LuxemburgVier Tage mit dem MTB durch die luxemburgischen Ardennen

Patrick Kunkel

 · 10.12.2023

Ösling heißen die luxemburgischen Ardennen vorort.
Foto: Patrick Kunkel
Luxemburg mag ein kleines Land sein. Doch die Ardennen im Norden des Großherzogtums bieten genug Singletrails, um daraus ein viertägiges Mountainbike-Abenteuer zusammenzustricken. Guide Ferdy hat zehn Jahre getüftelt - jetzt ist die Route perfekt.

Das Éislek (dt. Ösling), wie die luxemburgischen Ardennen in der Landessprache genannt werden, liegt im Norden des Großherzogtums. Etwa ein Viertel der Gesamtfläche der Ardennen befindet sich in Luxemburg, der Rest in Belgien. Die Topografie ist hügelig und von tiefen Tälern und Flüssen wie Our und Sûre (Sauer) geprägt. In der dünn besiedelten Region liegen kleine Dörfer, ein paar Städtchen wie Esch-sur-Sûre oder Vianden – und ein fein verzweigtes Wegenetz mit einem hohen Trail-Anteil, das reichlich Möglichkeiten für tagelange Biketouren bietet. Mountainbiken ist grundsätzlich überall erlaubt bzw. toleriert. Es sind nicht viele Wanderer unterwegs, aber im Sommer empfiehlt es sich insbesondere Mehrtagestouren eher unter der Woche in Angriff zu nehmen.

Die Vier-Tage-Tour

Die Tour startet in Luxemburg-Stadt und hat insgesamt 230 Kilometer und 6150 Höhenmeter.
Tag eins führt am ersten Tag von Luxemburg-Stadt nach Esch-sur-Sûre in den Ardennen. Von dort geht’s am nächsten Tag auf die große Runde: Erst nach Clervaux (Etappe 2), dann Vianden (Etappe 3) und am vierten Tag wieder nach Esch. Von dort nach Luxemburg-Stadt kann man entweder mit dem Zug zurückfahren (ab Kautenbach) oder aber als fünfte Etappe mit dem Bike auf der gleichen Strecke wie auf dem Hinweg.

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Etappe 1: Luxemburg-Stadt – Esch/Sauer

  • Länge 65 Kilometer
  • Bergauf: 1350 Höhenmeter
  • Bergab: 1300 Tiefenmeter
  • Fahrzeit: 6-7 Stunden
  • Schwierigkeit: mittel

Tourenbeschreibung

Ab in den Norden! Luxemburg-Stadt bietet sich aus zwei Gründen als Startort an: Die Hauptstadt ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln perfekt erreichbar. Direkt an der Stadtgrenze taucht man ein ins Luxemburger Wäldermeer und kommt auch erstmal nicht mehr raus. Dort warten flowige Trails und Forstwege, ein herausfordernder Mix bis zum Etappenziel Esch/Sauer. Die Flowtrails im Mamertal zu Beginn sind spannender als gegen Schluss der Etappe, wo Strecke machen angesagt ist. Aber am Ende wartet noch eine technische Abfahrt!

Startpunkt Luxemburg-Stadt

Schlüsselstellen Keine größeren Herausforderungen, nur die Abfahrt kurz vor Esch ist technischer und reicht an S2-Niveau heran.

Einkehr Brasserie Phillie‘s, kleines Restaurant in Boevange-sur-Attert. Liegt direkt an der Strecke bei Km 3.

Etappe 2: Esch/Sauer – Clervaux

Die Abfahrt nach Esch mit Blick auf das Luxemburger “Sauerland”.Foto: Patrick KunkelDie Abfahrt nach Esch mit Blick auf das Luxemburger “Sauerland”.
  • Länge 41 Kilometer
  • Bergauf: 1300 Höhenmeter
  • Bergab: 1250 Tiefenmeter
  • Fahrzeit: 4-5 Stunden
  • Schwierigkeit: mittel

Tourenbeschreibung

Das heutige Touren-Konzept: Auf Forstwegen und gelegentlich Asphalt hochfahren und auf Trails wieder runterrauschen. Sprich: Eine waschechte Crosscountry-Etappe steht an. Und die macht Spaß, fordert aber eher die Fitness als die technischen Fertigkeiten – wobei: Gleich zu Beginn hangelt sich ein handtuchschmaler Pfad am Steilufer oberhalb des Obersauerstausees entlang und auch später gibt’s immer wieder Abschnitte, die nicht ohne sind... Insgesamt stehen heute weniger Trails auf dem Programm wie an den anderen Tourentagen, dafür aber ein paar sehr steile Anstiege.

