Land der Parks und Gärten2 Touren-Tipps für einen Radurlaub im Ammerland

Sven Bremer

 · 22.01.2025

Entspanntes Radeln mit Meerblick. So lautet die Devise im Ammerland. Wie zum Beispiel auf diesem Teil des Rundwegs beim Jagdhaus Eiden
Im Ammerland haben sie sich einst die Ostfriesenwitze ausgedacht. Wer mit dem Rad rund um das Zwischenahner Meer an der Grenze zu Ostfriesland unterwegs ist, der wird in einer norddeutschen Bilderbuch-Landschaft auf bestens ausgeschilderten Themenrouten ebenfalls seinen Spaß haben.

Irgendwann wollte Frank Bullerdiek es dann doch genau wissen. Also hat er sich eine mit Solar betriebene Fahrrad-Zählmaschine besorgt und sie unweit des Jagdhauses Eiden am Zwischenahner Meer aufgestellt. Das Gerät tat zuverlässig seinen Dienst, selbst wenn die Sonne nicht schien, und Bullerdiek weiß nun, was er immer schon wissen wollte: Wie viele Radfahrer nämlich tagein, tagaus auf dem Rundweg um das Meer so unterwegs sind. In der Hochsaison, und die ist im Ammerland wenn die Rhododendren in den zahlreichen Parks und Gärten erblühen, waren das schon mal bis zu 1.000 Radler. Also grob, wenn man die die eher mauen Monate mit einkalkuliert, sind das pro Jahr eine viertel Million Radler.

Bei Frank Bullerdiek war es nicht alleine die pure Neugier, sondern sein Job, der ihn zu dieser Maßnahme mit dieser Radzählstation veranlasst hat. Er ist nämlich der Chef von Ammerland-Touristik, selbst begeisterter Radfahrer und maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass es Radlern in dieser norddeutschen Bilderbuch-Landschaft an möglichst nichts mangelt. Gleich an Oldenburg vorbei in Richtung Ostfriesland und den Niederlanden liegt das Zwischenahner Meer, das natürlich in Wirklichkeit ein Binnensee ist, gerne auch als die „Perle des Ammerlands“ bezeichnet wird und eine der beliebtesten Ecken in Norddeutschland für ausgedehnte Tagestouren oder kleinere Radreisen ist.

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Seerunde und Smoortaal

Nach dem Beispiel der Niederländer haben sie im Ammerland entlang ihrer zahlreichen und insgesamt gut 700 km langen Themenrouten das Knotenpunkt-System, eingeführt. Idiotensicher ist das, man hangelt sich immer von einem Knotenpunkt zum nächsten. „Das ist schon fast eine Kunst, sich da zu verfahren“, sagte Frank Bullerdiek, „zumal man sich selbstverständlich auf der Website von Ammerland-Touristik auch die Daten für alle Ammerland-Radtouren herunterladen kann.“ Und wer zwischendurch Wissenswertes zu Land und Leuten, zu Flora und Fauna erfahren möchte oder einfach nur den nächsten Gasthof sucht, der macht das mit dem Handy über die QR-Codes an den Knotenpunkten.

Bestens ausgeschildert sind die Radrouten im Ammerland. Man muss einfach nur den Punkten folgen.Foto: Sven BremerBestens ausgeschildert sind die Radrouten im Ammerland. Man muss einfach nur den Punkten folgen.

