Wo es im Sommer zum Biken oft zu heiß ist, die Straßen verstopft, die Restaurants überfüllt und die Shuttles ausgebucht sind, hat man in den Wintermonaten nun freie Fahrt. Selbst die Touristen-Attraktionen von Florenz kann man sich jetzt in Ruhe anschauen. Das sind die Regionen, die sich ganz besonders lohnen:
Es gibt Biker, die fahren nur noch im Winter nach Finale – weil ihnen die klassischen Trails im restlichen Jahr schlichtweg zu voll sind. Jetzt aber kann man schön ausschlafen, warten, bis die Sonne die Bergflanken aufgeheizt hat und genießt die Trails später trotzdem noch für sich allein. Allerdings sind hier im Winter auch die Trail-Crews mit Wartungsarbeiten beschäftigt oder Jäger pirschen durch den Wald. Einzelne Trails können also gesperrt sein. Wer genug Zeit mitbringt, tingelt entlang der Küste weiter bis in die Provence. Hier warten noch Superspots wie Valle Argentina, Esterel-Gebirge, Sospel und die Terres Noires!
Kernige Macchia-Trails in den Gipfeln unbekannter kleiner Inseln, viel Flow in der Maremma und im Hinterland von Punta Ala, geshapte Lines in den Hügeln von Pisa und Florenz, aber auch amtliche Enduro-Lines in den riesigen Buchenwäldern des Monte Amiata. In der Toskana muss man längst kein Trüffelschwein mehr sein, um lohnende Bikespots auszugraben. Sportliche Trails gibt es hier mittlerweile in Hülle und Fülle. Und im Gegensatz zu den oft viel zu heißen Sommertagen, kurbelt es sich im Winter bei gerne mal 14-16 Grad deutlich entspannter zu den Trail-Einstiegen hinauf. Nur die Tage sind jetzt kürzer, aber so bleibt mehr Zeit im Restaurant, wo jetzt Wild, Trüffel und Pilze auf der Karte locken.
Nach Barcelona bucht man doch am besten einfach einen Flug? Der ist günstig zu haben und dauert gerade mal zwei Stunden. Das stimmt. Allerdings beschränkt man sich dann Vorort auf einen relativ kleinen Bewegungsradius und bekommt von den vielen Super-Bikespots im Norden Spaniens gerade mal eine Handvoll mit.
Wir raten daher: sämtlichen Resturlaub zusammen kratzen, Wohnmobil packen und die knapp 1400 Kilometer Anreise in Kauf nehmen. Allein im Dreieck Girona – Tarragona – Valle de Tena (Pyrenäen) tummeln sich 15 Bikeparks, Trailspots und jede Menge Dirtlines, die man der Reihe nach abfeiern kann. So machen es jedenfalls Profis wie Jérôme Clementz (Lieblings-Endurospot Santa Coloma de Farners) und Lukas Knopf (Fan der La Poma-Dirtlines bei Mataró).
Wenn man schon ins Flugzeug steigt, um sich zweistelligen T-Shirt-Temperaturen in die Arme zu stürzen, dann soll es sich aber bitte auch lohnen. Das sind die drei Destinationen mit der maximalen Trail-Ausbeute:
40 Trail-Abfahrten mit insgesamt 200 Kilometern Strecke – so lautet das mögliche Wochenprogramm auf der portugiesischen Atlantikinsel. Ob man das in acht Tagen wirklich schafft, sei mal dahingestellt. Viel wichtiger noch ist es, möglichst viele Vegetationszonen Madeiras zu erleben: Es warten felsig-alpine Steige in den Gipfelregionen, verschlungene Rutschpartien im Dschungel, satte und griffige Passagen im Eukalyptus-Wald, staubige Pfade über steppenartige Hochplateaus und natürlich die langen Lines entlang der typischen Levadas. Ambitionierte melden sich am besten zum Trans-Madeira-Race im Mai an!
Portugals Hauptstadt zündet für Trail- und Kultur-interessierte Biker so manche Wunderkerze: Es gibt einen geführten Nightride auf der Strecke des Urban-Downhill, der seit 1999 in der Stadt ausgetragen wird. Ein wilder Parcours durch Lissabons verwinkelte Altstadtgassen mit unzähligen Treppen, wie man ihn sonst nur aus Südamerika kennt. Außerdem warten ein 300 Meter langer Worldcup-Pumptrack direkt an der Vasco-da-Gama-Brücke, der Monsanto-Hügelwald mit gebauten Lines mitten in der Stadt und die per S-Bahn erreichbare Sierra de Sintra, in der es vor Trails, Burgen und Atlantik-Aussichten nur so wimmelt.
