Morgens die Campertür aufdrücken, Müslischüssel in der Hand und direkt auf die ersten Trail-Anlieger schauen – das bieten nur wenige Campingplätze.
Für BIKE-Praktikant Paul Weinbrenner gibt es nur einen wahren Campingplatz: den Seilbahnparkplatz direkt vor dem Bikepark. Näher am Trail kann man nicht schlafen. Wobei das mit dem Schlafen relativ ist, weil man wegen der Partys der Mitcamper ohnehin nicht dazu kommt. Waschen fällt auch aus, wenn die Schlange an der Dusche lang ist oder die Einrichtung eine halbe Stunde nach Liftschluss schließt. Egal, die vollgeschwitzten Protektoren, der angebrochene Bergkäse und das unlängst ausgelaufene Olivenöl müffeln ja auch.
Wahrscheinlich werden noch ein paar Jahre ins Land ziehen bis Paul beim Campen morgens nicht mehr barfuß auf Asphalt, sondern in taufrischem Gras stehen und sich dabei lieber mit Blick auf den Morteratsch-Gletscher strecken möchte. Für alle, die jetzt schon gerne etwas mehr Luxus hätten, stellen wir auf den folgenden Seiten Campingplätze in Top-Bikespots vor, die in Sachen Panorama, Trail-Nähe, Ausstattung, Flair und sogar Wellness-Anlagen echte Perlen sind.
Dieser Campingplatz ist so was wie ein Freilicht-Wellness-Hotel, eine Luxusunterkunft in der Cabriolet-Version. Eingebettet in eine Seitenkerbe des Pustertals – die Dolomiten mit den Drei Zinnen im Westen, der Trail-Berg Helm im Osten – erwartet Biker hier ein aufregendes Bike-Revier (Foto ganz oben) und ein Schlafplatz mit Baumhäusern plus Fünf-Sterne-Sanitärtempel.
Infos: Neben den Camperstellplätzen gibt es Baumhäuser zu mieten (389 Euro pro Nacht). Außerdem: Kletterhalle, Badelandschaft und Supermarkt
Stellplatzpreise: Tagespreis für 2 Personen ab 40 Euro. Die Luxusversion mit eigenem Badehaus und Whirlpool kostet 175 Euro pro Nacht (6 Pers.). www.caravanparksexten.it
Fußbodenheizung im Sanitärbereich, barrierefreie Hundeduschen und Trinkwasser aus dem Wasserbelebungssystem – da darf man sich zu Recht fragen, ob das noch Camping ist. Man kann diesen Luxus aber auch einfach annehmen und sich gleich noch über die Umgebung drum herum freuen: Der Platz liegt am glasklaren Forggensee mit Blick auf Schloss Neuschwanstein und die Ostallgäuer Alpen dahinter. Letztere beherbergen ein Touren-Netz mit viel Panorama, türkisfarbenen Bergseen, Almpfaden und urigen Hütten zur Einkehr. Rund um die Schlösser muss mit vielen Wandernden gerechnet werden, dahinter hat man freie Bahn.
Infos: Gut gebuchter Fünf-Sterne-Platz direkt am Ufer des Forggensees mit Restaurant, Minimarkt, Wellness und Miet-Bikes.
Stellplatzpreise: Zelt ab 9,50 Euro, WoMo ab 10,50 Euro plus 12 Euro p. P. inkl. Taxe, www.camping-brunnen.de
Vom Campingplatz am Olbersdorfer See sieht Deutschlands kleinstes Mittelgebirge noch recht unscheinbar aus. Doch kurbelt man erst die Forststraßen ins fast 800 Meter hohe Zittauer Gebirge hinauf, sprießen auch schon die Moab-Felsen aus dem Boden. Dann dauert es auch nicht mehr lang, und die Schilder sprechen Tschechisch. Noch näher an Zittau liegt die polnische Grenze entlang der Neiße. Eine Dreiländerrunde ist also ein Muss. Genauso wie nach der Tour der abschließende Sprung in den See. Der Campingplatz wird familiär und mit viel Liebe zum Detail geführt.
Infos: Weitläufiges, flaches Campgelände mit freier Platzwahl, Bäckerei, Sanitärhaus und Kräutergarten.
