Peter Nilges
· 12.08.2019
Das Orbea Rallon war eines der ersten seiner Art. Es kombiniert viel Federweg mit großen Laufrädern. Das Herz der brandneuen Carbon-Version ist ein Stahlfederdämpfer. Bringt das mehr an Fahrspaß?
Bereits der Alu-Vorgänger des Rallons war ein großer Wurf und konnte voll und ganz durch sein verspieltes Handling überzeugen. Mit Spannung fieberten wir also dem Nachfolger des Spaniers entgegen. Sollte es nur ein kleines Update geben, oder doch eine komplette Neukonstruktion? Orbea ließ die Katze aus dem Sack und keine Schraube auf der anderen. So erhielt das neue Rallon einen schicken Carbon-Rahmen und als eines der ersten Bikes im Enduro-Segment 29er-Laufräder sowie einen optionalen Stahlfederdämpfer. Mit 2666 Gramm fällt der Vollcarbon-Rahmen ausreichend leicht aus und ist durch den asymmetrischen Hauptrahmen mit frei liegendem Dämpfer ein echter Hingucker. Solide Wippen und groß dimensionierte Lagerwellen sorgen für eine hohe Steifigkeit von 58 N/mm. Auch das Gewicht kann sich sehen lassen: In der von uns getesteten Version für 7999 Euro bringt das Rallon in Größe L nur 13,2 Kilo auf die Waage. Mit Luftdämpfer wäre das Enduro nochmals rund 400 Gramm leichter. Nettes Detail für Individualisten: Über den MyO-Konfigurator können Rahmen- und Schriftzugfarbe bei den Top-Modellen ohne Aufpreis frei gewählt werden. Aber kann das neue Rallon auch an die Fahrleistung des Vorgängers anknüpfen?
Für das optimale Setup mussten wir bei einem Fahrergewicht von 75 Kilo zunächst auf eine weichere 400er-Stahlfeder wechseln. Mal eben Luft ablassen ist bei einem Stahlfederdämpfer nicht möglich. Trotz Größe L fällt die Sitzposition sehr kompakt aus. Der steile Sitzwinkel und kurze Vorbau verstärken den Effekt. Ein Grund, warum Orbea bereits ab einer Körpergröße von 1,80 Meter Rahmengröße XL empfiehlt. Der XL-Rahmen wäre zwar 30 Millimeter länger, allerdings wächst auch das Sitzrohr um ganze 40 Millimeter, was wiederum die Länge der Tele-Stütze einschränkt. Mit den 437er-Kettenstreben fährt sich das neue Rallon zwar immer noch agil, allerdings nicht mehr ganz so verspielt wie sein Vorgänger mit kleineren Laufrädern. Der stahlgefederte Hinterbau spricht feinfühlig an und liegt auch auf ruppigen Strecken sehr gut. Das Setup sorgt dennoch für ein straffes Fahrgefühl, weshalb der erwartete Aha-Effekt des Stahldämpfers ausblieb und wir gerne noch die leichtere Luftvariante probiert hätten. Im Wiegetritt bleibt der Hinterbau sehr stabil und wippt nur wenig. In Kombination mit den leichten Carbon-Laufrädern lässt sich das Rallon mühelos beschleunigen und steuern. Durch die kurze Position und das recht flache Cockpit fehlt die Souveränität im steilen Gelände.
Der schöne Carbon-Rahmen, die duchdachten Details und die Möglichkeit zum Individualisieren machen das Orbea Rallon zu einem besonderen Enduro. Da das Bike kompakt ausfällt, sollte man im Zweifel zum größeren Rahmen greifen. Der Stahlfederhinterbau konnte nicht restlos überzeugen.
Preis (Rahmen) 7999 Euro (3499 Euro)
erhältlich im Fachhandel
Federweg vorne / hinten 157 mm / 155 mm
Material / Größen Carbon / S / M / L / XL (44,5 cm)
Gewicht o. P. / Rahmen 13,22 kg / 2666 g (ohne Dämpfer)
Gabel / Dämpfer Fox 36 Float 29 Factory / Fox DHX2 Factory
Kurbeln / Schaltung Sram XX1 Eagle / Sram XX1 Eagle 1 x 12
Übersetzung / Lenkerbreite 32; 10–50 / 790 mm
Bremsanlage / Disc Sram Guide RSC / 200 mm / 180 mm
Teleskopstütze / Hub / ø Race Face Turbine / 150 mm / 31,6 mm
Laufräder DT Swiss XMC 1200-Systemlaufräder; Maxxis Minion DHF / Aggressor 29 x 2,5/2,3-Reifen
Reach / Stack / BB-Offset 445–454 / 629 mm / -29 mm
BIKE-URTEIL SEHR GUT*
*Das BIKE-Urteil gibt die Labormesswerte und den subjektiven Eindruck der Testfahrer wieder. Das BIKE-Urteil ist preisunabhängig.
BIKE-Urteile: super (250–205 P.), sehr gut (204,75–170 P.), gut (169,75–140 P.), befriedigend (139,75–100 P.), mit Schwächen, ungenügend.