Allein schon die ikonische Abfahrt vom 2426 Meter hohen Roque de los Muchachos bis hinunter zum schwarzen Lavastrand machte die kleine, grüne Atlantikinsel zum Mekka aller winterflüchtigen Mountainbiker. Doch dann: Corona, Vulkanausbruch und die anschließende lange Sperrung des Biker-Hotspots Puerto Naos. Doch nun ist es soweit: Fast alle Unterkünfte, Restaurants und Bikestationen auf La Palmas Westseite haben diesen Winter wieder geöffnet. Und so problematisch der Vulkanausbruch auch war: Er hat doch einiges an Neuland geschaffen, das es nun zu entdecken gibt. Die Bikeguides der Inseln haben die neuen Trail-Möglichkeiten natürlich bereits erkundet und ihr Tourenprogramm angepasst. So bietet Atlantik Cycling künftig nur noch E-MTB-Touren an. Stichwort: neuer Uphillflow auf La Palma!
Es gibt inzwischen einige Bikeparks in Deutschland, die an Winter-Wochenenden öffnen, wenn mal wieder der Schnee ausbleibt. Unser Nachbarland Österreich bietet sogar einen Bikepark, der das ganze Jahr täglich geöffnet hat:
Die größte Streckenauswahl findet man auch im Winter im Bikepark am Geißkopf: Inklusive Kids- und Übungsparcours warten hier 16 Lines jeglicher Schwierigkeitsgrade. Sollten wegen Forst- oder Strecken-Renovierungsarbeiten also mal einzelne Lines gesperrt sein, dann stehen noch genügend Abfahrten zur Auswahl, die von der Sperrung nicht betroffen sind. Unter der Woche steht der Lift meist still. Doch dann schraubt man sich einfach die kurvenintensive und mit Steilpassagen fordernde Uphill-Strecke hoch, die speziell für E-Biker konzipiert wurde (3 km). Auch das Übernachten auf dem Camp-Parkplatz ist im Winter durchgehend möglich, dann allerdings ohne Stromanschluss und Duschen.
Ob der Racepark in Schulenberg im Winter geöffnet hat oder nicht, kann man praktisch selbst bestimmen: Ab 17 verkauften Tagestickets surrt der Schlepplift im Oberharz bei gutem und schneefreiem Wetter los. Oben stehen mittlerweile sechs verschiedene Lines zur Verfügung. Darunter der 1,4 Kilometer lange Downhill für sehr versierte Fahrer, aber mit dem Down(c)hiller inzwischen auch eine recht einfach zu rollende Brechsand-Line. Letztere kann man ohne große Fahrtechnik-Skills einfach abrollen. Doch den speziell angelegten Rhythmuszauber entlockt man dieser Strecke nur mittels aktiver Fahrweise.
Außerdem bietet der Bikepark einen Trailshuttle zu abfahrtslastigen Ausflügen außerhalb des Parks an. Allerdings nur dann, wenn es die großflächigen Forstarbeiten im Harz gerade zulassen.
Mediterrane Luftströme bescheren der Hauptstadt der Steiermark auf der Alpensüdseite meist schneefreie Altstadtgassen. Nur selten verirren sich noch ein paar Flöckchen auf die Gipfel drumherum. Daher stellt die Seilbahn am Schöckl (1445 m) ihre Dienste für Biker das ganze Jahr über zur Verfügung – und zwar täglich. Mitbringen sollte man aber auf jeden Fall gute Fahrtechnik, denn bei den vier längeren Abfahrten handelt es sich um naturbelassene Wald-Trails in recht steil abfallendem Gelände. Nicht umsonst trifft man hier im Winter auch mal einen Worldcup-Downhiller wie Andi Kolb auf der knapp zwei Kilometer langen „Gedscho“ an. Derzeit noch im Bau, aber bis zum kommenden Frühjahr wohl fahrbereit: Eine 2,6 Kilometer lange, mittelschwere Endurostrecke Richtung Johann-Waller-Hütte.