Uli Stanciu
· 13.12.2016
Flow-Trails am Gardasee? Moser-Guide-Besitzer mögen mit dem Kopf schütteln. Doch Uli Stanciu hat sich mit ein paar Locals im Hinterland ins Gebüsch geschlagen und ein paar echt super Trails entdeckt.
Es gibt Leute, die behaupten, der Gardasee sei das am meisten überschätzte Bike-Revier Europas. Die Trails seien zu ruppig, zu hart, zu steil, zu steinig. Im Zeitalter der Flowtrails würden die keinen Spaß mehr machen. Mit Verlaub, diese Leute haben keine Ahnung. Klar, wer von Riva oder Torbole aus nur mal eben auf der Ponalestraße oder Richtung Monte Altissimo raufkurbelt, der wird keine neuen Zauber-Trails mehr finden. Direkt am Lago ist wirklich alles schon "abgeritten". Aber wer mal ein bisschen ins Hinterland rollt, der wird Trails finden, von denen bisher keiner zu träumen wagte. Denn es gibt sie, die Flow-Trails am Gardasee.
"Wer sagt denn, dass es keine neuen Touren am Lago mehr gibt? Direkt mit Seeblick zwar nicht, aber wenige Kilometer weiter."
Alles fing damit an, dass Local Loris Tagliapietra und ich einen neuen BIKE-Festival-Marathon mit mehr Trails gestalten wollten. Loris’ Großvater war einst Jäger im Gebiet zwischen San Giovanni und dem Monte Casale. Daher kannte er jeden Steig. Er führte uns ins Gebüsch. Manchmal waren die Einstiege in die Trails kaum zu erkennen. Aber schon nach ein paar Metern war klar: Das ist es – unberührte Wege, einmaliger Flow im Wald. Wir haben aus einem Teil dieses Netzwerkes nicht nur den Marathon gestaltet, sondern mit dem großen Rest auch weitere Trail-Touren kombiniert – Sentiero dei Russi in zwei Varianten. Angespornt von diesem Erfolg stöberten wir weiter in alten Militärkarten, bei Cavedine, am Monte Stivo und am Monte Calino. Oft suchten wir eine Region erst zu Fuß ab, bis wir die alten Trails fanden. Die Tour zur Malga Pian ist so entstanden und auch Teile der leichten Misone-Runde.
Doch es gibt am Lago auch ganz neu gebaute Pfade: den Naranch-Trail zum Beispiel. Vor knapp zehn Jahren kaufte Lorenzo Benoni ein altes Haus mit genialem Seeblick und baute es zu einem Agriturismo aus. Das Problem: Das Haus liegt oberhalb von Nago so abseits der Hauptverkehrs-Routen, dass kaum jemand dorthin findet. Also kam Lorenzo auf die Idee, einen Biketrail zu bauen, der direkt am Maso Naranch als Einkehrstation vorbeiführt. Mit ein paar Freunden durchstöberte er das Waldgelände zwischen Monte Velo und Nago und fand auch hier alte Jägersteige, die nicht mehr benutzt werden. Mit Schaufel und Pickel putzten und begradigten sie die, sodass innerhalb von drei Jahren ein fünf Kilometer langer Gardasee-Trail entstand, mit über 800 Höhenmetern bergab. Wichtig dabei: Der Naranch-Trail und alle anderen Touren berühren weder Privatgrund, noch Wege des Alpenvereins. Es gibt daher auch keinerlei Verbote.
1. Bocchetta Nansesa (45,6 km, 1568 hm)
Die Bocchetta Nansesa oberhalb von Limone: Auffahrt auf schmalem Schotterweg vom Valle San Michele. Oben erst fast ebener Supertrail mit tollen Lago-Blicken und immer wieder kleinen Tunnels, einer davon halb zugeschüttet. Muss man kraxeln. Dann reine Trail-Abfahrt, anfangs mit 22 Serpentinen für Kurvenkünstler, später purer Flowtrail. Absolut super.
Zu den Touren-Daten (kostenpflichtiger Download, 3 Cent/km): GPS-Daten und Roadbooks zur Bocchetta-Nansesa-Trail-Tour auf www.bike-gps.com hier klicken
2. Malga Pian (27 km, 1094 hm)
Castel Drena oberhalb von Dro ist vielen ein Begriff. Dass dahinter am Hang des Monte Bondones ein Trail-Kleinod schlummert, weiß aber keiner. Rauf auf Schotter, oben steiler, glatter Wald-Trail zur Malga Pian. Kastanienbäume und schöner Blick ins Sarcatal. Dann reinster Flow ins Tal und nach kurzem Anstieg wieder ganz neue Flowtrails bei Cavedine.
Zu den Touren-Daten (kostenpflichtiger Download, 3 Cent/km): GPS-Daten und Roadbooks zur Malga-Pian-Trail-Tour auf www.bike-gps.com hier klicken
3.
Monte Misone (53 km, 1534 hm)
Die Runde um den Monte Misone kennt man. Aber nicht so schön wie hier: Auffahrt von Riva auf der Marathonstrecke, dann auf Trail (alternativ Schotter) ins Val Lomasone. Leichtes Geläuf mit tollen Brenta-Blicken, gemütliche Einkehrstationen in Comano und am Passo Ballino, dann auf Waldweg zum Tennosee und auf altem Bauernweg oder Asphalt nach Riva.
Z
u den Touren-Daten (kostenpflichtiger Download, 3 Cent/km): GPS-Daten und Roadbooks zur Monte-Misone-Trail-Tour gibt's auf www.bike-gps.com hier klicken
4. Naranch-Trail (41 km, 1360 hm)
Ganz neuer 800-Höhenmeter-Supertrail oberhalb von Nago. Lorenzo Benoni und seine Jungs vom Maso Naranch haben diesen alten Jägersteig ausgegraben: Auffahrt nach Santa Barbara, super Panorama am Monte Creino und tolle Einkehrstation am Maso Naranch. Teils flüssiger, teils anspruchsvoller Trail für Fahrtechniker und Freerider. Traum-Tour.
Zu den Touren-Daten (kostenpflichtiger Download, 3 Cent/km): GPS-Daten zur Naranch-Trail-Tour gibt's für 3 Cent/km auf www.bike-gps.com hier klicken
5. Sentiero dei Russi (20 km, 902 hm)
Der Sentiero dei Russi wurde im Ersten Weltkrieg von russischen Gefangenen in den Monte Casale geklopft. Man muss aber nicht den ganzen Marathon fahren, sondern kann in San Giovanni starten. Dann über 40 Prozent Trails im Wald mit Flow vom Feinsten. An manchen Stellen sogar mit Brenta-Blicken. Muss man mit GPS fahren, sonst schwer zu finden...
Zu den Touren-Daten (kostenpflichtiger Download, 3 Cent/km): GPS-Daten zur Sentiero-dei-Russi-Trail-Tour gibt's für 3 Cent/km auf www.bike-gps.com hier klicken
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