Sissi Pärsch
· 11.02.2018
Der Vinschgau ist eine sichere Sonnenbank: Die Bike-Saison hat neun Monate, ist reich an Trails. Also, ab in das Land, in dem nicht nur Äpfel vorzüglich gedeihen, sondern auch die E-MTB-Leidenschaft.
Die GPS-Daten zu den drei E-MTB-Touren im Vinschgau finden Sie unten im Downloard-Bereich.
"Martin und ich, wir wären eigentlich Busenfreunde – wäre da nicht der Größenunterschied", sagt Kurt Resch, 173 Zentimeter, über die Beziehung zu dem 2-Meter-Mann neben ihm. Der trägt den Namen Martin Pirhofer und den Ruf einer Mountainbike-Größe – und das nicht nur dank seiner körperlichen Erscheinung. Piri, wie er meist genannt wird, war eine der treibenden Kräfte im Vinschgau, als es um die Etablierung von MTB-Trails ging. Außerdem ist er einer, der niemals um eine Antwort verlegen ist, und so überlässt er seinem Kollegen nicht das letzte Wort: "Kurt, der halbe Meter ist bei meinem Hängebusen kein Problem."
Dass die beiden Männer keine Zwillinge sind, das sieht man. Dass sie allerdings im Geiste eng verbunden sind, erkennt man bald, wenn man mit ihnen auf Tour geht. Beide sind um die 50 Jahre alt. Beide sind Bike-Hoteliers in Südtirol. Und bei beiden kommt der starke Verdacht auf, dass sie in erster Linie ein Hotel führen, um eine Legitimation für die tägliche Bike-Ausfahrt zu haben. Beide nicken. "Wir haben im Winter ein paar Wochen geschlossen, und das ist die schlimmste Zeit des Jahres für mich", sagt Martin. "Schrecklich!", schüttelt Kurt den Kopf. Bei ihm ist es genauso.
Kurt Resch ist in Steinegg unweit von Bozen zu Hause und gerade ein paar Tage zu Besuch in Latsch im Vinschgau. Was die Busenfreunde zusammengebracht und -geschweißt hat, ist zum einen ihr Rad-Fanatismus. Zum anderen aber auch ihr Antrieb als Bike-Vorkämpfer in Südtirol. Das dichte Trail-Netz, das links wie rechts die Vinschger Hänge durchzieht, hat Piri in den letzten 15 Jahren entscheidend mitgeprägt. Vor allem, dass hier harmonisch zweigleisig gefahren und gewandert wird.
"Im Grunde ist es eine Kommunikationssache", meint er. "Wir dachten uns damals: Bevor das Biken verboten wird, muss ein Wegekonzept her, das ein Nebeneinander ermöglicht." Das Ergebnis war die Trail-Toleranz-Beschilderung, die inzwischen in ganz Südtirol (und darüber hinaus) Schule gemacht hat: An engen Stellen wurden Ausweich-Trails angelegt und natürlich auch Strecken, die ausschließlich Wanderern bzw. Bikern vorbehalten sind. Für die Pflege der Wege rund um Latsch sind die Profis der Traildoctors beauftragt worden.
Ein MTB-Paradies also. Da könnte man doch getrost in den Genießer-Modus schalten und ein geruhsames Biker-Dasein führen? Für Herrn Pirhofer keine Option. Wenn er eine Sache nicht kann, dann stillstehen. Gut also, dass da diese neue, spannende Sache anrollte und ihn packte – und zwar so richtig: Der große Mann aus Latsch ist inzwischen fanatischer E-Mountainbiker. Ebenso wie sein Busenfreund Kurt, der Filigrantechniker: "Was in den letzten Jahren an Entwicklung passiert ist, das ist einfach enorm. Mit Nabenmotor hatte man noch keine Chance, technisch zu fahren. Heute macht es uphill wie downhill unfassbar viel Spaß." Piri nickt: "Es ist gewaltig, was passiert ist, aber es wird noch gewaltig mehr passieren. Das muss es auch. Ich will bei meinen Gästen nur noch Vier-Kolben-Bremsen sehen. Oder einen höheren Motorstand für mehr Freiraum bei kniffligen Uphill-Passagen, wenn es über Wurzel oder Steine geht."
