Florentin Vesenbeckh
· 14.07.2019
Raues Gelände, steile Gipfel. Im Karwendel enden Bike-Touren oft dort, wo’s erst richtig spannend wird. Mit Wanderschuhen und -stöcken im Gepäck, bekommt die Tour eine völlig neue Dimension.
Fjordblick am Achensee, traditionsreiche Hütten, saftige Wiesen: Drei Touren für jeden Anspruch.
1 Pleisenspitze: Höhenmeter 800 m Bike + 800 m Hike Zeit 6 h
Wenn er aus dem Krieg zurückkäme, würde er auf seinem Lieblingsberg eine Hütte bauen – und so kam es dann auch. Toni Gaugg, der "Luis Trenker des Karwendels", baute die Pleisenhütte, als er aus der Kriegsgefangenschaft im zweiten Weltkrieg zurückkam. Der zugehörige Gipfel ist als reine Wander-Tour für einen Tag sehr weit, daher als Bike&Hike-Tour perfekt. Ab dem Wanderparkplatz in Scharnitz (970 m) geht es zunächst die Straße, dann die Forststraße hinauf zur Pleisenhütte (1757 m). Ab da über den Pleisengrat auf den Gipfel (2569 m). Pflicht: Spinatknödl auf der Pleisenhütte beim Pleisen-Siggi! Leicht bis mittelschwer.
2 Juifen: Höhenmeter 700 m Bike, 460 m Hike Zeit 5,5 h
Im Winter häufig begangener Skitourengipfel, ist der Juifen (1988 m) im Sommer ob der langweiligen Forststraßen häufig recht einsam. Ab dem Parkplatz in Achenwald (826 m) gegenüber vom Gasthof zum Hagen geht es in weiten Kehren durch lichten Mischwald mit traumhaften Weitblicken zur Rotwandlhütte (1528 m). Ab hier zu Fuß zum Gipfelkreuz. Leicht.
3 Bärenkopf: Höhenmeter 400 m Bike, 530 m Hike Zeit 4 h
Neben der Wirtschaft lohnt hier der Ausblick auf den norwegisch-fjordhaft anmutenden Achensee. Ab Pertisau geht es mäßig steil per Schotterstraße zur Bärenbadalm (1461 m), wo das Rad abgestellt wird. Ab hier in südöstlicher Richtung unschwierig zum Gipfel des Bärenkopfes (1991 m) und auf selbem Weg retour. Alternativen möglich, auch mit Trail-Abfahrt. Leicht.
4 Soiernspitze: Höhenmeter insgesamt 1700 m
Die Soiernspitze ist einer der prominenteren Gipfel im Karwendel, eine mittelschwere Bergwanderung, aber lang: Knapp 1700 Höhenmeter ab Krün sind zu bewältigen, daher ist diese Tour perfekt für einen Bike-and-Hike-Ausflug, genauer gesagt: für eine Kombination aus E-Mountainbike und ganz analogem Wanderschweiß. Denn die Karwendeltäler sind berüchtigt für ihre langen Hatscher, für Nicht-Bayern: für die endlos langen Gehstrecken.
INFO Soiernspitze
Die Fakten
Insgesamt ca. 780 hm und 18 km mit dem Bike, 850 hm wandern und kraxeln. Mittelschwer, insgesamt 8 Stunden.
Die Tour
Der imposante Soiernkessel; der nicht weniger imposante Ausblick vom Gipfel; und der mindestens genauso imposante Kaiserschmarrn auf dem Soiernhaus: Es gibt viele gute Gründe für eine Tour auf diesen Gipfelklassiker im Karwendel! Von Krün aus (865 m) geht es über die Forststraße an der Fischbachalm vorbei bis zur Materialseilbahn des Soiernhauses (1350 m). Ab da zu Fuß, und zwar am besten mit solidem Schuhwerk und Stöcken zur Entlastung der Knie. Für die Einkehr empfiehlt sich der Rückweg über das Soiernhaus, auch wenn das ein paar Extra-Höhenmeter oberhalb des Soiernsees bedeutet. Der Abstieg zu den Rädern erfolgt von dort direkt.
Beste Zeit
Juni bis November, in den nordseitigen Hängen der Soiernspitze hält sich der Schnee recht lange.
Ausgangspunkt
Wanderparkplatz Krün
Bike-Depot
Talstation der Materialseilbahn zum Soiernhaus, evtl. weiter Richtung Soiernhaus
Einkehr
Soiernhaus, 1616 m, Alpenvereinshütte
Karte
Alpenvereinskarte BY10 (Karwendel Nordwest), 1:25000
SICHERHEIT: Das absolut unknackbare Fahrradschloss ist bekanntlich noch nicht erfunden. Aber ein vernünftiges Ketten- oder Kabelschloss stellt den bequemen Rückweg doch einigermaßen zuverlässig sicher. Die Länge sollte bei rund um oder über einem Meter liegen, um das Rad mit dem des Kameraden zusammenzuschließen. Gute Schlösser schaffen das mit einem Gewicht von rund einem Kilogramm.
IMMER DABEI: Erste-Hilfe-Set und Handy für den Notruf sind in den Bergen Pflicht. Regenjacke, Mütze und zumindest eine Wechsellage Wäsche ebenfalls. Arm- und Beinlinge sind häufig leichter und brauchen weniger Platz als komplettes Lang-Outfit. Je anspruchsvoller die Tour wird, desto wichtiger ist ein Rucksack, der eng am Körper anliegt.
FALTSTOCK: Stöcke erleichtern den An- und vor allem den Abstieg. Damit sie beim Radeln nicht stören, empfehlen sich dreiteilige Faltstöcke – und zwar lieber die stabilere als die drei Gramm leichtere Variante.
DONNERWETTER: Wer das E-Mountainbike mit den Wanderschuhen kombiniert, kommt schnell hoch hinaus. Im hochalpinen Gelände können die Verhältnisse ganz anders sein als im Tal. Gewitter, Regen- oder Nebelfeuchte können felsige Pfade gefährlich glitschig machen. Ein Blick in den Wetterbericht, zum Beispiel den des Deutschen Alpenvereins (alpenverein.de), ist vor jeder Tour Pflicht!
DER RICHTIGE SCHUH: Der Hike-Anteil gerade bei längeren Bike-and-Hike-Touren wird häufig unterschätzt. Wichtig ist im alpinen Gelände ein solider, bequemer, rutschsicherer Schuh, je nach Präferenz sogar über den Knöchel. Griffige, also eher weiche Profilsohle und guter Halt sind wichtiger als Klick-Inserts oder ein paar Gramm Gewichtsersparnis.