperaturen sind dann und auch im Herbst angenehm und nicht zu heiß, die deutschen und italienischen Badetouristen sind noch nicht oder nicht mehr zu Besuch.

Fahrradverleih

In allen größeren Orten gibt es Fahrradshops und Leihmöglichkeiten.

Essen und Trinken

Restaurant Da Marcello: ausgezeichnete Fisch-Spezialitäten, in der Bucht von Portonovo, an den Hängen des Monte Conero, direkt am Strand.

Agriturismo Fiorenire: Bauernhof in Familienbesitz in Castignano, traditionelle Gerichte innovativ umgesetzt, Öl und Wein aus eigenem Anbau. Auch Zimmer und Ferienwohnungen.

Caffè Meletti: prachtvolles Jugendstil-Cafè direkt an der Piazza del Popolo in Ascoli Piceno, perfekter Ort, um mit einem Aperitif in den Abend zu starten.

Aperitif im Traditionscafè Meletti. Der Hauscocktail wird mit Anislikör zubereitet.Foto: Barbara Merz-WeigandtAperitif im Traditionscafè Meletti. Der Hauscocktail wird mit Anislikör zubereitet.


La Vecchia Urbino: stilvoll speisen in einem Gebäude aus dem 16. Jahrhundert.

Osteria La Guercia: traditionelle, regionale Küche, im Herzen von Pesaro, nahe der Piazza del Popolo. Das antike Gebäude steht auf den Ruinen einer antiken römischen Villa aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. Sichtbar im Keller, wo sich Mosaike aus der Zeit befinden.

Nützliche Links zum Geheimtipp Marken

Mehr Infos unter www.italia.it/en

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