WISSENE-Bike nach dem Kauf richtig reklamieren

Jörg Spaniol

 · 01.02.2020

WISSEN: E-Bike nach dem Kauf richtig reklamierenFoto: Georg Grieshaber
So reklamieren Sie nach dem E-Bike-Kauf richtig.

Was tun, wenn am E-Bike Displays ausfallen, Motoren streiken oder Lenker brechen? Oft greift die gesetzliche Gewährleistung bzw. die Garantie. Wir zeigen, was Sie bei der Reklamation beachten müssen, damit Händler oder Hersteller den Schaden beheben.

Bei unverschuldetem Sachschaden ist nicht nur der E-Biker, sondern oft auch der Händler der Angeschmierte. Denn sowohl bei der Gewährleis­tung als auch bei der Abwicklung von Garantieansprüchen steht er oft in der ersten Reihe. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat über alle Branchen hinweg 100 Reklamationsfälle ausgewertet, bei denen Käufer mit defekten Produkten Hilfe suchten. In unglaublichen 92 Prozent der Fälle verstießen die Händler gegen die gesetzlichen Gewährleistungsrechte. Sie ließen Kunden abblitzen, erklärten sich für nicht zuständig, stellten falsche Behauptungen über die Rechtslage auf, forderten Bearbeitungsgebühren oder unterstellten eigenes Verschulden. Doch nicht immer ist böser Wille im Spiel: Die Materie ist so kompliziert, dass mancher Fall auf Unwissenheit beruhen dürfte.

Was tun, wenn der E-Bike-Antrieb nach einem Jahr streikt? Wir erklären, welche Garantieansprüche Sie als Käufer haben und wann die Gewährleistung greift.Foto: Robert Niedring
Was tun, wenn der E-Bike-Antrieb nach einem Jahr streikt? Wir erklären, welche Garantieansprüche Sie als Käufer haben und wann die Gewährleistung greift.

Das beginnt bei der sehr grundlegenden Unterscheidung zwischen den Begriffen Gewährleis­tung (auch: Sachmängelhaftung) und der häufig damit verwechselten Garantie. Kurz gefasst muss der Händler (und nicht der Hersteller) bei der Gewährleistung laut Gesetz zwei Jahre dafür geradestehen, dass das Produkt beim Kauf einwandfrei war. Im ersten halben Jahr liegt sogar die Beweislast bei ihm. Natürlich sind üblicher Verschleiß und gewaltsame Beschädigung kein Reklamationsgrund, doch den bestimmungsgemäßen Gebrauch muss ein Bike mit allen seinen Komponenten aushalten, ohne durch Mängel auszufallen. Tut es das nicht, muss der Händler nachbessern, nach mehreren Fehlschlägen möglicherweise sogar den Kaufpreis erstatten.

Eine Garantie ist dagegen ein freiwilliges Qualitätsversprechen des Herstellers. Er wirbt damit, um das Vertrauen in die Marke zu erhöhen. Sie betrifft normalerweise nicht das Fahrrad als Ganzes, sondern nur die Teile des jeweiligen Radherstellers – also den Rahmen und die entsprechenden Anbauteile aus dem eigenen Haus. Manche Garantie klingt zunächst großartig, hat jedoch einen versteckten Haken: Wenn etwa dokumentierte jährliche Inspektionen durch eine Vertragswerkstatt gefordert werden. Und fast immer gilt die Garantie nur für den registrierten Erstbesitzer.
Wir erklären, welche Vor- und Nachteile Garantie und Gewährleistung bieten und wie Sie bei einer Reklamation von E-Bikes richtig vorgehen.

E-Bike richtig reklamieren: So geht's!

Foto: EMTB Magazin
Foto: EMTB Magazin
  1. Suchen Sie sämtliche Unterlagen zum Kauf zusammen und dokumentieren Sie den Schaden des E-Bikes mit Datum, damit Sie keine Fristen verpassen (bei Fotos mit dem Handy wird der Zeitpunkt automatisch dokumentiert). Bei Fällen der Gewährleistung dann den Händler kontaktieren, bei Garantiefällen den Hersteller.
  2. Seriöse Kommunikation vereinfacht die Reklamation. Möglicherweise will der Ansprechpartner das defekte Produkt einbehalten. Das ist durchaus üblich, trotzdem bleibt es Ihr Eigentum und darf nicht einfach ver­schwinden.
  3. Fordern Sie bei der persönlichen Übergabe deshalb eine Quittung mit Beschreibung des Gegenstandes, bei Postversand legen Sie einen Lieferschein bei.

