Kanada-FeelingMTB Trails an der Isar

Stefan Loibl

 · 05.02.2017

Kanada-Feeling: MTB Trails an der IsarFoto: Markus Greber
Kanada-Feeling: MTB Trails an der Isar

Die Isar ist Münchens größter Outdoor-Spielplatz. Dabei quillt sie im hintersten Karwendel so beschaulich aus der Erde. Wir sind der Isar zwei Tage lang gefolgt: vom Ursprung bis München.

Ein Hopser über einen quer liegenden Baumstamm, dann ziemlich verzwickt links um die Kurve. Mit einem Rascheln verschwindet Ludwig hinter dem nächsten Busch. Ich hinterher. Einen Augenblick später schallt ein lang gezogenes "Aaahhh" durch den Wald. Noch bevor ich fragen kann, was los ist, spüre ich am eigenen Leib, warum Ludwig vor mir brüllt wie ein brünstiger Hirsch. Die stachligen Sträucher und Äste, die wuchernd in den Trail hängen, mal­trätieren unsere Unterarme und Schienbeine wie Tätowiernadeln. Das wäre wahrscheinlich alles halb so wild, wenn wir am Vortag an Armen und Gesicht keinen Sonnenbrand kassiert hätten.

Als echte Wahl-Münchner sind wir praktisch jeden Tag mit dem Bike auf den Isar-Trails unterwegs. Allerdings reicht die Feierabendreichweite gerade bis Schäftlarn, dann wird die Uferseite gewechselt und wieder nach Hause pedaliert. Wie wohl die Trails südlich des Brückenwirts weitergehen? Das dachte ich mir jedes Mal am Wendepunkt. Irgendwann probiere ich das aus. So, und irgendwann ist jetzt. Ludwig, Markus und ich haben uns gestern bis ins österreichische Scharnitz shutteln lassen, um endlich mal die Trails von der Isar-Quelle bis nach München abzufahren. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Das hatten wir uns etwas anders vorgestellt. Aber von Beginn an:

Grillen, surfen, biken: Die Isar ist Münchens größter Outdoor-Spielplatz.
Foto: Markus Greber

Vom Tiroler Grenzort Scharnitz kurbeln wir die oberschenkelfreundliche Schotterpiste Richtung Hallerangerhaus hi­nauf. Im Talschluss leuchten die Schneefelder der höchsten Karwendel-Gipfel in der Frühjahrssonne. Elf Kilometer geht’s taleinwärts, doch dann – am Ursprung – keine Spur mehr von Idylle: Ein frisch geschotterter Fußweg samt Schilderwald und Sitzbänken markiert den Touristenmagneten. Leider sprudelt die Isar nicht als kleiner Trinkbrunnen aus dem Fels, sondern blubbert auf 1200 Metern Höhe an mehreren Stellen aus dem Moosboden. Diese vielen kleinen Quellen bündeln sich mit dem Lafatscherbach und strömen dann gemeinsam gen München. Neben den anderen Isar-Pilgern mit ihren Trekkingbikes kommen wir uns mit den breit bereiften Fullys etwas übermotorisiert vor. "Aber bis nach München fährt von denen keiner", sagt Ludwig, während er seine Trinkflasche in eine eiskalte Quellwasserpfütze tunkt. Relativ unspektakulär rollen wir auf der Anfahrtsstrecke wieder talauswärts. Aber der Abstecher zum Ursprung gehört eben dazu. Ehrensache.

Bis nach Mittenwald hinunter stehen uns Karwendel- und Wettersteinmassiv Spalier. Dort wechseln wir die Fluss-Seite und passieren auf beschilderten Wegen Krün und Wallgau. Dann an der Au-Hütte vorbei – und noch immer kein Trail in Sicht. Stattdessen hüllt sich die kleine, türkisfarbene Isar in mächtige Kiesbänke. Am anderen Ufer schlängelt sich jetzt die Mautstraße nach Vorderriß. Im Gasthaus Post bestellen wir uns einen Kuchen und bekommen ihn "mit Liebe", wie die Kellnerin die Portion Sahne bezeichnet. Später lassen wir den karibisch-anmutenden Sylvensteinspeicher hinter uns und treffen kurz vor Lenggries endlich auf den ersten Singletrail. Was für ein Fahrtechnik-Zuckerl zum Feierabend. Auf einer dieser Kiesbänke werden wir nun unser Nachtlager aufschlagen.