Jörg Kramer aus Berlin, den wir am Fährkroog in Dreibergen treffen, kommt seit Jahren hierher, einmal im Frühjahr, einmal im Frühsommer und einmal im Herbst. „Es ist ja nicht so, dass es rund um Berlin an Seen mangelt“, sagt er, „aber was die Infrastruktur für Radler angeht, da könnten sie sich bei den Ammerländern so einiges abschauen.“ Längst hat er bei seinen Urlauben in Bad Zwischenahn so seine Rituale entwickelt: Vorm Frühstück eine Runde ums Meer radeln, mal rechts rum, mal links rum, immer einmal reinspringen, egal wie kalt oder warm, Brötchen holen und beim Frühstück überlegen, welche Radtour es denn heute mal sein soll. Und jeden zweiten Abend isst er einen „Smoortaal“ im historischen Gasthaus Spieker. Der Rekord soll angeblich bei 16 Aalen an einem Abend liegen, aber das ist echt schon abartig. Selbst Kramers drei bis vier Aale in der Woche sind noch gewagt. Denn die zweifelsohne vorzüglichen Räucheraale, die hier „Smoortaal“ heißen, sind eine verdammt fette Angelegenheit. Da müsste man morgens schon mehrfach um den See radeln, um sich die Kalorien wieder abzustrampeln. Den Verdauungsschnaps trinken sie im Ammerland übrigens traditionell aus Zinnlöffeln, begleitet von einem plattdeutschen Trinkritual, und die fettigen Hände wäscht man sich auch gleich mit einem klaren Schnaps ab.

Rund um das Zwischenahner Meer ist es ähnlich platt wie im angrenzenden Ostfriesland, man sagt auch hier zu jeder Tages- und Nachtzeit „Moin“. Aber – und da legen sie Wert drauf - die Ammerländer sind keine Ostfriesen. Sonst hätten Ammerländer Gymnasiasten aus Westerstede wohl kaum in den 1960er-Jahren die Ostfriesenwitze erfunden und ihre geografischen Nachbarn als eine „Spezies von exemplarischer Begriffsstutzigkeit und kerniger Stupidität“ bezeichnet.



Farbenrausch und Fahrradautobahn

In Ostfriesland heißt es ja bekanntlich, dass man morgens schon sieht, wer abends zu Besuch kommt. Das haut in der abwechslungsreichen Parklandschaft Ammerland nicht hin, dazu stehen dann doch zu viele Bäume im Weg. Auf historischen Kirchwegen rollt man durch Wälder, dann wieder vorbei an schaurig schönen Mooren, an sattgrünen Weiden, die nicht selten von den hier so typischen und traditionellen Wallhecken begrenzt werden. Sorgsam und liebevoll restaurierte Windmühlen, zumeist Galerieholländer, liegen am Wegesrand, reetgedeckte Bauernhäuser aus rotem Backstein säumen die oft schnurgeradeaus verlaufenden Straßen.

Schurgerade und weitgehend autofrei: die Fahrradstraße von Bad Zwischenahn in Richtung Oldenburg.Foto: Sven BremerSchurgerade und weitgehend autofrei: die Fahrradstraße von Bad Zwischenahn in Richtung Oldenburg.

Eine davon haben sie zu einer Art Fahrradautobahn gemacht, von Bad Zwischenahn in Richtung Oldenburg haben Autos auf mehr als zehn Kilometer nichts mehr verloren. Und immer wieder rollt man im Ammerland vorbei an einer der rund 300 Baumschulen, staunt über die kunstvoll gestutzten Bäume und Büsche und erfreut sich im späten Frühjahr bis frühen Sommer an den prächtig blühenden Rhododendren. „Das ist schon ein Farbenrausch“, sagt Jörg Kramer, „aber zur Blütezeit ist hier auch echt der Bär los.“ Er mag’s genau so gern, wenn sich das Laub im Herbst rund ums Meer bunt färbt. Dann hat er hat mehr Platz auf seiner morgendlichen Runde und die Fahrrad-Zählmaschine hat auch deutlich weniger zu tun.