Stellplatzpreise: Campingmobil ab 7 Euro, Zelt 5,50 Euro, pro Person 7,50 Euro pro Tag. Zur Vermietung stehen auch Campinghütten, Preis: 25 Euro plus 7,50 pro Person und Tag. www.seecamping-zittau.com
Er thront im Talschluss des Val d’Hérens auf 1950 Metern Höhe und ist damit der höchstgelegene Campplatz der Alpen. An seinen Grasterrassen führt die berühmte Haute Route von Zermatt nach Chamonix vorbei, weshalb hier vor allem ernstzunehmende Bergsportler ihre Iso-Matten ausrollen. Mit anderen Worten: Um 20 Uhr werden die Stirnlampen ausgeknipst. Bikern kommt frühes Aufstehen aber entgegen, denn in dieser ruhigen Ecke der Walliser Alpen warten epische Hochgebirgsausfahrten und auch einige hochkarätige Supertrails, wie Der Brasilianer und der Portail de Fully. Zurück zum Camp hilft abends das Postauto.
Infos: Einfach ausgestatteter, kleiner Campingplatz kurz vor dem Bergort Arolla für Zelte und Camper. Service: Waschmaschine, Brotverkauf. Aufgrund der Höhe nur für eine kurze Saison: 15.6.–15.9.
Stellplatzpreise: Kleines Zelt 7,50 Euro, Wohnmobil ab 11 Euro. Zu vermieten: großräumige Cocoon-Zelte für 2–4 Personen ab 94 Euro pro Nacht, www.camping-arolla.com
Die Lage macht diesen Campingplatz so perfekt: Keine zehn Minuten von der Brenner-Autobahn entfernt, tut sich in der Stadt Brixen diese grüne, idyllische Oase mit Pool auf. Zum Frühstücken kann man ins angrenzende Vier-Sterne-Hotel hinüberflanieren, abends in die benachbarte Pizzeria und zum Eisessen zwei Kilometer mit dem Bike auf den historischen Domplatz der Stadt rollen. Dahinter wartet die Seilbahn ins Trail-Paradies an der Plose: mit Bikepark-Lines, die von Kanadiern designt wurden und Paradeaussicht auf die nahen Geislerspitzen. Doch auch andere Dolomiten-Klassiker-Touren liegen nur Tagesausritte entfernt.
Infos: Kleiner Wiesen-Campground mit Pool, Lebensmittelladen, Sanitärbereich, Pizzeria und optionalem Hotel-Service (Frühstück)
Stellplatzpreise: Stellplatz ab 37 Euro inklusive Personengebühren (1–6 Personen) und Brixen-Card, www.loewenhof.it
Die meisten Camper, die wegen der Trails nach Finale kommen, steuern das Finale Freeride Outdoor-Village an. Der Platz liegt zwar neben der Autobahn, ist aber sauber, und die Shuttle-Busse starten hier. Camping Tahiti befindet sich dagegen zentral in Finale Ligure, das erleichtert das abendliche Flanieren im Ort. Außerdem sind die Stellplätze auf den Geländeterrassen größer und verfügen jeweils über ein eigenes Waschbecken. Dazu gibt es eine exzellente Espressobar sowie eine ausgesprochen leckere Holzofenpizza! Ach, und was den Shuttle-Bus betrifft: Da ist man von hier aus locker in zehn Minuten hingeradelt.
Infos: Der 20.000 Quadratmeter große und familiär geführte Platz liegt trotz zentraler Lage ruhig und naturnah. Neben den 90 Stellplätzen gibt es auch Holzbungalows zu mieten.
Stellplatzpreise: Wohnmobil mit zwei Personen ab 33 Euro pro Tag. www.campingtahitifinaleligure.it
Es gibt keinen schöneren Campingplatz für Mountainbiker: Man stellt sein Zelt oder den Campingvan irgendwo in den lichten Arvenwald oder direkt ans Ufer des Montebello-Bachs, blickt auf die weißen Gipfel der Bernina und hört ganz in der Nähe die Wasserfälle rauschen. Nachts zündet man sich ein Lagerfeuer an und schaut in einen makellosen Sternenhimmel. Das klingt nach Kanada und fühlt sich auch so an, denn der Platz liegt auf 1860 Metern, auf halber Höhe zum Berninapass und damit mitten im Oberengadiner Flowcountry-Trail-Netz. Sprich: Hier hat man tagelang zu tun, um alle epischen Pfade durchs Hochgebirge abzusurfen.