Startpunkt Esch/Sauert
Schlüsselstellen An der Geeselee bei Lellingen (ab Km 27) schlängelt sich der Trail über Treppenstufen und mündet in einer engen, gerölligen Rinne mit Steilkehren.
Einkehr Pintsch, Café beim Schrainer, direkt an der Strecke bei Km 30: Zur Stärkung gibt’s hier Croque Monsieur, kühle Getränke und warme Worte der netten Besitzerin!

Etappe 3: Clervaux – Vianden

  • Länge 65 Kilometer
  • Bergauf: 1700 Höhenmeter
  • Bergab: 1900 Tiefenmeter
  • Fahrzeit: 6-7 Stunden
  • Schwierigkeit: mittel

Tourenbeschreibung

In Clervaux steigen wir erstmal in den Zug – das spart Kraft und ein paar Kilometer. Denn Startpunkt ist Troisvierges (Ulflingen) ganz im Norden Luxemburgs, von hier geht‘s dann stets südwärts. Erst mit viel Panorama und wenig Thrill. Doch dann schnellt der Singletrail-Anteil in die Höhe. Besonders am Steilufer der Our, dem Grenzfluss zu Deutschland, hangeln sich kilometerlang schmale, teils ausgesetzte Trails am Flussufer entlang. Auch später gibt’s immer wieder Herausforderungen, etwa auf den Schluchtenpfaden rund um die Burg Falkenstein auf deutscher Seite.

Startpunkt Troisvierges

Schlüsselstellen Die Fluss-Trails an der Our sind stellenweise ausgesetzt mit kniffligeren Felsabsätzen oder Wurzeltreppen (max. S2).

Einkehr Camping Kohnenhof, leckere Snacks im Restaurant des Campingplatzes bei Km 39.

Etappe 4: Vianden – Esch-sur-Sûre

Kleines Höhenmeter-Extra, aber der Ausblick aufs Schloss Vianden ist es wert.Foto: Patrick KunkelKleines Höhenmeter-Extra, aber der Ausblick aufs Schloss Vianden ist es wert.
  • Länge 59 Kilometer
  • Bergauf: 1700 Höhenmeter
  • Bergab: 1800 Tiefenmeter
  • Fahrzeit: 6-7 Stunden
  • Schwierigkeit: schwer

Tourenbeschreibung

Schloss Vianden ist das größte seiner Art weit und breit und der Anstieg zum Schlosspanorama ist ein Muss. Es dauert dann noch ein paar Kilometer auf Asphalt und Schotter, ehe es an der Gringlee bei Bourscheid zur Sache geht – ein flowiger Downhill über 200 Höhenmeter führt hier hinab ins Tal der Sauer. Und so geht es im Prinzip den ganzen Tag weiter: ein stetiger Wechsel aus spaßigen bis sehr anspruchsvollen Trails bergab und auf breiteren Wegen wieder rauf. So lässt es sich aushalten bis kurz vor Schluss. Da geht es nochmals über enge Serpentinenschlaufen runter nach Esch-Sauer

Startpunkt Vianden

Schlüsselstellen Der Gringlee-Downhill bei Bourscheid ist erst flowig und dann kniffliger dank Felstreppen, ausgesetzter Stellen und sehr engen Serpentinen. Die S3-Abfahrt bei Lipperscheid (Km 21) erfordert allerhöchste Aufmerksamkeit. Der Trail im Schlindertal wird erst zum Schluss herausfordernd mit einer kurzen Abfahrt über felsige und rutschige Steilkurven (Km 27). Höchste Aufmerksamkeit von Anfang an fordert dagegen der sehr anspruchsvolle Hoflee-Trail (Km 33,7). Er führt in engen, steilen Schlaufen auf gerölligem, teils scharfkantigem Schiefer bergab, gefolgt von einem teils in Felsen gehauenen, ausgesetzten Abschnitt. Die schnelle Abfahrt nach Bockholtz ist felsig, aber nicht gefährlich (Km 48).

Tipp Wer für den Rückweg nach Luxemburg-Stadt den Zug nehmen will, beendet die Etappe am Bahnhof von Kautenbach, verpasst damit aber die schönen Trails der letzten 20 Kilometer. Alternative: eine Nacht in Esch dranghängen und per Bike auf gleichem Weg wie Etappe 1 zurück. Oder über die Straße nach Goebelsmühle und von dort mit der Bahn nach Luxemburg-Stadt.

