Ralf Glaser
· 22.05.2020
Nur 30 Kilometer nördlich des berühmten Lago di Garda liegt der kleine Ort Terlago. Hier, am Fuße der Brenta-Dolomiten, findet man unzählige Trails, aber kaum Biker, die sie fahren. Ein Geheimtipp.
Wie mit der Schere gekappt reißt der Verkehrslärm ab. Eben noch haben wir uns durch den dichten Verkehr auf der Brennerautobahn geschlängelt. Haben uns nach der Ausfahrt Trento-Nord mühsam durch den Kreisverkehr gequetscht. Sind auf der verwinkelten Gardesana-Staatsstraße durch eine enge Schlucht gekrochen. Haben in von Ruß geschwärzten Tunnels den Hubraum-Konzerten der Möchtegern-Moto-GP-Piloten gelauscht. Und nun plötzlich spuckt uns der Tunnel in einer anderen Welt aus.
Die Ruhe ist unwirklich. Als ob Terlago im Auge eines Sturms läge: Keine Viertelstunde Autofahrt trennen den 2000 Seelen-Ort von der geschäftigen Provinzhauptstadt Trento im Osten. Im Süden liegt nur 30 Kilometer weiter das Nordufer des Gardasees, wo sich Wochenende für Wochenende Tausende Biker tummeln. Und im Norden von Terlago, gleich auf der anderen Seite des Paganella-Massivs, hat sich rund um Andallo ein Freeride-Revier von internationalem Rang etabliert. Das beschauliche Terlago liegt genau im Schnittpunkt dieser Achsen, und noch ist die Hochfläche im oberen Valle dei Laghi bis heute von Tourismus weitestgehend unberührt geblieben.
Woran liegt das? Luca Bortolotti vom lokalen Bike-Club Rideaway glaubt es zu wissen: Das Einzige, was Terlago zu einem Mountainbike-Revier von Rang noch fehle, sagt der Bikeguide, sei die passende Infrastruktur. Keine Lifte, kein Park. Zumindest könnte das so manchem Bio-Biker fehlen, denn die Steigungen sind nicht immer gnädig. E-Mountainbiker dagegen finden häufig dort ihr Glück, wo es für Muskel-Biker erst mühsam wird. Darüber hinaus hat Terlago aber alles, was ein Bike-Revier erster Güte ausmacht: "Eine solche Dichte an Singletrails", schwärmt Luca, "wirst Du im Rest der Alpen nur schwerlich finden." Und die Beute lässt sich zügig einholen. Denn "die Transfers zwischen den Trails sind kurz und im Nu überbrückt". Zudem: Dramatisch viele Höhenmeter muss man zu den besten Trails gar nicht erst erklimmen. "Dafür fühlen sich die Abfahrten allesamt wesentlich länger an als die 300, maximal 400 Höhenmeter, die sie überwinden."