Adrian Kaether
· 22.03.2020
Stahlgabel und Dämpfer, 29 Zoll, 170 Millimeter Federweg, eigener Minimal-Assist-Antrieb, 17,4 Kilo. Das Siryon ist das erste E-Bike von Forestal aus Andorra. Eine Premiere, die sich gewaschen hat.
Sagen sie mal „DVO Emerald Coil“! Schön langsam und deutlich gesprochen dauert das knapp unter zwei Sekunden. Was das mit dem Forestal Siryon zu tun hat? Der DVO Emerald Coil ist der Dämpfer, der im Heck dieses E-Mountainbikes werkelt. Doch die rund 1,9 Sekunden haben noch eine ganz andere Bedeutung: Es ist die Airtime – die Zeit in der Luft – die ein gewisser Testfahrer bei einer seiner Ausfahrten auf dem neuen Minimal-Assist Enduro-E-Bike in einem einzigen Sprung gesammelt haben will.
Mit ziemlicher Sicherheit handelt es sich bei diesem Testfahrer um Rampage-, Party- und Freeride-Legende Cedric Gracia. Er steht hinter der neu gegründeten Marke aus Andorra, seinen Vorstellungen entsprechend wurde das Siryon aufgebaut. Und obwohl das E-Bike offensichtliche Nehmerqualitäten hat, wie der 1,9 Sekunden lange Riesensprung zeigt – selbst für die Rampage wäre das kein schlechter Wert – hat uns eines auf dem Papier noch viel mehr beeindruckt. Stichwort: Systemintegration und Eigenständigkeit.
Das Forestal Siryon will nicht sein wie die anderen E-Mountainbikes. Es will etwas ganz Anderes sein. Kompromisslos, direkt, love it or leave it! Die von Polarlichtern inspirierte Optik, die Moto-mässige Bananenschwinge im Eingelenker-Hinterbau, Stahlfederelemente vorne und hinten, ein eigens entwickelter Minimal-Assist-Antrieb, Reifen, von denen wir noch nie etwas gehört haben, ein Loch im Oberrohr, damit der Stahlfederdämpfer auch reinpasst. Nur bei Antrieb und Bremsen setzt man mit Sram GX Eagle und Magura MT7 auf gängige Komponenten, Sattelstütze und Carbon-Laufräder kommen von Crankbrothers.
Der eigentlich Clou des 29-Zoll E-Enduros ist aber der von Forestal in Kooperation mit dem E-Antriebsspezialisten Bafang entwickelte Minimal-Assist-Antrieb und die Systemintegration, die er möglich macht. 1,95 Kilogramm wiegt der Forestal Eon Drive und liegt mit 250 Watt Nennleistung und einem maximalen Drehmoment von 60 Newtonmetern auf sehr ähnlichem Niveau wie der Fazua-Antrieb. Er bietet drei Unterstützungsmodi – Eco, Sport und Race. Mittels einer separaten Taste kann zusätzlich ein „Nitro“ genannter Boost-Modus gezündet werden. Für die Stromversorgung sorgt der hauseigene Aurora-Akku. Er wiegt 1,8 Kilogramm, lässt sich ebenfalls nicht entnehmen und weist eine Kapazität von 350 Wattstunden auf. Wer auf langen Bike-Touren mehr Reichweite braucht, kann statt des Flaschenhalters einen Range-Extender-Akku mit noch einmal 350 Wattstunden montieren.
Einfach entnehmen wie beim Lapierre E-Zesty lassen sich Motor und Akku leider nicht, dafür kann das System mit sauberen Lösungen überzeugen. Die zahlreichen Kabel verschwinden aufgeräumt im hauseigenen Vorbau, das System wird über eine minimalistische Bedieneinheit namens „Smart Trigger“ gesteuert, auf dem Oberrohr sitzt das sogenannte Dashboard: Hier lassen sich klassische Tourdaten wie zurückgelegte Strecke, Höhenmeter, Geschwindigkeit und Leistung ablesen. Auch die eigene Herzfrequenz, wenn man einen entsprechenden Sensor koppelt.
Daten wie maximalen G-Kräfte oder die bereits erwähnte maximale Airtime, die ebenfalls vom System gemessen werden, sind witzige Spielereien. Die kartenbasierte Navigation dagegen ein echt nützliches Feature. Jedenfalls solange es in der Praxis dann auch entsprechend funktioniert. Noch umfangreicher sollen die Funktionen der passenden Smartphone-App ausfallen, sogar ein direkter Zugriff auf den Support-Chat ist geplant. Eine gute Idee, schließlich gibt’s das Bike und den speziellen Antrieb ja nicht gerade an jeder Ecke.
Und damit zur Verfügbarkeit: Das Siryon kommt zunächst als Edition One – Polar Lights in einer limitierten Stückzahl von 999 Exemplaren. Um die Exklusivität zu unterstreichen, werden die Bikes durchnummeriert, der Kunde kann sich je nach Verkaufsmodell sogar die entsprechende Nummer aussuchen. Frei nach dem Prinzip: Wer zuerst kommt, malt zuerst. Der Rahmen soll lediglich 2,4 Kilogramm wiegen, das Komplettbike schlägt trotz der Stahlfederelemente nur mit 17,4 Kilogramm in Größe M zu Buche und kostet 7499 Euro bei Vorbestellung und vollständiger Anzahlung. Dazu gibt es außerdem drei weitere Sätze Reifen. Die sollen dann laut Forestal für ein Jahr halten. Ein weiteres klares Bekenntnis, dass das Siryon hart rangenommen werden will. Erste Bikes sollen ab Oktober ausgeliefert werden.
Übrigens: Wer nicht gleich alles auf einmal anzahlen möchte, kann sich auch auf eine Anzahlung von 2000 Euro beschränken, dann fällt jedoch das Reifenpaket weg und die Schlussrate bei Lieferung des EMTBs beträgt dann 5999 Euro. In Summe also 500 Euro mehr als bei vollständiger Anzahlung. Alle Informationen finden Sie auf der Website des Herstellers.