Infos & Tipps für eine Radreise im Ammerland

Anreise

Auto: Bad Zwischenahn erreicht man via Oldenburg über die A 28, Abfahrt 9 Neuenkruge oder Abfahrt 8 Zwischenahner Meer. Aus dem Ruhrgebiet beispielsweise braucht man rund drei Stunden, die Anreise aus Berlin dauert gut fünf Stunden.
Bahn: Bad Zwischenahn ist bestens ans DB-Netz angeschlossen. Man erreicht den Kurort entweder mit dem Intercity Richtung Norddeich Mole, mit den Regionalbahnen der DB oder mit der Nordwestbahn.
Infos: www.bahn.de / www.nordwestbahn.de

Sehenswert

Von April bis Oktober eines jeden Jahres öffnet der 14 Hektar große Park der Gärten im Zwischenahner Ortsteil Rostrup seine Pforten. Am meisten lohnt der Besuch natürlich, wenn die mehr als 2.000 Arten und Sorten im Rhododendronpark im Park der Gärten in allen erdenklichen Farben erblühen, www.park-der.gaerten.de.

Für Garten-Fans und Blumenliebhaber bietet sich ein Besuch des Ammerlands zur Rhododendronblüte an.Foto: Ammerland TouristikFür Garten-Fans und Blumenliebhaber bietet sich ein Besuch des Ammerlands zur Rhododendronblüte an.

Ebenfalls einen Besuch wert sind der Rhododendronpark Hobbie (www.hobbie-rhodo.de) bei Westerstede und der Rhododendronpark der Familie Bruns in Gristede (www.bruns.de/rhododendronpark-gristede/) zwischen Bad Zwischenahn und Wiefelstede.

Die Nordseeküste ist nur ein paar Pedalumdrehungen entfernt. Am schnellsten ist man in der Künstlerkolonie Dangast am Jadebusen. Dort gibt es im Alten Kurhaus den wohl besten Rhabarberkuchen ganz Norddeutschlands, https://kurhausdangast.de

Wer Lust auf einen Stadtbummel und Shopping in der ältesten Fußgängerzone Deutschlands hat, der macht einen Abstecher ins nahegelegene Oldenburg.

Unterkünfte

Hansens Hotel am Meer: Auf dem Hohen Ufer 25, www.hausammeer.de
Bad Zwischenahn ist ein teures Pflaster. DZ ab ca. 220 Euro. Fahrräder können sicher in der Tiefgarage abgestellt, E-Bikes aufgeladen werden.

Eine günstigere Alternative (DZ ab ca. 100 Euro) ist das Parkhotel Bad Zwischenahn, www.parkhotel-bad-zwischenahn.com

Essen und Trinken

Die Spezialität schlechthin ist der Ammerländer “Smoortaal”, also feinster Räucheraal. Am besten genießt man ihn mit reichlich Schwarzbrot im Traditions-Gasthof Spieker in einem alten Ammerländer Bauernhaus, www.spieker-gaststaette.de

Im Spieker gibt es in historischem Ambiente regionale Köstlichkeiten vor allem den Ammerländer „Smoortaal“Foto: Sven BremerIm Spieker gibt es in historischem Ambiente regionale Köstlichkeiten vor allem den Ammerländer „Smoortaal“

Ebenfalls als Delikatesse gilt der über Buchenholz geräucherte und mindestens sechs Monate gereifte Ammerländer Schinken. Wer einen Räucheraal mit nach Hause nehmen möchte, der wird in der Aalräucherei Bruns (Peterstraße 9) fündig. Den leckeren Schinken gibt es in der Ammerländer Schinkendiele (In der Horst 1 a)

Unsere Tipps

Wer seinen Radurlaub im Ammerland mit einem kulinarischen Erlebnis verbinden möchte – und bereit ist, dafür eine Stange Geld auszugeben – der ist im Restaurant Apicius im Hotel Jagdhaus Eiden am See genau richtig. Seit 2017 wurde der Gourmettempel am Zwischenahner Meer Jahr für Jahr mit einem der begehrten Michelin-Sterne ausgezeichnet. www.jagdhaus-eiden.de

