Michael Seitz
· 03.02.2020
Der Versandhandel boomt und setzt lokale Händler mit guter Technik zu günstigen Preisen unter Druck. Aber wie gut sind Lieferung und Montage? Wie kulant läuft eine Rückgabe? Sechs Versender im Test.
Meine empörte Gattin zetert ins Handy: "Hier steht ein LKW-Fahrer mit einer riesigen Kiste, es regnet, er spricht kaum Deutsch und will mich mit dem Karton einfach auf dem Bürgersteig stehen lassen."
Oje, das geht ja gut los mit meinem Versendertest. Gleich das erste "undercover" an meine Privatadresse bestellte Fahrrad sorgt für Ärger – dabei kommen demnächst noch fünf weitere Bikes, die nach einem Qualitäts-Check in der Redaktion auch noch zurückgeschickt werden müssen. Mithilfe eines 5-Euro-Scheins und freundlichen Gesten landet der Karton schließlich im engen Keller unseres Altbaus. Doch die Aufregung hat auch Vorteile: Denn genau diese Erfahrungen sind das Ziel meiner Inkognito-Bestellaktion.
Seit vielen Jahren testet BIKE die Fahrräder von Versandhändlern gemeinsam mit Fachhandelsmarken. Nicht wenige Versand-Bikes stehen am Ende des Vergleichs als Sieger da – unter anderem wegen ihres guten Preis-Leistungs-Verhältnis’. Damit befeuert auch dieses Magazin den einst von Amazon ausgelösten Boom des Versandhandels. In den letzten zehn Jahren stieg der Anteil der Versender an den Bike-Verkäufen in Deutschland von 6 auf 23 Prozent. Auch jeden dritten BIKE-Leser erreicht sein neues Bike inzwischen im Karton. Dieser Trend ist bislang ungebrochen, denn Versender-Bikes liegen technisch oft auf einem hohen Niveau, sind innovativ konstruiert und besitzen Top-Komponenten. Im Vergleich zum lokalen Händler können sie günstiger sein, denn dessen Gewinnspanne fällt weg. Versandhändler ersetzen das Kundengespräch vor Ort durch Online-Kundenberatung und -Kaufabwicklung. Weil entsprechend programmierte Websites viele Kunden gleichzeitig beraten, ist dieser Verkaufsweg effizienter als eine persönliche Beratung im Shop. Zwei zu Null für den Versandhandel? Nicht unbedingt, denn einen wichtigen Punkt können unsere üblichen Tests nicht abbilden: Wie gut sind die erfolgreichen Versender tatsächlich in Sachen Bestellung, Lieferung, Service, Montage und Rücksendung? Leisten sie das, was ein guter Händler tut?
Unsere Testbestellungen sollen das herausbekommen, denn die üblichen Magazintests haben eine Schwäche: Alle Magazine außer der Stiftung Warentest bestellen ihre Testräder ganz offen beim Hersteller. Häufig erfolgt die Anlieferung durch Personal des Herstellers. Die besten Mechaniker haben die Test-Bikes zusammengeschraubt. Diese Aspekte wollten wir in diesem Test von sechs etablierten Versendermarken ausschalten.
Diesen Artikel finden Sie in BIKE 8/2019. Die gesamte Digital-Ausgabe können Sie in der BIKE-App (iTunes und Google Play) lesen oder die Print-Ausgabe im DK-Shop nachbestellen – solange der Vorrat reicht: