Insel-Rennen in KroatienKurz aber knackig

Henri Lesewitz

 · 11.02.2016

Insel-Rennen in Kroatien: Kurz aber knackigFoto: Henri Lesewitz
Insel-Rennen in Kroatien: Kurz aber knackig

Das 4 Islands-Etappenrennen in Kroatien verspricht Rennatmosphäre und Urlaubsgefühl. BIKE-Reporter Henri Lesewitz ist mitgefahren. Hier seine Etappen-Beschreibungen.

Vier Tage, vier Inseln: Das neue 4 Islands-Rennen in der berühmten Kvarner Bucht im Norden Kroatiens verknüpft kompromissloses Marathon-Erlebnis mit Entspannungsurlaub. Doch hoppla, keine Etappe ist länger als 70 Kilometer. Die Tagessteigungen summieren sich auf maximal 1600 Höhenmeter. Das soll ein kompromissloser Etappen-Marathon sein? "Oh ja!", weiß BIKE-Reporter und Langstrecken-Spezialist Henri Lesewitz, der bei der 4 Islands-Premiere zusammen mit seinem Team-Partner Hagen Grube am Start war. Hier seine ausführliche Beschreibung der Strecke.

Extrem auf Kante: Die Rennstrecke entblöste die Fähigkeiten der Teilnehmer, verwöhnteaber immer wieder mit kurvenreichen Steilküsten-Trails.
Foto: Henri Lesewitz

1.Etappe: Insel Krk – 68 Kilometer / 1488 Höhenmeter

Henri: "Beim Blick auf die Streckendaten hatte ich mir ehrlich gesagt überlegt, ob ich Riegel und Flasche nicht einfach auf dem Hotel-Boot lasse. Zweieinhalb, allerhöchstens drei Stunden, so dachte ich, dann würden wir leicht angeschwitzt ins Tagesziel rauschen. Zum Glück habe ich mich von den Warnungen der Locals weichkochen lassen und dann doch einigen Verpflegungskram eingesteckt. Der Startort Baška liegt idyllisch am Meer. Zur Zeit des Rennens ist in dem Touristen-Paradies noch tote Hose. Und so wurde das Feld aus 200 Startern über die hübsche, menschenleere Hafenpromenade ins Rennen geschickt. Direkt vom Ort weg ging es in einen Teeranstieg, wo sich das Feld sogleich auseinanderzog. Gut so, denn nach drei Kilometern ging es in einen schmalen, steinigen, aber gut fahrbaren Singletrail, der auf ein etwa 600 Meter hoch gelegenes Plateau führte. Eine spektakuläre Mondlandschaft! Kein Baum. Kein Grashalm. Nur scharfkantige, spitze Knochenbrecher-Steine, die bedrohlich aus dem Boden ragen. Und inmitten des Nichts ein Pavillon. Die erste Verpflegung? Nein! Ein völlig absurd wirkender Info-Stand von Event-Sponsor Husqvarna, an dem doch allen Ernstes Rasentrimmer ausgestellt sind! Auf einem Felsplateau ohne Gewächs. Ein Akt von Ironie? Steinfräsen wären besser! Hui, wie einem das Blut in den Adern gefriert, wenn man nur dran denkt, hier aus dem Sattel zu fliegen. Zum Glück geht das Geholper bald in eine ruppige, aber weitaus sanftere Schotterpiste über. Ein paar Kilometer Vollgas, dann geht es runter zur ersten Verpflegung, die aber eisern ignoriert wird, denn noch hat man nicht viel trinken müssen. Der nun folgende Asphaltanstieg ist steil und bringt einen zu einem üblen, verblockten Fels-Trail, der denen der Gardasee-Region in nichts nachsteht. Die Handgelenke schmerzen fies, doch sie können sich auf einigen Asphaltkilometern gut erholen. Es geht hoch, es geht runter. Die Beine fangen langsam an zu glühen. Da fährt man völlig unvermittelt in den letzten, langen Teufelsanstieg hinein, der erst supersteil auf Asphalt und dann über tiefen Schotter über die letzte Kuppe führt. Die Flasche ist längst leergesogen, eine zweite Flasche wäre jetzt eigentlich dringend nötig. Die zehn finalen Kilometer liegt die Kette rechts. Zielbogen, Zuschauerapplaus. Fast viereinhalb Stunden! Ja, exakt so fühlt sich Marathonfahren an! Jetzt ab auf das Sonnendeck. Kaltgetränk, Käffchen und definitiv auch ein Stück Kuchen. Erholung ist dringend nötig. Bin selbst ganz überrascht! Wer Bock hat, könnte sich ja noch die berühmte Tafel von Baška mit den ältesten glagolitischen Schriftzeichen angucken. Jaja, Kultur gibt es auch auf Krk. Nicht nur Berge!"

  Steil, steinig und steil: Die Etappe auf Krk verlangte den Fahrern alles ab.Foto: Henri Lesewitz
Steil, steinig und steil: Die Etappe auf Krk verlangte den Fahrern alles ab.