Die Nacht unterm Sternenzelt haben wir uns wärmer vorgestellt. Schon in der Dämmerung kriecht die Kälte in unsere Schlafsäcke – später macht sie es sich darin bequem. Erst die Morgensonne schafft es, unsere klamme Biwak-Ausrüstung wieder aufzuheizen. So bleiben wir noch ein bisschen liegen und genießen den Blick über das wilde, verzweigte Flusswasser der Isar, das die Schotterbank unseres Nachtlagers umspült.

Hinter Bad Tölz fließen schließlich die ersten längeren Trail-Abschnitte, die aber auch gern mal im Dickicht enden. Richtiger Fahrfluss, so wie wir ihn als Isar-Biker kennen, stellt sich erst ab der Pupplinger Au bei Geretsried ein. Der Fluss strömt hier bereits flaschengrün dahin und wird bald von Wehren und Kanälen im Zaum gehalten. Als wir Schäftlarn erreichen, sind wir praktisch wieder daheim. Doch diesmal wählen wir nicht unsere Hausrunde, sondern probieren mal ganz neue Pfadabzweige auf den letzten 15 Kilometern. Schließlich führt der Trail hier sogar zweispurig bis in die Stadt – nämlich rechts und links der Isar. An Ronnie’s Kiosk akklimatisieren wir uns mit einem Bier für den Großstadttrubel und halten fest: Der erste Tag war landschaftlich der Hammer, aber rein fahrtechnisch leben wir schon am richtigen Teil der Isar.


INFOS


Die Isar Als viert größter Fluss Bayerns entspringt die Isar im Hinterautal im Karwendel und passiert nach 15 Kilometern hinter Scharnitz die deutsche Grenze. Über Mittenwald und Krün fließt die Isar im sogenannten Isarwinkel an Wallgau und Voderriß vorbei, durch den Sylvensteinspeicher über Lenggries nach Bad Tölz. Im Bereich zwischen Wallgau und Vorderriß und zwischen dem Sylvensteinspeicher und Lenggries ist die Isar noch relativ ursprünglich. Danach passiert die Isar Geretsried und Wolfratshausen, ehe hinter der Pupplinger Au der Isar-Werkkanal abzweigt. Über Grünwald bahnt sich die Isar ihren Weg durchs Zentrum von München. Gegenüber von Deggendorf mündet die Isar nach 290 Kilometern in die Donau. Vor allem im Frühjahr zur Schneeschmelze führt die Isar viel Wasser.


UrsprungLenggries Am ersten Tag stehen Panorama und Naturerlebnis im Vordergrund. Von Scharnitz geht es leicht ansteigend elf Kilometer zum Ursprung ins Hinterautal. Meist kurbelt man auf Schotterwegen neben dem breiten Flussbett entlang. Trails in Flussnähe findet man nur schwer. Der größte Streckenteil befindet sich im Naturschutzgebiet Karwendel. Strecke: 80 Kilometer und 600 Höhenmeter.


Lenggries – München Mehr als 30 Kilometer Trails verbergen sich in den Wäldern zwischen Geretsried und Grünwald – ab Schäftlarn sogar durchgehend auf beiden Uferseiten. Doch viele Abzweiger und Pfade enden auch im Gestrüpp. Zwischen Lenggries und Geretsried bleibt man am besten links der Isar, danach wechselt man die Seite. Vom Ickinger Wehr bis zum Gasthaus Zur Mühle fährt man zwischen Isar und Kanal auf teils sehr verwinkelten und versteckten Pfaden. Strecke: 60 km und 250 Höhenmeter.


Bike Wir empfehlen ein leichtes Fully mit 100–120 mm Federweg – auch mit Hardtail möglich.

  2-Tages-Tour vom Isar-Ursprung nach MünchenFoto: Infochart
2-Tages-Tour vom Isar-Ursprung nach München
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