Text: Jérôme Clementz
Schon als Enduro-Profi durfte er für die World Series um die Welt jetten und die spannendsten Trails kennenlernen. Heute ist der Franzose mit und ohne E-Motor als Bike-Explorer unterwegs. Gern auch in den heimatlichen Gefilden der französischen Westalpen. Seine Credo: Ein Trail muss keine rekordverdächtige Länge haben, er muss unterhalten. Mit kreativer Linienführung, mit natürlichen oder eingebauten Spielelementen, die nicht bremsen, sondern Schwung geben und das Ganze am besten noch in großartiger Landschaft. Wir haben Jérôme nach seinen 5 Endurotrail-Favoriten innerhalb Europas gefragt und seine Auswahl stand nach 10 Minuten bereits felsenfest.
Canazei / Dolomiten
Auf diesem Trail erschlägt einen zuerst das Panorama: Auf einer Ridgeline stiert man direkt auf die unglaubliche Kulisse von Sassolungo und Sella zu, dann schlägt der Pfad erste, flowige Kurven in der Almwiese. Hier muss man noch nicht an den Hebeln ziehen, die Kehren sind Bremsen und Schwunggeber zugleich. Doch mit der Waldgrenze kippt auch das Gelände plötzlich steil ins Tal ab und es geht ordentlich zur Sache: Wurzeln, Stufen und Switchbacks verlangen jetzt nach rechtzeitigen, beherzten Manövern. Der Spaß dauert bis nach Canazei hinunter an. Echtes Kino!
Verbier / Schweiz
1764 sehr abwechslungsreiche Tiefenmeter, aber im Fokus steht immer viel Flow. Das Tolle an dieser Trail-Runde auf der ruhigen Seite des Val de Bagnes: Bergauf kann man entweder selbst kurbeln, einen Teil mit dem in der Schweiz typischen Postauto (900 hm) zurücklegen, oder auch in den Lift bis fast nach oben steigen. Der absolute Geheimtipp aber ist eine Übernachtung oben auf der Cabane du Col de Mille. Sternenhimmel und Sonnenaufgang sind hier oben ein episches Erlebnis.
Santa Coloma / Spanien
Santa Coloma de Farners, etwa eine Autostunde nördlich von Barcelona, ist DER Enduro-Hotspot. Steigung und Gefälle der Trails lassen sich perfekt kurbeln und ich kenne keinen anderen Spot in Europa, mit solch einem speziellen Felsuntergrund. Der Dragon Khan ist dazu voll mit kleinen Features, die einen durchgehend beschäftigen. Nichts Wildes, aber Kreativität in der Linienwahl ist durchgehend gefragt. Na ja, und dann warten da natürlich abends die spanischen Tapas-Bars. Da könnte ich mich stundenlang durchfuttern.
Madeira / Portugal
Madeira gehört definitiv zu meinen Top-Spots, es ist nur schwer, sich auf einen Trail festzulegen. Aber wenn ich muss, entscheide ich mich für den Buxo-Trail im Süden der Insel. Der ist 3,5 Kilometer lang und auf seinen 650 Tiefenmetern kann man das Gas richtig stehen lassen. Dann macht er am meisten Spaß. Oben bietet er eine Wahnsinns-Aussicht, dann fliegt man durch einen Eukalyptuswald und orientiert sich entlang der typischen Levadas bis ins Tal. Mehr Fun geht eigentlich nicht.
Queyras / Frankreich
Dieser Trail befindet sich in den französischen Westalpen in der Region Queyras, südöstlich von Briancon. Ein alter Steig, der sich die Südseite des Col de la Crèche hinunter wickelt. Fünf Kilometer lang. Aber ich mag schon den Zickzack-Anstieg zum 2273 Meter hohen Pass hinauf. Oben empfangen ein aussichtsreiches Plateau und der Einstieg in diesen Trail, der zwar nicht speziell für Biker angelegt wurde, aber trotzdem mit perfekten Kurvenradien bespaßt. Bremsen ist auch hier nur sehr dosiert nötig.