Garantiebestimmungen der wichtigsten E-MTB-Hersteller

Die Garantiebestimmungen der fünf bei EMTB-Lesern beliebtesten Komplettrad-Marken* erscheinen auf den ersten Blick nicht gerade umwerfend, denn sie schließen die teuren Teile wie Motor oder Akku-Pack weitgehend aus. Hier können jedoch Garantiebestimmungen der Zulieferer greifen. Es gilt also, alle Heftchen zu studieren, die beim Neukauf eines E-Bikes beiliegen. Manche Zulieferer bieten durchaus Garantien auf ihre Teile an, die aber bei ihnen – und nicht beim Bike-Hersteller – geltend zu machen sind. Solche Zulieferergarantien sind in dieser Tabelle nicht komplett erfasst.

Übersicht der Schadenleistung von fünf Top-Herstellern von E-MountainbikesFoto: EMTB Magazin
Übersicht der Schadenleistung von fünf Top-Herstellern von E-Mountainbikes


Herstellergarantien beschränken sich meistens auf den Rahmen. Sie versprechen, dass dieser nicht innerhalb des jeweiligen Zeitraumes durch Material- und Verarbeitungsfehler versagt. Fast immer gilt diese Garantie nur für den registrierten Erstbesitzer, häufig gilt sie nur bei nachgewiesenen, regelmäßigen Inspektionen. So umfassend wie die gesetzliche Gewährleistung sind diese freiwilligen Garantien nicht.

Welche Garantie gibt’s für Bosch E-Bike-Motoren?

Bosch bietet auf seine E-Bike-Motoren den gesetzlichen Gewährleistungszeitraum von 24 Monaten. Für die Akkus und Batterien seiner E-Bike-Antriebe garantiert Bosch Folgendes innerhalb des zweijährigen Gewährleistungszeitraumes: Minimum von 500 Ladezyklen oder 70 % (300 Wh) bzw. 60 % (400 Wh, 500 Wh, 625 Wh, 750 Wh) der Nennkapazität.

Sachmängelhaftung ODER Garantie?

Als Kunde kann man sowohl die Herstellergarantie als auch die gesetzliche Gewährleis­tung in Anspruch nehmen, aber nicht beides gleichzeitig. Wo liegen Vor- und Nachteile?


Vorteile der gesetzlichen Sachmängelhaftung

  • Beweislast: Innerhalb der ersten sechs Monate muss der Händler beweisen, dass das Produkt beim Kauf fehlerfrei war. Das ist schwierig. Klarer Vorteil für den Kunden.
  • Der Händler ist in der Haftung. Damit ist er vor allem beim Kauf vor Ort der unmittelbare Ansprechpartner. Kein Ärger mit anonymen Reklamationsabteilungen der Hersteller.
  • Das Produkt muss als Ganzes für den "normalerweise" (also aufgrund der Werbung, des Preises etc.) zu erwartenden Zweck geeignet sein. Am Ende einer erfolgreichen Gewährleistung steht also ein komplettes, voll funktionsfähiges Produkt (sofern nicht Kaufpreisminderung oder Rückerstattung vereinbart wird).
  • Alle Kosten, auch Transport und Montage, trägt der Händler.


Nachteile der Sachmängelhaftung

  • Umkehr der Beweislast nach dem ersten halben Jahr.


Vorteile der Garantie

  • Beweislast innerhalb der Garantiezeit: Garantiert der Hersteller beispielsweise die Haltbarkeit des Rahmens (bei bestimmungsgemäßem Einsatz), muss der Kunde nicht beweisen, dass der Mangel schon beim Kauf vorlag. Außerdem geht die Garantiezeit typischerweise über die gesetzliche Zwei-Jahres-Frist der Sachmängelhaftung hinaus.
  • Ein Hersteller kann dem Kunden eher als ein Händler in strittigen Fällen "auf Kulanz" entgegenkommen.


Nachteile der Garantie

  • Meist keine Übernahme von Montage- und Transportkosten.

Kein Anspruch auf ein identisches, sondern meist auf "gleichwertiges" Produkt. So können sich bei einem Rahmentausch zum Nachfolgemodell Farbe, Einbaumaße und andere Details ändern.

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