Gitta Beimfohr
· 02.04.2017
Im Nachbarland Tschechien schießen die Trailparks aus dem Boden. Nach dem Vorbild von Pod Smrkem wird derzeit in Lipno an optimalen Linien gefeilt. Verschlafen deutsche Mittelgebirge diesen Trend?
Die Alpen können alles besser: Landschaft, Panorama, Vielfalt, steile Trailabfahrten, Liftanlagen, Hütteneinkehr. Nur in einer neuen Trend-Disziplin sieht Europas höchstes Gebirge wirklich blass aus: Trailparks. Diese Anlagen, die in Großbritannien, Tschechien und mittlerweile auch in Deutschland so viele Biker in den Wald locken, brauchen im Prinzip nur drei Dinge: Bäume, Hügel und weitläufiges Terrain. Eine Kombination, die in den meist engen und steilen Alpentälern praktisch nicht zu finden ist, aber eine Riesenchance für unsere Mittelgebirge wäre: Ein erfahrener Trailbauer kann hier die Pfadkurven so geschickt in die Hügel drapieren, dass sogar das Bergaufkurbeln Spaß macht. Bergab lehnen sich die Anlieger dann gerade so ins Gelände, dass der Schwung für den nächsten kleinen Gegenanstieg reicht. Alle Energie fließt also in den Trail und geht nicht durch scharfe Bremsmanöver im Steilhang über Bord. Auch die Bodenerosion wird so auf ein Minimum beschränkt. Racebiker lieben solche Flow-Spielplätze ebenso wie Familien mit Kleinkindern.
In Großbritannien leistet sich daher inzwischen jeder dritte Ort eines dieser Trailcenter, die von den jeweiligen Forstbehörden gehegt und gepflegt werden. Und Tschechien zieht nach. Unsere Nachbar-Republik ist zwar nur knapp größer als Bayern, eröffnet dieses Jahr aber nach ihren erfolgreichen Trailparks wie Klinovec, Spicak, Pod Smrkem, Trutnov und Rychlebske Stezky mittlerweile ihren sechsten Trailpark in Lipno im Böhmerwald. Hier gab es bereits einen normalen kleinen Bikepark mit Sessellift und drei Abfahrtsstrecken, doch nun haben die Betreiber den Trail-Designer Tomas Kvasnicka von Singltrek Pod Smrkem engagiert. Der Kurven-Profi soll noch weitere, kilometerlange Trails durch die Hügellandschaft am Lipno-See verlegen. Wenn alles gut geht und das Wetter mitspielt, könnte der Trailpark schon im Mai eröffnet werden.
Im Bayerischen Wald beobachten Touren-Guides und Bikepark-Betreiber dieses Vorpreschen der Nachbarn bereits mit Argwohn. Die Sorge ist groß, dass ihre bikenden Touristen künftig nur ein paar Kilometer weiter über die Grenze nach Tschechien fahren und ihren Urlaub dort verbringen könnten. Höchste Zeit also, dass auch in deutschen Mittelgebirgen mehr passiert in Sachen Trailbau. Doch ein Anfang ist bereits gemacht.
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