Das bringt uns zum Thema Trails und zur Frage, warum der Vinschgau eine ideale E-MTB-Destination ist. Das Tal, das sich vom Reschensee über 80 Kilometer hinunter nach Meran erstreckt, ist eine sichere Sonnenbank: Niederschlagswert in Schlanders im Jahr 2016: 543 Millimeter. In Palermo: 740 Millimeter. Piri ist überzeugt, das müsse an den Menschen liegen, die der Herrgott – aus gutem Grund – besonders lieb habe. Die Meteorologen hingegen meinen, es müsse an der Insellage des Vinschgaus liegen, umringt von mächtigen Gebirgszügen, die wie Türsteher aufragen und den Wolken den Zugang verweigern.
So ist das Tal arm an Niederschlag und zugleich reich an Trails. Letzteres liegt nun tatsächlich an den Menschen. Die Vinschgauer waren schon immer gute Wegbereiter. Da wären die alten Schmugglerpfade hoch in den Bergen zur Schweiz oder die noch viel älteren Waalwege entlang der Bewässerungskanäle. Oder die Strecken durch den Wald, auf denen die Bauern ihr Holz den Hang hinuntergezogen haben. "Wir haben nach diesen Pfaden gesucht, sie wieder freigelegt und fürs Biken reaktiviert", erzählt Piri.
Während in anderen Regionen fleißig Flow-Trails geshaped werden, sind die Strecken im Vinschgau größtenteils natürlichen Ursprungs. Viele von ihnen genießen inzwischen Legendenstatus: Tibet- und Goldsee-Trail am Stilfser Joch, Monte Sole und Tschilli auf der Sonnenseite von Latsch, oder Propain und Holy Hansen um Schlanders. Sie reichen vom hochalpinen Spektakel 2500 Höhenmeter hinab bis in die warmen Gusto-Regionen und stehen allesamt auf der Bucket-List von Freeride-liebenden Bikern. In ihrem Schatten finden sich aber noch zig andere Pfade, die sich mal flauschig soft, mal technisch ruppig durch die Hänge schlängeln.
Und all das Material steht dem E-MTBler zur Verfügung – "und noch viel mehr", sagt Piri. Warum er das E-MTB im Vinschgau fördern will, hat nämlich noch einen anderen Grund: Er will das Shuttlen reduzieren. Im Vinschgau gibt es kaum Liftunterstützung. Die unverbaute Landschaft tut dem Auge gut, und Touren-Fahrer sind im Himmel, doch die, meint Piri, nehmen deutlich ab. "Die Kraftbolzen, die Höhenmeter sammeln wollen, werden immer weniger. Wir sind selbst schuld. Wie viele schotterfahrende Traditionalisten haben wir zu Trail-Liebhabern bekehrt?! Inzwischen geht’s viel mehr ums Bergab. 500 Höhenmeter reichen, aber Tiefenmeter können es nicht genug sein." Also shuttlet man.
"Unser Ziel ist es, 20 Prozent der Leute weg vom Shuttle aufs E-MTB zu bringen und generell alles zu entzerren. E-MTBler können Strecken fahren, die man mit dem Bike niemals angeht." So, wie die Annaberg-Runde auf der Sonnenseite des Tals, die wir gerade vor uns haben. "Das ist so eine Tour, die du mit dem Bike niemals fährst." Warum? "Wirst schon sehen", sagt Piri und grinst. Kurze Zeit später sehen wir es: Wir blicken in eine Wand von Anstieg, einem brutalen Stich von 23 Prozent. Kein Wunder, dass wir keiner Biker-Seele begegnen. Ohne Unterstützung drohen hier die Schenkel zu platzen. Als Alternative führt außen herum eine Asphaltstraße – mit dem E-MTB haben wir auf der steilen Schotter- und Trail-Variante Freude am Fahren. Wir treten direttissima die wunderschönen Hänge hinauf, kommen ins Schwitzen und beim Blick in die Weite des Tals ins Schwärmen.