Einkehr Camping Kautenbach. Solides Landrestaurant mit reichlich Deftigem auf der Karte (Km 40,6)!

GPS-Daten MTB-Tour Ardennen

Man könnte die Tour auch dreitägig von/bis Esch/Sauer machen, verpasst dann aber schöne Trails an Tag 1.Foto: Karin Kunkel-JarversMan könnte die Tour auch dreitägig von/bis Esch/Sauer machen, verpasst dann aber schöne Trails an Tag 1.

Infos zur MTB-Tour durch die Ardennen

Gratis-ÖPNV Im ganzen Land sind Busse und Bahnen kostenlos, Fahrräder inklusive: Genial für die Tourenplanung!

Guiding Egal ob Etappentour, Trailcamp oder Tagestrip – geführte Biketouren gibt es unter
www. visit-eislek.lu

Anreise Luxemburg ist per Flugzeug, Fernbus, Zug oder Auto aus allen Himmelsrichtungen bestens zu erreichen.

Beste Reisezeit Das Klima in Luxemburg ist gemäßigt westeuropäisch, sprich: Vom Frühjahr bis zum Spätherbst sind die Bedingungen für Biketouren meist ziemlich gut.

Gepäcktransport Unbeschwerter biken: Der Gepäcktransport von einer Unterkunft zur nächsten kostet 12 Euro pro Transfer und Gepäckstück. www.movewecarry.lu

Unterkünfte

  • Luxemburg-Stadt: Hotel Parc Belair. Zentrales Hotel für entspannte Anreise am Vortag der Tour. www.goereshotels.com
  • Esch-sur-Sûre: Hôtel le Postillon. Familienbetrieb, ruhig und gutes Restaurant. www.lepostillon.lu
  • Clervaux: Hotel du Commerce. Modernes Hotel mit Spa und Pipapo. www.hotelducommerce.lu
  • Vianden: Hotel Belle Vue. Modernes Öko-Hotel, gediegen und schön am Rande der mittelalterlichen Altstadt gelegen. www.hotelbv.com

Allgemeine Infos www.visit-eislek.lu

Die Reportage zur Ardennen-Tour: Lebenslinien

"Ok, wir brechen hier lieber ab", sagt Ferdy Adam, während das Wasser in langen Fäden von seinem Helm trieft. Dass es nicht mehr weitergeht, liegt auf der Hand: Um uns herum geht die Welt unter. Mächtige Nadelbäume biegen sich bedenklich unter den Sturmböen, der Regen prasselt uns ins Gesicht und der kleine Bach am Wegrand schwillt besorgniserregend schnell an. Jetzt nur noch raus aus dem Wald! Mist - hier soll sich schließlich die beste Trail-Abfahrt des Tages verstecken. Die jedenfalls hatte mein Kumpel Ferdy heute früh vollmundig angepriesen. Aber das ist etliche Stunden her, als wir uns in Luxemburg-Stadt auf die Bikes schwangen und die Sonne noch von tiefblauem Himmel strahlte. Jetzt ist an entspanntes Trailsurfen nicht mehr zu denken. Selbst auf der Landstraße, auf der wir inzwischen dahinrasen, ist Land unter angesagt. Sturzbäche ergießen sich von oben, von vorn, von hinten. Einfach von überall. Im Dörfchen Dikeschbour sperrt die Feuerwehr die Hauptstraße, weil Wassermassen aus einem Gully pulsieren.

Der Moment, in dem du realisierst: Der Regen hört nicht auf, aber du musst noch dein Hotel erreichen...Foto: Patrick KunkelDer Moment, in dem du realisierst: Der Regen hört nicht auf, aber du musst noch dein Hotel erreichen...

Als wir zwanzig Minuten später an unserem Zielort in Esch an der Sauer über eine geflutete Treppe rumpeln und direkt vor unserem Hotel triefend nass aus den Sätteln steigen, empfängt uns die Wirtin mit zwei vollen Eimern in den Händen und den Worten, dass sie einen derartigen Regen noch nie in ihrem Leben erlebt habe. Immerhin. Der Tag war auch ohne das verpasste Trail-Finale ergiebig genug. Schöne Bikepfade satt, mit allem, was das Herz begehrt: Nämlich Serpentinen, Wurzeltreppen, Flow. Und dazwischen immer wieder Forstwege zum Erholen und ab und man mal ein Stückchen auf Asphalt. Ferdy hatte wirklich nicht zu viel versprochen!

