SchottlandRoadtrip mit dem E-MTB zu den 7 besten Trailspots

Holger Meyer

 · 03.02.2024

Wo alles begann: Im Tweed Valley ist das Trail-Netz mittlerweile 100 Kilometer weit.
Foto: Finley Anderson
Trails und Biker muss man in Schottland nicht lange suchen – es gibt sie überall. In allen Formen und Längen. Aber wohin, wenn man nur sechs Tage Zeit hat? Holger Meyer ist mit Youtube-Star Scotty Laughland auf Roadtrip gegangen, um ein Best-of zu erleben.

Schottland ist rau. Ich bestelle ein genuscheltes „Half an a Half“, also ein halbes Pint und einen halben Whisky. Weil man das hier so macht, hat mir jemand im Vorfeld der Reise gesagt. Doch der Barkeeper lacht mich aus: „Zwei Halbe? Nimm doch zwei Ganze!“ Da der alte Geiger auf der Bühne gerade das nächste Volkslied anfiedelt, stimme ich mit Daumen hoch zu. Man will sich ja auch nicht lumpen lassen. Das Old Bridge Inn in Aviemore ist ein Pub, wie aus dem schottischen Bilderbuch: Das Publikum ist bunt gemischt, Livemusik spielt in der einen Ecke, in der anderen lodert der Kamin. Wir sind auch nicht die einzigen Mountainbiker. An einem großen Tisch werden gerade hektisch die Trailmaps beiseite geschoben, weil die Burger serviert werden. Hier trifft man sich, tauscht sich über die Trails aus und plant die Tour für den nächsten Tag.

Die Geiger im Old Bridge Inn hatten den Laden im Griff. Muss man selbst erlebt haben.Foto: Finley AndersonDie Geiger im Old Bridge Inn hatten den Laden im Griff. Muss man selbst erlebt haben.

Um die Tourenplanung muss ich mir diesmal keine Gedanken machen. Es ist der dritte Tag unseres sechstägigen Roadtrips durch Schottland und mein Reiseleiter ist kein Geringerer, als Scotty Laughland, eine schottische Bike-Legende. Er lebt mit seiner Familie in der Kleinstadt Stirling, etwas nördlich von Edinburgh und betreibt einen eigenen Youtube-Kanal über die besten Trails von Schottland. Einen kompetenteren Partner für diesen EMTB-Trip kann man sich also gar nicht wünschen. Zum Akklimatisieren hatte uns Scotty für den ersten Tag ins Mountain Bike Epizentrum Tweed Valley im Süden des Landes geführt. Von dort ging es gen Norden weiter nach Dunkeld, am Fuße der Highlands und heute hatten wir bereits die Trails in Ballater, mitten drin im Cairngorms Nationalpark. Morgen früh soll es mit den Trail-Runden in Aviemore weitergehen, deshalb sind wir abends schon angereist und sitzen hier nun in diesem kultigen Pub. Während ich in meinen leckeren, saftigen Burger beiße, muss ich innerlich grinsen, denn vor der Reise nach Schottland hatte ich vor zwei Dingen Angst: vor schlechtem Wetter und schlechtem Essen. Doch bisher habe ich nicht mal eine Regenkombi gebraucht – und mir wurde empfohlen, mindestens drei einzupacken.

Cairngorms Nationalpark: Auf die Spitze des Windes

Sonnencreme wäre gut gewesen, denke ich, als wir am nächsten Morgen wieder gut bestrahlt durch die Highlands cruisen. Diesmal geht's von Westen her durch den Cairngorms Nationalpark. Eine wilde, rauhe Berglandschaft, deren höchster Gipfel 1245 Meter misst, also gerade mal Mittelgebirgshöhe. Doch so weit oben im Norden reicht das bereits für eine alpine Kulisse. Mit jeder Pedalumdrehung wird die Landschaft schroffer. Irgendwann rollen wir über eine steppenartige Hochebene, auf der nur noch ein paar Felsbrocken die endlos weite Landschaft dekorieren. Dazu verdunkelt sich der Himmel, doch statt Regen peitschen uns bald orkanartige Böen ins Gesicht. Was wiederum Sinn macht, denn unser Aufstiegsziel ist der Sgòr Gaoith. Ein 1118 Meter hoher Gipfel, dessen Namen wahrscheinlich nur Schotten richtig aussprechen können. Übersetzt heißt das jedenfalls so viel wie „Spitze des Windes“. Daraus könnte man nun schließen, dass er es seinen Bezwingern schon immer so schwer gemacht hat. Wir haben mittlerweile Mühe unsere Bikes auf Kurs zu halten, so sehr zerrt der Sturm an uns. Karge Landschaft heißt eben auch: kein Baum, kein Strauch, kein Schutz. Stattdessen gibt sich jetzt auch der Weg immer verblockter. Doch Scotty bleibt dabei, er will mit uns da rauf. Zu Recht, denn die Aussicht vom Gipfel ist wirklich gigantisch: Wir wagen uns im Sturm so nah wie möglich an die Abbruchkante und blicken 400 Meter tief auf das unten schwarz schimmernde Loch Einich hinunter. Eine Szenerie wie aus dem Film „Der Highlander“.