Aber die Freude am Fahren und am Schauen spitzt sich einige Zeit später beim Bergab noch zu. Im oberen Teil präsentiert sich der Tschilli-Trail noch als ruppig-rauer Rodeo-Ritt. Doch langsam lässt das Rütteln und Schütteln nach, und es wird chilliger. Und als wir schließlich aus dem Wald zirkeln, breiten sich vor uns die Annaberger Böden aus. Der Trail wiegt sich durch die Postkarten-Idylle der weichen Almwiesen. Es muss einfach sein: Wir halten an, um die Szenerie aufzusaugen. Was sind die Uphill-Optionen, um in diesen Genuss zu kommen? Shuttle, Seilbahn (nur vor 8.30 Uhr und ab 15 Uhr), Biker-Schweiß teils auf Asphalt – oder E-MTB-Touren-Spaß.
"Das ist es eben", betont Piri. "Mit dem E-MTB kommst du in Ecken, wo du sonst nicht fährst – oder du entdeckst Touren wieder, die in der Zwischenzeit vom Biker-Radar verschwunden sind." Nach einer Pause ergänzt er: "Bei uns liegen die Hütten recht hoch. Die Marzoner Alm ist zum Beispiel super schön, die Trails von dort perfekt, aber es sind halt von Latsch doch 1000 Höhenmeter. Meine Gäste wollten das kaum noch fahren. Jetzt treten wir die Runde mit dem E-MTB inklusive der kleinen Freiberger Mahd Alm und einem genialen Trail dazwischen."
Kurt grinst. "Ich fahre wieder Strecken, die ich vor 20 Jahren gefahren bin, wo ich noch jung und hochmotiviert war." Noch motivierter? Wir runzeln die Stirn. Kurt ist technisch wie körperlich eine Maschine. Aber Piri haut natürlich in die Kerbe, die sein Busenfreund für ihn so schön ausgebreitet hat: "Ja, schaut ihn euch an. Für ihn war das E-MTB die letzte Chance." Er grinst wie ein 2-Meter-Spitzbub, sitzt schnell auf und zieht noch schneller davon. Der kleinere Spitzbub zögert nicht lang und heizt hinterher. Die zwei Bike-Pioniere im E-MTB-Rausch.
Diese Touren finden Sie im Vinschgau Revier-Guide (GPS-Daten):
1. Göflaner Schartl (44,7 km, 2439 hm, 4,5-5 Stunden, 2x500 Wh-Akku)
2. Zweialmen-Tour (29,3 km, 1380 hm, 3 Stunden,/ 1x500 Wh-Akku)
3. Annaberg-Runde mit Tschilli-Trail (18 km, 811 hm, 1,5-2 Stunden, 1x500 Wh-Akku)
Außerdem gibt es noch Infos zu drei weiteren Traum-Touren in Südtirol:
1. Masarè-Tour Eggental (48 km, 1810 hm, 4 Stunden, 2x500 Wh-Akku)
2. Speikboden im Tauferer Ahrntal (50 km, 2300 hm, 4-5 Stunden, 2x500 Wh-Akku)
3. Markinkele im Hochpustertal (33 km, 1350 hm, 2,5-3 Stunden, 1x500 Wh-Akku
DREI TOUREN IM VINSCHGAU
1. Schartlkamm-Tour
Tour-Daten
Distanz 44,7 km
Bergauf 2439 hm
Pfad 12,2 km
Fahrzeit 4,5–5 h
Technik
Fahrtechnik schwer
Kondition schwer
Akku 2 x 500 Wh