2. Etappe: Insel Rab – 65 Kilometer / 1100 Höhenmeter

"Was der Shuttle-Bus bei anderen Veranstaltungen, ist die Fähre beim 4 Islands-Rennen. Der Start direkt vom Schiff ist da nur konsequent, schließlich wollen die Medien auch schöne, plakative Bilder. Die aufgeregten Spitzenfahrer peitschen in feinster Endspurt-Manier los. Der erste Anstieg ist kurz, aber ziemich ruppig vom Untergrund her. Schieben, fluchen, keuchen. Nach 200 Meter hat sich das Feld angenehm auseinandergezogen. Mit straffer Kette über ein kahles Hochplateau. Dann durch die historische Altstadt von Rab hin zum wunderschönen, betonierten Küstentrail, der im munteren Auf und Ab zur ersten Verpflegung führt. Hier beginnt ein schier endloses Gedrücke auf breiten Schotterwegen, unterbrochen von kurzen Singletrail-Passagen. Das Gefühl gleicht dem eines deutschen Mittelgebirgs-Marathons. Doch nach der zweiten Verpflegung ist Schluss mit dem Schotterweg-Geballere. Es geht steil bergauf und zackig bergab. Nun ein extrem heftiger, wahnsinnig grob geschotterter Trail auf einen Bergrücken, der schließlich als ausgesetzter, herrlicher Panorama-Weg zurück zur Küste führt. Noch ein paar schnelle Sägeblatt-Kilometer. Dann huscht man schon unter dem Zielbogen durch. Im Restaurant nebenan gibt es für die Finisher Gratis-Nudeln. Mit Meerblick. Ach, wie schön kann doch ein Marathon-Tag sein."

  Nah am Wasser: Die Etappe auf Rab startete direkt von der Fähre, um 65 Kilometer am Strand neben dem Hafen zu enden.Foto: Henri Lesewitz
Nah am Wasser: Die Etappe auf Rab startete direkt von der Fähre, um 65 Kilometer am Strand neben dem Hafen zu enden.

3.Etappe: Insel Cres – 70 Kilometer / 1500 Höhenmeter

"Hätte ich auch nie gedacht, dass ich vor einer 1500-Höhenmeter-Etappe einmal nervös sein würde. Die einheimischen Starter raunen, es sei die Königsetappe. Die Königsetappen bei anderen Rennen haben normalerweise mindestens 3000 Höhenmeter. Na, schauen wir mal. Zwei Gel-Tütchen als eiserne Reserve nehme ich aber lieber mal mit. Und hossa! Das geht ja direkt zackig hoch! Sitze tief über den Lenker gebeugt ganz vorne auf der Sattelspitze und versuche, gegen das Aufbäumen des Vorderrades anzuarbeiten. Alle fahren im kleinsten Ritzel, manche fallen einfach zur Seite hin um, viele schieben. Doch schon nach etwa zwei Kilometern ist die Schinderei vorbei und es geht auf einem kniffligen, aber okay zu fahrenden Fels-Trail wieder bergab. Es folgt ein herrliches, ausgedehntes Intermezzo aus Kurven, niedlichen Anstiegen und kurzen Abfahrten, bei dem die Federgabel kaum noch hinterherkommt mit dem Wegpuffern von Steinen und Schotter. Rasches Durchhetzen einer urbanen Zone, hinter der ein längerer, relativ breiter, aber ziemlich grob geschotterter Panorama-Höhenweg beginnt. Das Biest entpuppt sich als erbarmungsloser Kraftsauger. "Aua, aua!", vermelden die geplagten Beine. Nach schier endlosen Kilometern geht es runter. Das einsame, ohne jegliche Publikumswirkung an der Asphaltstraße bergab plazierte Husqvarna -Banner lässt endgültig Fragen am PR-Konzept der Firma aufkommen. Egal, hurtig die Flaschen auffüllen an der Verpflegungsstation und rein in ein Ensemble aus krass steilen Rampen. Ein flowiger Weg durch einen märchenhaften Tannenwald. Ein garstiger, verblockter Höhenpfad. Kilometerlanges Auf und Ab. Wieder ein Trail. Dann erreicht man auch schon wieder eine Verpflegungsstelle. Anhalten ist nicht unbedingt nötig. Denn die letzten zehn Kilometer sind höhenmeterarm, allerdings reichlich verblockt. Der Zielort Osor begeistert mit engen, historischen Gassen und einem Restaurant direkt hinter dem Zielbogen. Eine Wahnsinns-Etappe!"

  Trails im Nebel: Mystische Atmosphäre auf Cres.Foto: Henri Lesewitz
Trails im Nebel: Mystische Atmosphäre auf Cres.