Ein paar Monate zuvor: Ich war gerade völlig zerschrammt, aber zufrieden von meinem Lieblings-Trail bei Freiburg zurück nach Hause gekommen. Da rief Ferdy mich an. Er verkündete stolz: „Ich hab’s geschafft.“ „Was geschafft?“, fragte ich zurück. Endlich habe er, so fuhr Ferdy überschwänglich fort, „die besten Natur-Trails“, die er in den luxemburgischen Ardennen kenne, zu einer schlüssigen Etappentour zusammengefasst. „Ach was, die besten. Die allerbesten!!“, rief er durch den Hörer. Zehn Jahre habe er an der Route gefeilt. Wann immer er Zeit gefunden habe, sei er in den Nordzipfel des Großherzogtums gefahren und hier ein neues Stückchen getestet und für gut befunden und dort einen anderen Abschnitt verworfen. „Trial and Error. Zehn Jahre lang! Jetzt passt es.“ Und ob ich nicht mal so langsam kommen wolle, um das gelobte Trail-Paradies selbst mal auszuprobieren? Was für eine Frage. Klar wollte ich kommen! Deshalb stehe ich jetzt hier, in einer muffigen Hotelgarage, gieße beachtliche Mengen Wasser aus meinen Schuhen und bereue nichts angesichts des Tages, der hinter uns liegt. Immerhin rauschten wir kilometerlang über die griffigen, flowigen Trails entlang der Sandkliffs des Mamertals, ehe wir uns immer weiter in den Schiefer-Untergrund der Ardennen vorarbeiteten – um kurz vor Schluss schließlich in den Wassermassen zu kapitulieren. Jetzt gewährt uns die Hotelbesitzerin auch in nassen Klamotten gnädig Einlass. Nach einer warmen Dusche und einem deftigen Rinderbraten mit einer riesigen Portion Pommes frites im Hotelrestaurant sieht die Welt wieder gut aus.

Ein paar Pfützen muss man noch umfahren, sonst erinnert nichts an das Unwetter vom Vortag.Foto: Patrick KunkelEin paar Pfützen muss man noch umfahren, sonst erinnert nichts an das Unwetter vom Vortag.

Tags drauf präsentiert sich der kleine Ardennenort Esch so idyllisch, als hätte es das Unwetter nie gegeben: Rotgoldene Sonnenstrahlen illuminieren das Flusstal, wabernder Nebel hebt sich langsam über der Wasseroberfläche – hach, was für eine Stimmung! Und auch singletrail-mäßig geht es gleich zur Sache. Nach ein paar Kilometern zum Aufwärmen auf Schotter landen wir auf einem handtuchschmalen Pfad, der sofort in die Vollen geht und unsere Balancierfähigkeiten schwer auf die Probe stellt. Denn er hangelt sich über nasse, rutschige Schieferfelsen am Steilufer oberhalb des Lac de la Haute Sûre entlang. Der künstlich angelegte Esch-Sauer-See wurde in den 1950er Jahren als Trinkwasserspeicher angelegt, erklärt Ferdy, als wir an einem Aussichtspunkt stoppen: „Rundherum gibt es die meisten Abfahrten mit Serpentinen in Luxemburg.“ Also der ideale Spot, um hier ein paar Tage zu verbringen? Zusammen mit Kumpels seines Bike-Clubs hat der Luxemburger jedenfalls bis vor wenigen Jahren Trailcamps an verschiedenen Spots in den Ardennen veranstaltet. Nach der Pandemie sind die Events eingeschlafen und wegen zu vieler Verpflichtungen im Job nicht wieder aufgelebt. „Aber alle Leute aus Belgien, Deutschland oder Frankreich, die mit mir die Trails hier gefahren sind, waren restlos begeistert“, erzählt Ferdy. Und das sind ja schon mal die besten Voraussetzungen für unsere Etappentour. Ferdys Plan: Möglichst entspannt auf Forstwegen raufpedalieren, um dann auf den besten Trails, die die Ardennen hergeben, wieder bergab zu rauschen.

Die Trails in den Ardennen balancieren auch über Schiefergestein-Wände.Foto: Patrick KunkelDie Trails in den Ardennen balancieren auch über Schiefergestein-Wände.

Klingt gut, aber auch anstrengend. Denn die Hügel und Berge der Ardennen erreichen kaum mehr als 500 Meter Höhe, sodass uns keine Wahl bleibt: Wir werden dem ständigen Auf und Ab folgen, über 6000 Höhenmeter werden sich auf unserer 600-Kilometer-Tour zusammen, hatte Ferdy schonmal vorsorglich angekündigt.

