Am 26. März 2018 brannte in Sakai (Japan) eine Industriehalle nieder. 20 Löschfahrzeuge der örtlichen Feuerwehr konnten den Großbrand innerhalb weniger Stunden löschen. Menschen wurden nicht verletzt. Was sich nach einer Meldung für die japanische Lokalpresse anhört, sorgt selbst zehn Monate später noch für Gänsehaut bei Bike-Produktmanagern weltweit. Denn die Halle, welche im Industriegebiet von Sakai brannte, war Shimanos Produktionsstätte für Kurbeln. Um genauer zu sein: In dem Werk wurden die hochwertigen Rennrad-Kurbeln für die Shimano Dura Ace- beziehungsweise Ultegra-Schaltungen und die brandneue Shimano XTR 1x12-Schaltgruppe produziert. Mit dem Feuer ging auch Shimanos Lieferfähigkeit bei diesen Gruppen in Flammen auf.
Bei den Dura Ace- und Ultegra-Rennradschaltungen war das Lieferproblem laut Industrie-Insidern nach kurzer Zeit wieder gelöst. Bei der XTR-Mountainbike-Kurbel ist das Problem dagegen immer noch brandaktuell. Denn bis jetzt (Stand 22.1.2019) wurden keine neuen XTR-Kurbeln ausgeliefert. Schaltgruppen, welche BIKE bisher im Test hatte, oder von Shimano gesponserte Athleten fahren, sind immer mit einem dicken Prototypen-Stempel versehen. Serienprodukte existieren bis dato nicht.
Viele Mountainbike-Hersteller, welche die neue XTR-Schaltgruppe samt Kurbel an ihren Topmodellen verbauen wollten, weichen deshalb häufig auf Kurbeln von Race Face oder E*Thirteen aus. Der Wechsel von der XTR-Alu-Kurbel zu den Carbon-Kurbeln anderer Hersteller dürfte zwar um die 50 Gramm sparen, löst aber das Problem mit dem Lieferverzug nicht völlig. Frank Greifzu, Produktmanager bei Cube, erklärt uns:
„Wir haben alle Modelle, welche wir ursprünglich mit XTR-Kurbeln ausstatten wollten, auf Race Face- oder E*Thirteen-Kurbeln umgeplant. Durch das Lieferproblem von Shimano können wir Bikes, welche eigentlich bereits bei den Händllern stehen sollten, frühestens ab Februar in unserem Werk zusammenbauen. Dementsprechend verzögert sich die Lieferung zum Händler beziehungsweise Endverbraucher.“ (Frank Greifzu, Produktmanager bei Cube)
Da Cube einer der größten Bike-Hersteller ist, muss man davon ausgehen, dass Race Face und E*Thirteen die Oberpfälzer zuerst beliefert, bevor kleinere Hersteller die begehrten Ersatzkurbeln bekommen. BIKE liegen keine expliziten Liefertermine andere Hersteller vor, allgemein ist aber damit zu rechnen, das Bikes mit der neuen Shimano-XTR-Gruppe – egal mit welcher Kurbel – nicht vor Ende Februar 2019 verfügbar sein werden.
Auf Nachfrage beim deutschen Shimano-Vertrieb Paul Lange erhielten wir erst nach dem erscheinen dieses Artikels folgende Antwort:
„Viele XTR-Produkte sind entweder bereits im Markt oder werden im Laufe des Januars nach Europa geliefert, mit Ausnahme von bestimmten Spezifikationen, die später geliefert werden. Insbesondere war jedoch die Produktion der XTR M9100 Kurbelgarnituren durch den Brand in unserem Werk in Sakai im März 2018 betroffen. Unsere Produktion wieder auf dem allerhöchsten Niveau anzufahren, erwies sich als schwieriger als wir erwartet hatten. Diese Schwierigkeiten sind jedoch mittlerweile behoben und wir werden in den kommenden Monaten wieder im Plan sein. Wir erwarten, dass wir die gängigsten XTR-Kurbelgarnituren im Juni 2019 an Fahrradhersteller ausliefern können, sodass diese Produkte kurz danach im Handel verfügbar sind.“
Wann einzelne XTR-Schaltgruppen für Endverbraucher im Handel erhältlich sein werden, ist dennoch nicht abzuschätzen. Die Shimano XT-Schaltung ist von den Lieferproblemen nicht betroffen.
Die Kurbeln der neuen 12fach-Gruppe XTR 9100 werden nicht vor Mitte des Jahres verfügbar sein. Jetzt räumt Shimano außerdem ein, dass auch die neuen XTR-Naben mit Micro-Spline-Freilauf nicht auf den Markt kommen werden, wie angekündigt. Den lautlosen SCYLENCE-Mechanismus wird es nicht geben. Die neuen XTR-Naben werden, wie herkömmliche Naben auch, ein Surren von sich geben, sobald man aufhört zu treten. Dafür sind die XTR-Naben – wie Kette, Schaltwerk, Schalthebel und Kassette – ab sofort lieferbar.