4.Etappe: Insel Lošinj – 60 Kilometer / 1000 Höhenmeter (eigentlich)

"Regenwolken! Graue, miesepetrige Regenwolken! So etwas ist nie gut bei einem Marathon. Ganz besonders nicht, wenn beim Briefing auch so schon vor dem felsigen, rutschigen Untergrund gewarnt wurde. Ach herrje! Das kann ja was werden. Doch Glück gehabt. Der Veranstalter hat sich entschlossen, die kniffligen Passagen zu streichen. Zu gefährlich bei Regen. So bleiben nur etwa 50 Kilometer und 600 Höhenmeter, die zu fahren sind. Rennfahrer wissen, was das bedeutet: Vollgas! Und so ist es auch. Mit einer Mischung aus Wettkampf-Übereifer und Schlussetappen-Euphorie prescht die Meute los. Asphaltwellen, Trails, Schotterwege. Dann geht es nach der ersten Verpflegungsstelle hinein in einen erstklassigen Cross-Country-Kurs, der sich zum Teil mit Anliegerkurven eine Bergflanke entlang windet. Der Puls nagelt, die Finger lauern am Bremshebel. Ein paar heikle, sauglatte Tiefenmeter werfen so manchen Heißsporn in die Botanik. Der kilometerlange, betonierte Trail entlang der Küste ist das reinste Vergnügen. Ein, zwei Asphaltkilometer, dann wieder rein in schroffes Geläuf. Dann der finale Kringel über fahrtechnisch anspruchsvolle, regenglatte Singletrail-Abschnitte. Im Startort Mali Lošinj steht auch der Zielbogen. Woah, ist die letzte Kurve rutschig. Ein übermotiviert endspurtender Finisher schlittert in den Außenbereich eines Restaurants, als hätte sich Blitzeis in der letzten Kurve gebildet. Das war schon gut, dass die Strecke verkürzt wurde. Die Beine fühlen sich auch so wunderbar ausgewrungen an."

  Verkürzt, aber trotzdem knackig: Das Finale auf der Insel Lošinj wurde im Regen zur Schlingerpartie.Foto: Henri Lesewitz
Verkürzt, aber trotzdem knackig: Das Finale auf der Insel Lošinj wurde im Regen zur Schlingerpartie.

Fazit zur Strecke des 4 Islands-Etappenrennen

Einen besseren Mix kann eine Rennstrecke kaum bieten. Fahrtechnik, Kondition, Leidensfähigkeit, alles wird von der Strecke abverlangt. Die Organisation ist top. Die Verpflegungsstellen sind bestens platziert. Ein Etappenrennen, das im nächsten Jahr sicher regen Zulauf hat. Die Austragungszeit im April macht es für ambitionierte Fahrer als Vorbereitungsrennen interessant. Doch auch weniger sportive Biker haben ihren Spaß, ohne täglich an ihre körperlichen Grenzen zu stoßen. Untrainierten Bikern und Anfängern empfehlen wir das Rennen allerdings nicht. Das 4 Islands ist deutlich härter, als es die puren Streckendaten vermuten lassen. Und ja, Urlaubsgefühle kommen trotz der anspruchsvollen Routenführung reichlich auf. Besonders dann, wenn man sich für die Vollservice-Variante mit Übernachtung auf dem Hotel-Boot entscheidet.

  Die Route des 4-Island-Rennen 2015: Man schippert per Boot von Insel zu Insel, wo einzelne Etappen gefahren werden.Foto: Veranstalter
Die Route des 4-Island-Rennen 2015: Man schippert per Boot von Insel zu Insel, wo einzelne Etappen gefahren werden.

Infos zum 4 Island-Rennen in Kroatien


Das 4 Island-Rennen ist neu, das Inselhüpfen jedoch nicht. Seit Jahren lassen sich Mountainbiker mit Fähren und Hotel-Booten in der Kvarner Bucht von Insel zu Insel bringen. Ein Urlaubs-Konzept, das sich geradezu anbietet. Denn jede Insel hat ihren eigenen Charakter. Die Idee, das Inselhüpfen im Rennmodus durchzuführen, stammt von einem Eventmanager aus Südafrika, der den Trip vor zwei Jahren als Urlaub gebucht hatte. Zusammen mit der lokalen Agentur Adria Bike entwickelte er das Konzept. Nach der gelungenen Premiere steht nun der Termin für 2016 fest: 13. bis 16. April.


Der Modus Das 4 Islands ist ein Team-Rennen wie die BIKE Transalp. Auch die Wertungen sind ähnlich: Männer (nach Alterklassen), Mixed und Damen.


Die Inseln Mit Krk, Rab, Cres sowie Losinj führt die Strecke über die touristischen Highlights der Kvarner Bucht. Die Etappen vereinen alles, was Biken ausmacht: Knackige Anstiege, schnelle Schotter-Passagen, ruppige Trails sowie sagenhaft schöne Panoramen.


Boot Die Firma Inselhüpfen bietet das Vollverwöhn-Programm. Die Fahrer logieren auf einem Hotel-Boot, das neben einem gemütlichen Restaurant sogar über einen Bike-Raum verfügt. Das Komplettpaket inklusive Vollpension und Startgebühr beginnt bei etwa 700 Euro. Es stehen verschiedene Boote zur Auswahl. Infos zum Rennen, zum Gebiet sowie zu den Bootsübernachtungen: www.inselhuepfen.de


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