Viele Trails hier sind ziemlich schwierig, teilweise steil und voller Steine und Wurzeln. Und je nachdem, wie du fährst, kannst Du auch mal zehn Trails direkt hintereinanderfahren – das schlaucht. – Guide Ferdy

Auch die Tempohärte wird hier einer harten Prüfung unterzogen, aber nicht allein wegen der Topographie: Ferdy ist in Hochform, weil er jeden freien Tag in den letzten Wochen damit verbrachte, vor Ort an den letzten Streckendetails zu feilen und dafür praktisch die gesamte Strecke nochmal abfuhr. Noch fitter aber ist seine Nichte Liv Wenzel, die uns auf der Tour begleitet. Die Neunzehnjährige ist offen, ziemlich nett und vor allem aber komplett austrainert: Ein paar Bike-Längen vor uns tänzelt sie noch mühelos auf ihrem Fully über den schmalen, mit Steinen und Felsbrocken übersäten Trail, wo Ferdy und ich längst an unsere Grenzen stoßen. Was wenig verwundert, schließlich ist sie Rennradprofi im luxemburgischen UCI-Continental-Team “Hess Cycling”. Im Winter fährt sie Cyclocross-Rennen – aber am liebsten sitzt sie auf dem Mountainbike und dreht rund um ihren Heimatort im Süden Luxemburgs ihre Runden. Dort kennt sie jeden Stein und jede Wurzel. „Ich wollte unbedingt mal die Trails im Norden sehen, von denen Ferdy so oft erzählt.“ Die könnten sich, so Livs Fazit nach drei Tagen, echt sehen lassen.

Livs geheime Passion gehört dem Mountainbiken.Foto: Patrick KunkelLivs geheime Passion gehört dem Mountainbiken.
Es gibt zwar keine episch langen Trails wie in den Alpen, aber ich finde es cool, wenn ich zwischen anspruchsvollen Singletrails immer mal wieder einfach nur pedalieren kann. Außerdem mag ich steile Anstiege. – Liv Wenzel

Und davon hat es hier nun wirklich genug! Ihr Onkel Ferdy pflichtet bei: „Viele kommen nach Luxemburg und denken: Das ist alles platt. Und sie merken schnell, dass sie damit ziemlich daneben liegen.“ Stimmt: Während rund um Luxemburg-Stadt bizarre Sandsteinklippen dominieren, besteht der Ösling vor allem aus tief eingeschnittenen Schieferschichten. Und die wiederum beherbergen viele kurze Anstiege, knackige Rampen und schnelle Abfahrten. Als besonders zäh erweisen sich dabei die Fluss-Trails am Steilufer der Our an Tag drei. Am Grenzfluss zu Deutschland hangeln sich kilometerlang superschmale Trails direkt am Flussufer entlang, garniert mit Felsbrocken und Wurzeltreppen. An einer Stelle ist die Kante derart exponiert, dass ich lieber absteige und trage. Zehn Meter weiter unten gurgelt die Our zwischen scharfkantigen Felsen des Ufers. Jetzt lieber kein Risiko eingehen! Dafür läuft es später, kurz vor Vianden, umso flüssiger: Wir schießen die Schluchtenpfade dahin und wechseln kurz vor Schluss sogar für etliche Kilometer auf die deutsche Seite der Grenze.

An der wilden Topographie haben sich übrigens schon die Nazis die Zähne ausgebissen: Die „Ardennenschlacht” oder „Bataille des Ardennes“, die hier im Winter 1944/1945 vor über fünfundsiebzig Jahren tobte, war eine der letzten Erhebungen des fast besiegten Naziregimes im Zweiten Weltkrieg. Den Kampf um die Hügel der Ardennen verloren sie gegen die Alliierten, aber Spuren der Kämpfe und der deutschen Besatzer sind bis heute überall in der Region zu sehen: Etwa ein zusammengezimmerter Unterstand in einer Steilwand mitten im Wald in der Nähe des Esch-Stausees, den uns Ferdy am Tag zuvor gezeigt hatte. Hier versteckten sich Luxemburger Jugendliche für über ein Jahr und auch im Winter, um der Zwangsrekutierung durch die Wehrmacht zu entgehen. Obwohl die Sonne scheint, fröstelt uns. Aber die düsteren Gedanken lassen wir zurück. Denn kaum liegt der traurige Ort hinter uns, geht es erstmal wieder bergauf. Und dann wieder bergab. Warm wird es dabei ganz automatisch. Typisch Luxemburg eben. So kann es gerne weitergehen!

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