Am Sgòr Gaoith könnte man Szenen für den Highlander drehen. Uns blasen die Orkanböen fast in den Abgrund.Foto: Finley AndersonAm Sgòr Gaoith könnte man Szenen für den Highlander drehen. Uns blasen die Orkanböen fast in den Abgrund.

Für die Abfahrt hat Scotty eine Variante gewählt, die er selbst noch nicht kennt. Schnell und direkt beeilt sich dieser Trail die Bergflanke hinunter. Der Wind packt uns jetzt von der Seite, um uns aus der Bahn zu werfen. Doch mit dem Erreichen der Baumlinie, ist der Spuk vorüber. Entspannt surfen wir durch einen Caledonian-Wald, einer Ur-Kiefernart, die nur noch in dieser Region Schottlands zu finden ist. Ein Licht-Schatten-Duftspiel, das dem Trail fast schon kalifornisches Flair einhaucht.

Tarland – das selbstfinanzierte Trail-Mekka

Bei einer schnellen Sausage Roll im Tamachan Caffè schlägt Scotty als nächstes Ziel den neuen Tarland Trailpark, kurz vor Aberdeen, vor. Dessen Parkplatz zeigt sich wenig später voll mit Gleichgesinnten, aber auf den Trails sind wir allein unterwegs. Der Park ist neu und wurde durch Spendengelder finanziert. Schaufel und Hacke haben hier ausschließlich Ehrenamtliche geschwungen. Das freut die Gemeindekasse, aber auch die Biker, denn das Ergebnis ist genial. Für nahezu jeden Geschmack ist was dabei, von Uphillflow, über die Schwierigkeitsgrade blau, rot und schwarz, bis hin zur Jumpline. Unsere erste Abfahrt heißt „Call Me Chris“ und hat jede Menge frisch geshapte Steilkurven parat, wir grinsen über beide Backen und können uns am Ende ein begeistertes „Thanks, Chris!“ nicht verkneifen.

Die neuen Tarland Trails vor den Toren von Aberdeen sind das neueste Highlight Schottlands.Foto: Finley AndersonDie neuen Tarland Trails vor den Toren von Aberdeen sind das neueste Highlight Schottlands.

Mehrfach jagen wir uns danach über die Jumpline, bis unsere Akkus samt Range-Extendern fast leer sind. Dabei wollten wir noch einmal ganz zum Gipfel hoch. Doch wir haben Glück: Die Energie reicht noch bis zum Einstieg in den sechs Kilometer langen „High Pressure“. Für seine perfekt geshapten Anlieger würde ich auch ohne Akku noch mal hochtreten, aber leider geht nun auch noch das Tageslicht aus. Dafür hat Scottys Freund Neil inzwischen den Grill für uns angeworfen. Es gibt Hirsch aus dem ehemaligen Jagdrevier der Queen und dazu das ein oder andere Bier. Ein Hochgenuss!

Zu all den Trailcentern, die von staatlicher Seite gefördert werden, kommen jetzt noch spendenfinanzierte dazu – man möchte Schotte werden. – Holger Meyer

Die Mountainbike-Kultur in Schottland begeistert mich. Fast jeder Ort hat hier mindestens eine ausgewiesene Trail-Runde und der nächst größere Trailpark liegt auch immer nur wenige Autominuten entfernt. Dazu gibt's überall Bikeshops und coole Cafés, in denen sich Biker zu gemeinsamen Ausritten treffen. Gefahren wird bei jedem Wetter. Ein Spirit, wie ich ihn bei uns in Deutschland noch nirgends erlebt habe.

