Ludwig Döhl
· 16.04.2017
Räder werden nur teurer, aber kaum besser! Von wegen. Der Blick in die Historie des Elements deckt die wichtigsten Entwicklungsstufen der Mountainbike-Industrie auf.
Auch wenn die Unterschiede zwischen den einzelnen Modelljahren oft nur sehr klein ausfallen, liegen Welten zwischen den beiden von uns getesteten Rädern und dem Ur-Element Anno 1996. Wer sich noch an die Verzögerung durch Cantilever-Bremsen erinnern kann, wird uns sicherlich zustimmen. Gott sei Dank haben sich um die Jahrtausendwende einige Ingenieure mit dem Thema Scheibenbremsen intensiv auseinandergesetzt.
Alles Schnee von gestern, das 2016er-Rocky-Element und sein Nachfolger bremsen beide adäquat. Es scheint sogar, als wolle das alte Element den Platz auf dem Thron nicht kampflos aufgeben, denn seine Magura-MT6-Stopper beißen fester zu als die am Nachfolger verbauten Shimano-XT-Bremsen. Generell leidet das Auslaufmodell noch nicht an Altersschwäche. Die Sitzposition ist sportlich angehaucht, die Kennlinien der Federelemente liegen synchron übereinander, und die Geometrie ist stimmig. Auch wenn der Racer schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, rollt er mit erhobenem Haupt und breitem Lenker in dieses Duell. Beim Gewicht kommt das neue Element wiederholt ins Hintertreffen, denn es wiegt 500 Gramm mehr. Dafür hat es sich für den Kampf um die kanadische Krone eine pfiffige Strategie zurechtgelegt. Das 2017er-Element RSL mag durch das höhere Gewicht beim Marathon nicht ganz so glänzen, hat dafür aber einen deutlich breiteren Einsatzbereich. Die Teleskopstütze räumt dem Fahrer in der Abfahrt mehr Bewegungsfreiheit ein, und die dickere 34er-Gabel mit 120 Millimetern Federweg und der verstellbare Hinterbau sorgen für ein vielseitiges Fahrwerk. Mit dem aus Instinct und Thunderbolt bekannten Ride-Nine-System kann sowohl die Geometrie als auch die Hinterbaucharakteristik an persönliche Vorlieben oder unterschiedliche Einsatzzwecke angepasst werden. Der Lenkwinkel flacht von der sportlichsten zur trail-lastigsten Position von 70,3 auf 69,0 Grad ab, das Tretlager sinkt 20 Millimeter tiefer.
Kleiner Nachteil: Auch die Federwege variieren auf unserem Prüfstand zwischen 105 (bei flachem Lenkwinkel) und 120 (bei steilem Lenkwinkel) Millimetern.
Mit diesem Chamäleon-Gen zieht das neue Element RSL punktetechnisch klar an seinem Vorgänger vorbei. Der Einsatzbereich des 2016er-Modells war deutlicher auf Marathon zugespitzt. Mit der neuen Element-Generation stellt Rocky den besseren Allrounder auf die Laufräder, der sich auch auf Touren und Trail-Fahrten pudelwohl fühlt. Aber auch Marathon-Racer dürfen sich 2017 über einen zusätzlichen Flaschenhalter im Rahmendreieck freuen, zuvor hing die zweite Flasche unter Dreckbeschuss am Unterrohr. Wen das Mehrgewicht stört, der kann die Reverb-Stütze gegen ein leichtes, herkömmliches Pendant tauschen. Für Gegner der straffen Einfach-Übersetzung mit 11–42er-Kassette hält Rocky Mountain das Element 970 RSL auch mit einer 2x11-Schaltung parat.
Fazit Ludwig Döhl, BIKE-Testredakteur
Kein Duell war so knapp, wie das der beiden Elements. Am Ende eines langen Testtages überzeugte uns der breitere Einsatzberich des 2017er-Bikes dann aber doch. Die Geometrie- und Hinterbauverstellung machen den Thronfolger anpassungsfähig wie ein Chamäleon. Racer werden auch mit einem Schnäppchen im Schlussverkauf glücklich.
Rocky Mountain Element 970 RSL 2016
Rocky Mountain Element 970 RSL 2017