Die Schartlkamm-Tour ist ein abwechslungsreiches Trail-Abenteuer für alle, die technisch versiert sind und eine gute Kondition mitbringen. Zunächst geht es mit dem Shuttle von Latsch in das Martelltal zum Premstlhof auf 1520 Metern. Gleich zum Auftakt geht es steil zur Sache, bis zum Radundhof zunächst auf Asphalt und dann nicht minder stramm auf dem Forstweg Saugwies. Über 700 Höhenmeter tritt man bergan – inklusive einiger kurzer Schiebepassagen – bis zur ersten Lawinenverbauung unterhalb dem Göflaner Schartl. Wer bisher seinem Motor gedankt hat, muss jetzt besonders Schweiß lassen: Das E-MTB muss geschultert werden. Trittsicher sollte man sein für den (z. T. mit Seil gesicherten) Weg Nummer 3 bis zum Schartl. Nach ca. 20 Minuten, auf knapp 2400 Metern, bekommt man dafür dann ein Prachtpanorama serviert – und einen schier endlosen (technischen) Trail-Traum bis ins Tal. Über den Kamm geht es rockig über Granit-Gestein Richtung Haslhof und weiter zum ersten Abzweig, dem Kreuzjöchl. Etwas weiter führt rechts der Weg Nummer 1 zum Holy Hansen. Die junge Trail-Legende hält eine 7-Kilometer-Flow-Fahrt parat, gewürzt mit kniffligen Passagen, Kehren und Stufen. Über den nicht minder spaßigen Aigen-Trail geht es weiter bis nach Morter und nach einem kurzen finalen Anstieg via der Burgruinen Ober- und Unter-Montani lässig zurück bis nach Latsch.
2. Zweialmen-Tour
Tour-Daten
Distanz 29,3 km
Bergauf 1380 hm
Pfad 5,6 km
Fahrzeit 3 h
Technik
Fahrtechnik mittel
Kondition mittel
Akku 1 x 500 Wh
Von Latsch geht es entspannt am Campingplatz vorbei und auf einem schmalen Karrenweg bergauf. So landet man rasch auf einem der wunderschönen, sanften Waalwege (auf Wanderer achten). Sie werden von den Rentnern des Ortes in Stand gehalten und liebevoll gehegt und gepflegt. Man kommt nach Tartsch und fährt ein Stück ins Dorf ab, bevor es auf Schotter konstant in Serpentinen durch den Wald bergan geht. Nach etwa 1100 Höhenmetern zweigt man links ab zur kleinen, urigen Freiberger-Mahd-Hütte, die auf einer weiten, offenen Wiese liegt. Bei Hüttenwirt Walter gibt es einfache, gute Küche. Auf einem spaßigen Trail geht es weiter, bis man wieder auf die Schotterstraße stößt, die zur Marzoner Alm führt – der Ladestopp für Fahrer und Gefährt (Ladegerät nicht vergessen). Die Marzoner Alm ist in ein Blumenmeer gehüllt und für ihre ausgezeichnete Küche bekannt (sodass auch viele Einheimische zum Essen kommen). Bergab geht es direkt unterhalb der Alm durch ein Gatter auf einen schönen Trail, der nur wenige ruppige Passagen hat. Er kreuzt immer wieder die Schotterstraße, ist aber gut ausgeschildert. Schließlich landet man auf Asphalt und hat die Wahl, in den einfacheren Lupo-Trail oder den anspruchsvolleren Fontana-Trail einzusteigen. Der Fontana ist teilweise mit Stufen und engen Kurven durchsetzt, für technische Fahrer allerdings ein großer Spaß.