Infos: Vier-Sterne-Platz mit Wohnwagen, Holzhaus, Schlaffass und privaten Badezimmern zur Miete. Außerdem Sauna, Restaurant und Shuttlebus nach Pontresina.
Stellplatzpreise: Wohnmobil 16 Euro, Zelt 9 Euro, pro Person 13 Euro. www.camping-morteratsch.ch
Kletterer lieben dieses Fleckchen Ruhe an der Bergwaldgrenze von St. Kassian schon lange, weil sich in direkter Nähe über 200 Kletterrouten durch die Dolomitenwände ziehen. Vielleicht aber auch, weil hier Brunch und Pizza so gut sind. Oder wegen des Natura-Wellness-Zentrums. Lauter Campingannehmlichkeiten, die Bikern natürlich auch gefallen. Vor allem, da die Touren-Kulisse drum herum einiges an Kondition fordert. Der Naturpark Fanes-Sennes-Prags ist landschaftlich zwar kaum zu toppen, wartet aber mit tiefschottrigen Rampen auf.
Infos: Campingplatz auf 1670 Metern Höhe mit Vermietung von Lodges, Hütten und Zimmern. Außerdem: Sauna, Restaurant, Grillplätze, Wasch- und Trockenraum.
Stellplatzpreise: Zelt ab 13 Euro, WoMo ab 18 Euro. www.campingsassdlacia.it
Kein Wohnmobil und auch kein brauchbares Zelt zur Hand? Es gibt inzwischen diverse Angebote, wie man trotzdem außergewöhnlich neben den Trails übernachten kann.
Das Saarland hat unzählige ausgeschilderte Trails zu bieten, aber keine hochalpinen Gipfel. Trotzdem darf man sich nun an der Kante der Saar-Steilhänge wie ein Kletteralpinist fühlen – mit einer Übernachtung in einer frei schwingenden Hängematte mit Blick auf die berühmte Saar-Schleife. Jeden Samstag von Juni bis September in Orscholz mit Grillabend. Preis: 119 Euro. www.cloefhaenger.com
Okay, bei diesem Sunlight-Event braucht man doch einen Camper, um Teil dieser Biker-Gruppe um Oli Dorn und Guido Tschugg zu werden. Aber: Diese Campingvans sind schon da! Nagelneu werden sie in Sölden am Bikepark-Parkplatz für Testübernachtungen zur Verfügung gestellt. Klar, dass man für dieses Event Liebe für Bikepark-Trails und Trinkfestigkeit mitbringen sollte. Termin: 8.–10.7.2022; www.sunlight.de
Holzhäuser auf Stelzen im Wald, Safari-Lodge-Zelte auf der Lichtung: Tirols Landeshauptstadt darf noch ein wenig üben in Sachen Trail-Freigabe, aber bei exotischen Campunterkünften macht ihnen so schnell niemand was vor. Das Fünf-Sterne-Ferienparadies befindet sich am Westufer des Natterer Sees. Mietpreis für Safari-Zelt: ab 119 Euro pro Nacht. Weitere Infos: www.natterersee.com
Der Schwarzwald gilt wegen der Zwei-Meter-Regelung nicht gerade als legales Trail-Paradies. Aber es gibt Ausnahmeregionen. So wie Sasbachwalden mit seiner Schaeffler MTB-Arena zum Beispiel. Hier wird ein feines Trail-Netz gehegt, gepflegt und ausgeschildert, gemeinsame Ausritte organisiert und Bike-Events veranstaltet. Wer will, kann sogar beim Trail-Bau mithelfen. Infos und Termine dazu: www.bikesport-sasbachwalden.de. Und für die Übernachtung kann man sich dazu ein eingerichtetes, 8000 Liter großes Weinfass hoch über der Rheinebene mieten. Infos und Preise: www.schlafen-im-weinfass.de
Offiziell ist das wilde Campen in Deutschland und Europa natürlich verboten. Mit Ausnahme von Skandinavien und den baltischen Staaten, wo das Jedermannsrecht gilt und man mit seinem Camper einfach überall nachts stehen bleiben darf. Was aber in Deutschland immer mehr Regionen anbieten, sind geheime Campspots, die man für 10 Euro buchen und anschließend als GPS-Koordinaten aufs Handy geschickt bekommt. Vor Ort findet man Feuerstelle und ein Toilettenhäuschen vor, Schlafutensilien bringt man selbst mit. www.naturparkschwarzwald.de und www.trekking-pfalz.de