Torridon: Trails mit Meerblick - theoretisch

Unser nächster Spot führt uns nach Torridon, zum nördlichsten Punkt unseres Roadtrips. So dicht am Meer zeigen sich die Highlands nochmal besonders wild. Trotz des schönen Wetters treffen wir niemanden, als wir uns Kehre für Kehre einen alten Pass hinaufarbeiten. Der Trail ist steinig und stellenweise technisch, bleibt aber fahrbar. Nur die quer über den Pfad verlaufenden Wasserrinnen scheinen etwas überdimensioniert. Doch kaum haben wir uns darüber lustig gemacht, ziehen von Westen her auch schon die ersten Wolken heran. Und zwar schnell. Wir haben den höchsten Punkt noch nicht erreicht, da greifen die ersten nach uns und nebeln uns ein. Die Sichtweite beträgt vielleicht noch 15 Meter. Aber was noch schlimmer ist: Fast wie auf Knopfdruck schüttet es wie aus Eimern auch schon los. Wir können zuschauen, wie schnell die Regenrinnen bis zum Rand volllaufen – so wie unsere Schuhe übrigens auch. Immerhin kommt so wenigstens eine meiner mitgereisten Regenkombis zum Einsatz.

Ach, da isses ja, das Meer! Der Blick auf die Torridon-Bucht war wegen der Gipfeldusche leider ausgefallen.Foto: Finley AndersonAch, da isses ja, das Meer! Der Blick auf die Torridon-Bucht war wegen der Gipfeldusche leider ausgefallen.

Nachdem das angekündigte Gipfelpanorama nun ausfallen muss, kann es nahtlos in die Abfahrt gehen. Wir holpern über grobes Geröll, doch die Reifen greifen überraschend gut. Selbst stufige, verblockte Passagen lassen sich spursicher runterpoltern, bis wir am Ende in der Bucht von Torridon ausrollen, wo uns auf den letzten Metern die Sonne wieder begrüßt.

Isle of Skye: Gibt es den Sligachan Trail überhaupt?

So wie am nächsten Morgen auch, als wir mit dem kleinen Fährboot „Misty Isle“ auf spiegelglattem Wasser zur Isle of Skye übersetzen. Wir tuckern an riesigen Felsen und karger Küstenlinie vorbei. Bootsführer Sandy erzählt gerade von Wikingern, die hier einst die Seestraßen beherrschten, da biegen wir schon in die Bucht von Loch Coruisk ein. An den Felsen am Ufer erkennt man noch die Schleifspuren der Gletscher. Ein paar Robben haben es sich auf den von der Sonne aufgewärmten Steinen gemütlich gemacht und lassen sich von uns auch nicht aus der Ruhe bringen. Unser Plan: Irgendwie durch diese Felswand zu dem passähnlichen Übergang da oben gelangen, um auf der anderen Seite auf den Sligachan Path zu treffen. Dass dieser Trail überhaupt existiert, behauptet zumindest die Karte. Leider gibt sich das Gelände bergauf steiler und wilder als erwartet.

Ein einschneidendes Erlebnis: Der Aufstieg zum Sligachan Trail macht wenig Spaß.Foto: Finley AndersonEin einschneidendes Erlebnis: Der Aufstieg zum Sligachan Trail macht wenig Spaß.

Spuren eines Weges lassen sich erst im oberen Teil erkennen. Bis dahin macht das Tragen und Schieben der E-Bikes keinen Spaß, doch wir werden belohnt mit einer Superaussicht: Auf der anderen Seite windet sich ein definierter Singletrack durch die ewige Weite, bis er als kleiner Punkt am Horizont verschwindet. Ein Trail-Verlauf zum Niederknien. Zwischendrin ein paar Stufen und Absätze, die Körperspannung fordern. Am Ende fließt der Pfad an einem Fluss entlang und spuckt uns direkt vor Seumas' Whisky-Bar wieder aus. 400 Sorten des Nationalgetränks stehen hier im Regal. Aber nach diesem heftigen Bike-Tag bestehe ich darauf: a half, please!

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Info Schottland

Die 7 Stanes im Süden Schottlands sind der perfekte Einstieg für einen Roadtrip.Foto: Finley AndersonDie 7 Stanes im Süden Schottlands sind der perfekte Einstieg für einen Roadtrip.

Schottlands Trailcenter sind sensationell, seine wilden Natur-Trails einzigartig. Unsere Roadtrip-Route durchs ganze Land ist ein optimaler Mix.