3. Annaberg-Runde mit Tschilli-Trail
Tour-Daten
Distanz 18 km
Bergauf 811 hm
Trail 4,4 km
Fahrzeit 1,5-2 h
Technik
Fahrtechnik mittel
Kondition leicht
Akku 1 x 500 Wh
Von Latsch rollt man idyllisch am Wasser entlang, bis man in Goldrain auf die andere Bergseite wechselt: auf die Sonnenseite des Tals. Durch Apfelplantagen pedaliert man zunächst auf Asphalt, dann auf Schotter bergan. Schon bevor man Schloss Annenberg erreicht, stellen sich ein paar Rampen in den Weg – und das spitzt sich zu. Richtig zackig steile Stiche mit bis zu 23 Prozent machen die Tour für Mountainbiker unattraktiv – für das E-MTB sind sie gerade richtig. Wer sich fordern will, kann die Oberschenkel im Eco-Modus zur Maximalspannung bringen. Dann taucht man in einen duftenden Wald ein. Er übersät den Boden mit seinen soften Nadeln, die leise unter den Rädern knistern. Man sieht nun links und rechts immer wieder Aus- und Einstiege der Trails, die hier den Hang durchziehen. Vor dem Ratschillhof (dem Namensgeber des Tschilli-Trails) geht der Weg kurz in Asphalt über. Hier sollte man unbedingt einkehren: Wirtin Heidi serviert mit großem Strahlen ebenso große, sehr leckere Portionen, von Pasta über zig Knödel-Variationen bis hin zu Kaiserschmarrn. Nun kann man direkt vom Hof in den Tschilli-Trail einsteigen. Dieser Teil ist allerdings extrem ruppig und verblockt. Wer diesen anspruchsvollen Abschnitt umgehen mag, tritt auf der Straße kurz retour und nimmt dort den alternativen Einstieg, der zunächst auch technisch, aber machbar beginnt. Wer nur auf Flow-Genuss aus ist, steigt stattdessen erst eine Kurve unterhalb ein. Ab hier bietet der Tschilli dann Fahrspaß vom Feinsten. Zunächst schlängelt er sich sanft durch den Wald, bevor man über die offenen Wiesen der Annaberger Böden schießt. Auch wenn man es auf diesem perfekten Trail einfach nur laufen lassen will – man muss sich auch mal ausbremsen und diese grandiose Aussicht aufsaugen. Keine Sorge: Es wartet noch ausreichend Top-Tschilli-Trail-Material bis ins Tal.
VINSCHGAU INFOS
Gusto im Tal: Adam und Eva hatten es nett in Eden? Mag sein, aber im Vinschgau gibt’s zu Sonne und Apfel noch satt Trails, Crema, Almen und Hochprozentiges – und die Schlange höchstens vor der Eisdiele.
Anreise mit dem Auto
Aus Deutschland über die Brenner-Autobahn bis Bozen-Süd und weiter über Meran. Oder alternativ über Landeck und den Reschenpass.
Mit dem ICE gelangt man nach Bozen und von dort problemlos mit der Vinschgerbahn ins Tal (www.bahn.de und www.vinschgauerbahn.it)
Beste Reisezeit
Mit dem schwächelnden Winter kann man beim Vinschgau fast von einer Ganzjahres-Destination sprechen. Definitiv lässt es sich vom frühen März bis tief in den November hervorragend biken. Was das Klima so milde stimmt: Ötztaler Alpen, Texelgruppe und Ortler-Massiv schirmen das Tal von Schlechtwetterfronten ab.
Unterkunft
• Der Jagdhof von Martin "Piri" Pirhofer liegt in Latsch und bietet neben Leih-E-MTBs und Guiding auch hervorragendes Essen. www.jagdhof.com
• Die Apartments der "Kuntrawant-Brüder" in Prad sind lässig modern eingerichtet und komplett ausgestattet. www.johann.it
• Weitere auf (E-)Mountainbiker spezialisierte Hotels finden sich unter www.bikehotels.it und www.bike-holidays.com
• Alle Unterkünfte und generelle Informationen zum Vinschgau unter www.vinschgau.net
Hütten
Auf den zahlreichen Hütten im Vinschgau ist der kulinarische Anspruch generell sehr hoch – so auch auf den Almen, die auf den hier beschriebenen Touren liegen: Ratschillhof, Freiberger Mahd und Marzoner Alm.
TRAUM-TOUREN IN SÜDTIROL
Sagen wir, wie es ist: Südtirol ist ein einziges Spektakel. Malerische Städtchen in gewaltiger Bergkulisse, dazu zig Burgen und die schönsten Seen der Alpen. Und in dieser Szenerie präsentieren drei Locals ihre Lieblings-E-MTB-Touren.
