Sabine Greber
· 05.12.2018
2545 Meter hoch erhebt sich der Markinele aus dem Pustertal. Mit traumhaften Ausblicken, Mahnmalen des ersten Weltkriegs und Sahne-Trails kann diese Tour punkten. Zweiter Akku empfehlenswert!
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Viel Spaß beim Nachfahren!
Hört man Pustertal, denkt man an die Dolomiten. Doch davon kann man sich zu Beginn der Tour am Markinkele erst mal verabschieden. Man findet sich in einer schattigen Talkerbe, auf der einen Seite Wald, auf der anderen Almwiesenbuckel. Aber genau das gefällt mir an diesem Trail: Das Beste kommt zum Schluss.
Doch der Reihe nach. Die Tour ist Etappe des legendären Stoneman-Trails und mit 1434 Höhenmetern Anstieg ohne Wechsel-Akku eine echte Herausforderung. Daher checke ich noch mal mein Bike – volle Batterie und behutsames Akku-Management sind heute Pflicht.
In Toblach schwingen wir uns auf die Bikes, starten vorsichtshalber im ressourcenschonenden Eco-Modus. Über Asphalt, dann auf Schotter, geht es bergauf bis zur Silvesterkapelle. Von dort weiter auf einer Militärstraße aus dem Ersten Weltkrieg. Die fordert mit ihren wechselnden, teils extremen Steigungen, fiesen Löchern und groben Felsbrocken vollen Einsatz – und saugt gierig am Akku: Das erste Akku-Lämpchen ist bereits erloschen.
Meine ganze Konzentration gilt dem anspruchsvollen Geläuf, deshalb merke ich erst, als ich kurz stehen bleibe, dass sich die Landschaft verändert hat. Das Hochpustertal bietet uns einen phantastischen Ausblick auf die imposanten Wände der Sextener Dolomiten. Umringt von dunklen Wolkenfetzen erinnern sie heute an das Fabelreich Mordor. Es fällt mir schwer, mich wieder auf die Schotterpiste zu konzentrieren. Gut die Hälfte noch – und das zweite Akku-Lämpchen blinkt bereits.
Endlich, von Weitem sehen wir den Stoneman-Checkpoint. Ich schiele auf die Akku-Anzeige: puh, ein Lämpchen noch – das sollte eigentlich reichen. Wir kurbeln die letzten Höhenmeter bis zur Stempelstelle knapp unterhalb des Markinkele-Gipfels. Ein bisschen weiter noch, dann zweigt unsere Trail-Variante ab. Eine kurze Verschnaufpause, eine kleine Stärkung, die Szenerie lässt uns die Anstrengung schnell vergessen. Ruinen alter Militärunterkünfte, die riesigen Dolomitenwände und ein Teil der österreichischen Gletscherwelt um uns. Voll motiviert starten wir in den Trail. Gleich am Anfang ein dickes Schneefeld – mitten im Sommer, ich bleibe stecken. "Guter Start", murre ich, während ich versuche, den Schnee aus meinen Schuhen zu bekommen.
Weiter geht’s. Anspruchsvolles Gelände, loses Geröll, schmaler Trail. Die Wege sind komplett naturbelassen, im felsigen, etwas ausgesetzten Gelände muss ich meine Geschwindigkeit etwas drosseln, bis ich es in den nun flowigen Wiesen-Trails wieder laufen lassen kann. Spitzkehren und anliegerähnliche Kurven wechseln sich ab, auch als Genuss-Biker hat man hier Spaß. Durch Wiesen und vorbei an kleinen Seen, noch immer die magische Kulisse vor Augen, schlängelt sich der Pfad bergab.
Jetzt wird es technisch. Der Trail verlangt meine ganze Aufmerksamkeit. Manche Spitzkehre ist so eng, dass man das Hinterrad umsetzen muss. Vom Wasser ausgewaschen, ziehen sich jetzt kleine Rinnen durch die Wiesen, und ich muss mich konzentrieren, eine fahrbare Linie zu finden. Endlich geht der Trail in einen breiteren Forstweg über. Die Verschnaufpause tut gut, erst jetzt merke ich, dass ich ganz schön erledigt bin. Gerade als ich mich frage, wie lange wir noch auf dem Schotter bleiben, biegen wir wieder in den Wald ein. Zum Abschluss gibt es noch mal etwas für meine Kragenweite – genau die richtige Mischung aus Spaß und Technik. Das Finale der Tour führt über Wurzeln, durch enge Kurven und Anlieger ins Tal zurück. Zufrieden rollen wir über Innichen, den Drauradweg entlang zurück nach Toblach. Die Felstürme aus Herr der Ringe sind hinter den Wiesenbuckeln verschwunden, statt Märchen-Trails lärmt die Bundesstraße in einer schattigen Talkerbe. Die Realität kommt abrupt.
Willkommen im Pustertal.