Fahrradservice

In Bad Zwischenahn gibt es mehrere Radverleiher. Alles Wissenswerte dazu findet man auf den Websites der Ammerländer bzw. der Bad Zwischenahner Touristiker. Bei der Ausleihe eines E-Bikes muss man mit 25 bis 30 Euro pro Tag rechnen, bei einer Mietdauer von einer Woche kommt man auf 100 bis 140 Euro, je nach Anbieter. Hollandfahrräder sind schon ab 10 Euro pro Tag bzw. für etwas mehr als 50 Euro pro Wochen zu haben. Vor Ort gibt es mehrere kostenlose und kostenpflichtige E-Bike-Ladestationen. BIKES by Reins, Lange Str. 29, www.reins-bikes.de

Karten

Kartenmaterial findet man in der Tourist-Information Bad Zwischenahn oder bestellt es online bei der Ammerland Touristik. Das Radwanderset Ammerland (Maßstab 1:35.000) mit Tourenbeschreibungen kostet 7,90 Euro, die Radwanderkarte Ammerland (Maßstab 1:60.000) schlägt mit 3,90 Euro zu Buche.

Entspanntes Radeln mit Meerblick. So lautet die Devise im Ammerland. Wie zum Beispiel auf diesem Teil des Rundwegs beim Jagdhaus EidenFoto: Sven BremerEntspanntes Radeln mit Meerblick. So lautet die Devise im Ammerland. Wie zum Beispiel auf diesem Teil des Rundwegs beim Jagdhaus Eiden

Zwei Tourentipps im Ammerland

Tour 1: Meerweg und Fahrrad-Autobahn

37,5 km, 70 hm, max. Steigung 1 %
Oberfläche: Gut 20 km Asphalt auf Fahrradwegen und ruhigen Nebenstraßen, ca. 11 km auf zumeist gut befahrbarem festen Schotter

Von Bad Zwischenahn startet man auf dem idyllischen Meerweg linksherum in Richtung Dreibergen. Nicht selten führt der Weg, den sich Radler und Spaziergänger zumeist teilen, über extra angelegte Bohlenwege (Vorsicht, bei Nässe extrem glatt). Bei Aschhausen verlässt man den See, rollt ab Kayhausen entlang der Bahnstrecke, ehe man hinter dem Woldsee bei Petersfehn auf die neue elf km lange und 10 Millionen Euro teure Fahrradstraße gelangt, die Bad Zwischenahn und Oldenburg verbindet. Im April 2024 eröffnet, ist der motorisierte Durchgangsverkehr verboten, hier ist man als Radler der König.

Die GPS-Daten zur Tour 1 zum Download finden Sie im DK-Tourenportal:

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Tour 2: Meer und Moor

44,3 km, 80 hm, max. Steigung 1 %
Oberfläche: Ungefähr zur Hälfte Asphalt, ansonsten bei normalem Wetter gut gefahrbare Naturwege, nur wenn es extrem viel geregnet hat, etwas matschig

Diese Tour startet man rechts herum ums Meer, also entlang des östlichen Ufers. Hinter Dreibergen führt die Route vorbei an einigen der traditionellen Ammerländer Baumschulen mit ihren bizarr geformten Zierpflanzen und weiter auf dem idyllischen Gießelhorster Kirchweg hinein nach Westerstede. Nach Kaffee und Kuchen im Garten des Hotels Altes Stadthaus führt dir Route weiter über den historischen Torsholter Kirchweg, quasi eine unbefestigte Allee, ehe man hinter Howiek durchs gar nicht so schaurige Fintlandsmoor und Dänikhorster Moor rollt und schließlich abseits der Hauptstraßen zurück nach Bad Zwischenahn gelangt.

Die GPS-Daten zur Tour 2 zum Download finden Sie im DK-Tourenportal:

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ALLGEMEINE INFO

Ammerland Touristik, Ammerlandallee 12, 26655 Westerstede, Tel. 04488 563000, www.ammerland-touristik.de

Bad Zwischenahn: Touristik-Service am Meer, Auf dem Hohen Ufer 24, 26160 Bad Zwischenahn, Tel. 04403 619159, www.bad-zwischenahn-touristik.de

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