1. Masarè-Tour Eggental
Tour-Daten
Distanz 48 km
Bergauf 1810 hm
Fahrzeit 4 h
Technik
Fahrtechnik schwer
Kondition hoch
Akku 2 x 500 Wh
Auf dieser Tour kann das E-MTB all seine Vorteile ausspielen. Von Steinegg startet man harmlos auf Asphalt und Schotter, aber bald geht es auf einem anspruchsvollen Wurzel-Trail bergauf. Man kann ihn umfahren, aber für mich liegt genau darin der E-MTB-Reiz. Der Trail ist perfekt, um zu entdecken, was bergauf mit Unterstützung möglich ist.
Wer sich technisch weiterentwickeln will, kann hier einen richtigen Schub machen. Ich will aber niemanden abschrecken. Wer möchte, weicht einfach aus, fährt easy bergauf und genießt früher den Wahnsinnsblick am Nigerpass auf Schlern und Rosengarten. Unterhalb von ihm quert man auf einem Genuss-Trail. Zur Masaré-Hütte geht es auf einer betonierten Rampe mit 25-prozentiger Steigung hinauf. Ohne Unterstützung eigentlich nicht fahrbar, aber mit E-MTB zieht man souverän hoch. Die Hütte liegt wunderschön frei, direkt unter dem Rosengarten. Die Lage ist aber nicht der einzige Grund, warum man hier einkehren sollte. Sie ist auch ein wichtiger Tankstopp: für den Akku (Ladegerät nicht vergessen) und den Fahrer. Das Essen ist wirklich ausgezeichnet, speziell die (süßen) Knödel. Außerdem ist die Wirtin sehr nett.
Bergab geht es erst auf einem steilen Trail, bevor man auf dem angelegten Carezza-Trail landet, der einem bis nach Welschnofen lässigen Flow bietet. Und auch zurück zum Ausgangspunkt gibt es noch mal viel Trail-Anteil.
Kurt Resch, Bike-Hotelier Steineggerhof:
Der 51-Jährige mag Uphill-Spitzkehren und Hüttenein-kehren. Seine Heimat Eggental hat beides ausreichend. Auf der Masaré-Tour schulte er schon den Alpenverein Südtirol und die italienische DH-Meisterin Veronica Widmann in Sachen E-MTB.
2. Speikboden im Tauferer Ahrntal
Tour-Daten
Distanz 50 km
Bergauf 2300 hm
Fahrzeit 4–5 h
Technik
Fahrtechnik schwer
Kondition mittel
Akku 2 x 500 Wh
Das klingt jetzt nach einem harten Selbsturteil, aber ich war immer ein wenig hinten dran. Zumindest, wenn es um Bike-Entwicklungen ging. Immer ein wenig konservativ, immer ein wenig retro. Ich habe noch ewig auf einem Hardtail gesessen … Beim E-MTB hatte ich auch so meine Vorurteile, aber ich guide viel, bin grundsätzlich ein neugieriger Mensch und will natürlich auch sehen, was sich für und mit meinen Gästen entwickeln lässt. Und dann hat es mich gepackt, wie so viele andere auch.
Eine der schönsten Touren in der Kronplatz-Region nimmt mit dem E-MTB noch mal eine andere Dimension an. Sie führt von unserer Haustür in Gais auf Trails zum Speikboden im Tauferer Ahrntal. Hier nehmen die Biker meist die Seilbahn, aber mit dem E-MTB fährt man natürlich. Von der Bergstation geht es in diversen Varianten weitere 400 Höhenmeter bergauf. Mit Motor schindet man seine Beine an den steilen Passagen deutlich weniger, und auch die schmalen Wege sind für gute Uphiller größtenteils fahrbar. Ein paar kurze Schiebepassage bleiben einem jedoch bei keiner Variante erspart.
