Adrian Kaether
· 18.01.2021
Knapper Federweg, High-Pivot-Design mit hoher Kettenlinie, gefräst aus Aluminium. Bei Metzner-Engineering in Dresden entsteht ein Bike, das sich gegen die bekannte Ordnung stemmt.
Das Actofive P-Train ist ein Custom-Bike der besonderen Art. Keine Bastelbude auf zwei Rädern, sondern ein akribisch durchdachtes Fräskunstwerk. Das Liebhaberprojekt eines perfektionistischen Maschinenbauingenieurs, dem die Funktion über alles geht. Herzstück des Konzepts: der Hinterbau. Beim High-Pivot-Point sitzt das Hauptlager eines Eingelenkers deutlich über dem Tretlager, die Kette läuft über eine Umlenkrolle oberhalb der Sitzstrebe. Das entkoppelt das Fahrwerk von Antriebs- und Bremseinflüssen und ermöglicht eine nach hinten gerichtete Raderhebungskurve für mehr Sensibilität in rauem Gelände.
Der Nachteil von CNC und High Pivot: das Gewicht. Wobei sich das, dank der speziellen Fertigungstechnik, in Grenzen hält. Für den Hauptrahmen des P-Train, benannt übrigens nach einem Zug in Helsinki, werden zwei doppelseitig gefräste Schalen miteinander verklebt (s. Interview). Runde 15 Kilogramm fahrfertig sind für ein Custom-Enduro in Ordnung, zumal das P-Train, trotz des kurzen Federwegs im Heck (145 Millimeter), so manches konventionelle Bike das Fürchten lehren soll. Bislang gibt es nur wenige Bikes, ab Ende des Jahres soll das P-Train in einer Kleinserie erhältlich sein.
Kostenpunkt: rund 4000 Euro für den Rahmen ohne Dämpfer.
BIKE: Simon, Du konstruierst und fertigst mit Deiner Firma Bauteile für den Fahrzeug- und Maschinenbau. Wie kam es zu Actofive?
Simon Metzner: Ich glaube, jeder bike-affine Ingenieur greift irgendwann auch selbst zum Stift (oder zum CAD). Bei mir war das Schlagwort „High-Pivot-Point“. Antrieb und Fahrwerk zu entkoppeln, das fand’ ich super. Denn bei uns in Dresden geht’s auf den Trails immer auf und ab. Da braucht man was Effizientes, was trotzdem feinfühlig über Hindernisse gleitet. Also hab’ ich das P-Train entworfen. Mittlerweile bin ich so weit, dass ich den kompletten Rahmen auf meiner CNC-Fräsmaschine fertige. Konstruktion und Fertigung aus einer Hand, so kann ich fertigungstechnische Probleme schon bei der Konstruktion lösen.
Alu, gefräst. Ist das nicht schwer?
Nicht wirklich. Der Rahmen besteht aus zwei dünnwandigen Schalen, die miteinander verklebt werden. So entsteht ein hohles Profil, ähnlich einem Rohr. Das ist steif und relativ leicht. Mit dem Gewicht moderner Carbon-Rahmen kann ich nicht mithalten, aber dafür ist bei mir alles In-House.
Wie geht es jetzt weiter?
Bislang gibt es nur wenige Bikes, die ich für mich und ein paar Freunde gebaut habe. Derzeit arbeite ich noch an interessanten Details. Ich glaube aber, die Zeit ist langsam reif, um mit dem P-Train CNC in Serie zu gehen. Deswegen plane ich zum Ende des Jahres einen Release. Wer weiß, wie es danach weitergeht?