Jörg Spaniol
· 20.01.2022
Langlebige Teile sind im Radsport selten. Doch was lange hält, schont die Umwelt. Für Chris King ist solide Hardware nur eine Komponente seines Öko-Universums.
Im klitzekleinen Privatmuseum der ohnehin kleinen Komponentenfabrik von Chris King in Portland steht eine abgerockte Drehbank. Für die zahlreichen Fans der Marke dürfte sie eine Art Reliquie sein: Auf ihr drehte der Maschinenbauer Chris King im Jahr 1976 seinen ersten Steuersatz. Und obwohl das Wort "Nachhaltigkeit" damals bestenfalls im Förster-Slang existierte, ging es bei der Geburt des Ur-Lagers um einen wesentlichen Aspekt dieses Themas: die Haltbarkeit. Angesichts des gerade geborenen Mountainbikes und der damit erhöhten Belastungen gingen konventionelle Rennradsteuerlager einfach zu schnell kaputt. Ein guter Steuersatz bindet etwa dasselbe Material wie ein schlechter, doch er lebt um ein Vielfaches länger: eins zu null für die Umwelt.
Die Mischung aus Perfektionismus, Tüftlertum und einem Rest von Hippie-Spirit durchtränkt heute sein gesamtes Unternehmen. So laufen seine nimmermüden Fräsen mit wiederverwendbarem und biologisch abbaubarem Rapsöl. Die Teile werden vor dem Eloxieren aufwändig und mit viel Handarbeit poliert, was die sonst übliche Behandlung mit giftiger Chemie komplett überflüssig macht. Da Aluminium, sein Hauptwerkstoff, extrem energieintensiv gewonnen wird und beim Fräsen 90 Prozent des Materials zu Spänen werden, hat King eine Vorrichtung konstruiert, die das energiearme Recycling der Abfälle erleichtert. Drehspäne recyceln viele, doch bei King Components wird auch das ausgepresste Raps-Schmieröl wiederaufbereitet, das aus den silbernen Pucks läuft. Die Kugellager seiner Tuning-Teile sind nachstell- und abschmierbar und bis auf die zugekauften Kugeln Eigenanfertigung. Der Clou: Für jedes je gefertigte King-Teil, auch wenn es 40 Jahre alt ist, gibt es Ersatzteile.
Kings Perfektionismus endet aber nicht bei der Hardware. Der Mann mit dem grauen Hippiezöpfchen heizt das Gebäude mit der Abwärme der eigenen Maschinen und achtet auch auf die sozialen Auswirkungen seines Wirtschaftens. King kauft seine Rohmaterialien regional, ebenso wie die Zutaten der vegetarischen Betriebskantine. Was – wie beispielsweise der Kaffee – nicht im feuchtkalten Oregon wächst, ist fair gehandelt. Richtig fair ist auch sein Beitrag zur Verkehrswende: Wer mit dem Rad statt mit dem Auto zur Arbeit kommt, isst bei Chris King umsonst.
Chris King: "Das Wichtigste ist es, haltbare Produkte herzustellen. Mein Umweltrat: Kauft verantwortungsbewusst, kauft gute Produkte – und kauft weniger."
Das 18-gängige Getriebe der deutschen Firma Pinion ist ein weiteres Beispiel für extreme Haltbarkeit. Es reifte von der ersten Idee in der Porsche-Getriebeentwicklung bis zur Auslieferung aus dem eigens gegründeten Startup-Unternehmen etwa sechs Jahre lang. Stolze 2,7 Kilo ist das Zentralgetriebe schwer. Sein Übersetzungsumfang liegt mit 636 Prozent deutlich über dem einer 1x12-Kettenschaltung. Bei Mountainbike-Fullys kommt das Pinion-Getriebe häufig mit wartungsarmem Riemenantrieb zum Einsatz. Sein Vorteil gegenüber einer Naben- oder Kettenschaltung ist zudem das geringe Gewicht des Hinterrades, also der gefederten Masse im Fahrwerk. Die vergleichsweise großen Zahnräder im gekapselten Ölbad versprechen ein langes Leben: "Kein Verschleiß, keine Justage", verkündet die Website. Fünf Jahre Garantie gibt Pinion, die sich durch einen Service im Haus immer wieder um zwei Jahre verlängert. Auch ein etwaiger Gebrauchtkäufer kann sich darauf berufen.