Wer’s wirklich wissen (und einkehren) will, der schwitzt sich bis zur Sonnklarhütte hoch. Von hier geht es auf einem mit Steinplatten gepflasterten Weg auf den Gipfel des Sonnklar-Nock mit seinem gewaltigen 360-Grad-Blick und weiter an mannshohen Steinmännchen vorbei in Richtung Süden. Hier ist der Trail anfangs kurz recht anspruchsvoll (bis zu S3), danach aber super flowig (maximal S2). An einer Gabelung geht es dann abwechslungsreich, im steten Auf und Ab, zur Pietersteiner Alm und auf einem Forstweg zur Weizgruberalm. Kulinarisch kann man hier endlos sündigen. Mein Highlight: Speckknödel mit Pfifferlingsoße. Die Abfahrt bis nach Mühlen verläuft zu 90 Prozent auf Trails. Man hat die Wahl zwischen Weg 28a, der feinste technische Herausforderungen parat hält oder der flowigeren Variante über Weg 28b. Wer in Mühlwald noch nicht müde ist, kann die Straße gegen den Wanderweg unterm Klettergarten und über die Burg Sand in Taufers eintauschen. Lohnt sich allemal.
Agnes Innerhofer, Chefin Bike-Hotel Innerhofer:
Hat mit ihrer Zwillingsschwester Edith vor zwei Jahrzehnten das elterliche Hotel als Bike-Betrieb ausgerichtet und führt seitdem ihre Gäste täglich in die Berge – immer mit strahlendem Gesicht und immer öfter mit E-MTB.
3. Markinkele um Hochpustertal
Tour-Daten
Distanz 33 km
Bergauf 1350 hm
Fahrzeit 2,5–3 h
Technik
Fahrtechnik mittel
Kondition mittel
Akku 1 x 500 Wh
Der Markinkele (2545 m) ist der südlichste Gipfel der Villgratner Berge und eine Etappe des weitum bekannten Stoneman-Trails. Ich war als Kind unzählige Male dort oben. Damals immer zu Fuß mit meinem Opa oder meinem Onkel, da sie hier eine Alm besitzen. Die traumhaften Sonnenuntergänge haben sich fix in meine Erinnerung eingebrannt. Genau wie dieser sensationelle Weitblick mit der Sextner Sonnenuhr, eines der Herzstücke der Dolomiten. Man sieht hinein nach Osttirol, Lienz unten im Tal, Großglockner und Großvenediger am Horizont. Einmal kurz umgedreht, und da steht die Rieserfernergruppe mit ihren rauen, grauen Abstufungen.
Als E-MTB-Runde ist es für mich eine der komplettesten Touren. Ausgangspunkt ist Toblach. Mit Motor kann man getrost der asphaltierten Straße ausweichen und die Abkürzungen nehmen. Der Aufstieg ist zäh, steil und steinig – aber sehr cool gebaut. Man muss dem Militär, das die Wege im Ersten Weltkrieg angelegt hat, schon fast ein Kompliment aussprechen. So schlängelt man sich nach oben bis zum Grenzkamm. Hier sollte man unbedingt noch bis ganz nach oben fahren (oder auch die letzten Meter gehen) und Richtung Norden schauen. Sehr oft sieht man die Gämsen unten auf den Wiesen weiden. Je nach Batteriestand kann man noch links und rechts des Grenzkamms alte, halb zerfallene Militärgebäude anschauen. Hinunter geht es auf einem sehr abwechslungsreichen Singletrail bis zur Steinbergalm: Die Abfahrt ist nicht besonders technisch (S1/S2), und so kann man auch immer wieder ein Auge auf die Landschaft werfen. Für hohen Speed ist die Strecke generell fast zu schade. Und dann kommt ein Punkt, wo die Drei Zinnen auf einmal direkt vor dir stehen. Sensationell! Auf dem Weg zurück zum Ausgangspunkt kann man noch auf der Silvesteralm auf 1800 Metern einkehren.
Harald Wisthaler, Fotograf:
Der Dolomitenmann aus Innichen hat das E-MTB als Fotograf entdeckt und schätzen gelernt: Mit Unterstützung ist der Aufstieg mit schwerem Foto-Equipement endlich keine Qual mehr. Und für Sonnenaufgang-Shootings gewinnt er kostbare Schlafminuten.