1 - Tweed Valley

Etwa 50 Kilometer von Edinburgh entfernt liegt das Epizentrum der schottischen Bike-Szene: das Tweed Valley mit seinen berühmten Seven-Stanes-Trailparks. Von den inzwischen acht Bikespots mit über 100 Kilometern Trails lohnt sich vor allem ein Besuch in Glentress, Peebles und Innerleithen. In Glentress fanden 2023 die Weltmeisterschaften im Cross Country statt und auch die Enduro World Series hat hier schon mehrfach Station gemacht.

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Infos: Trailmaps, Anfahrtspläne und alle wichtigen Adressen: forestryandland.gov.scot

Local-Tipps: Für Snacks und guten Kaffee stoppt man in Innerleithen im Coffeeshop „No.1 Peebles Road“. Gleich gegenüber gibt es auch eine Unterkunft mit kultigem Pub: The Traquair Arms.

2 - Dunkeld

Etwa eine Autostunde nördlich von Edinburgh befindet sich Dunkeld. Der kleine Ort ist das Tor zu den Highlands, hat einen historischen Ortskern aus dem 18 Jahrhundert, nette Geschäften und einen Biergarten direkt am Fluss Tay. Die Trails führen fowig durchs Grüne, sind aber weitgehend naturbelassen und etwas anspruchsvoller.

Infos: Eine Übersichtskarte mit den Trails findet man im Internet unter trailforks.com, sonst upliftscotland.com

Local-Tipps: Den besten Kaffee gibt's im The Aran Bakery und die stilvollste Unterkunftsadresse mit Restaurant und Pub, in dem man sich abends in Dunkeld trifft: The Taybank.

3 - Ballater

In Ballater liefert jeder Bäcker, Fleischer und Handwerker seine Waren und Dienstleistungen auch ans Königshaus, denn König Charles und Familie besitzen hier ein Jagdschloss. Dabei sind hier auch die Trails königlich: Hinter dem Namen Heartbreak Ridge verbirgt sich ein alpiner Natur-Trail, der über einen langen Rücken spaziert und durch herrliche Heidelandschaft führt. Am Ende droppt er in steileres Gelände mit griffigen Granit-Bouldern und läuft dann flowig durch den Wald aus.

4 Tarland Bikepark

Die neueste Errungenschaft in der Region Aberdeenshire wurde mit Spendengeldern von einer Million Pfund realisiert. Das Ergebnis: ein waschechter Trailpark mit 400 Metern Höhenunterschied und Strecken bis zu sechs Kilometern Länge.

Infos: tarland-trails.com

Local-Tipps: Top-Adresse für den Ride-in: Tarmachan Cafe, Unterkunft/Pub: The Boat Inn, Aboyne.

5 - Sgor Gaoith

Das war krasser als es aussieht: Die Sturmböen am Sgor Gaoith bliesen unberechenbar.Foto: Finley AndersonDas war krasser als es aussieht: Die Sturmböen am Sgor Gaoith bliesen unberechenbar.

Episch-alpine Tour auf den 1180 Meter hohen Gipfel im Cairngorms Nationalpark. Die Auffahrt führt über eine Schotterstraße, die gen Ende immer grober wird. Für die Abfahrt ist im oberen Drittel gute Fahrtechnik nötig. Später viel Flow im Wald.

Info: visitcairngorms.com (unter der Rubrik Adventure/Outdoor)

Local-Tipps: Kultiger Kaffee im Jurtezelt: Cabin Coffee in Aviemore. Unterkunft: Ravenscraig Guest House, ravenscraighouse.co.uk, bester Pub: The Old Bridge Inn in Aviemore.

6 Torridon

Der nördlichste Punkt unseres Roadtrips. Hier sind die Highlands richtig wild. Das bekommt man auf der Tour deutlich zu spüren: Auf steinigem Passweg geht's bergauf und anschließend über grobe Stufen und Steinplatten wieder bergab.

Info: Den Track zur Tour gibt's bei trailforks.com unter der Region Torridon (Tour 12552).

Local-Tipps: Beste Einkehrstation: The Midge Bite Cafe, altehrwürdige Unterkunft: The Stables – Torridon Inn, thetorridon.com

7 Isle of Skye/ Elgol

Bootstrip auf die Isle of Skye: Der Sligachan Path ist ein steiniger Bilderbuch-Pfad, der Aufstieg von der Bucht zum Pass aber hart: 400 Höhenmeter tragen durch felsiges Gelände!

Info: Passender Track zur Tour: mtbproject.com

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