Unno Dash Race 2023 im TestSpanisches Edel-All-Mountain für steile Trails

Jan Timmermann

 · 30.05.2023

Nicht nur Show: Das tief ansetzende  Oberrohr gibt dem Unno nicht nur seinen futuristischen Look, es verbessert auch die  Bewegungsfreiheit auf radikalen Abfahrten.
Foto: Max Fuchs
Update für das Unno Dash: Cesar Rojo ist in Designer-Kreisen bekannt als detailversessener Nonkonformist. Das Unno-Mastermind hat das 2023er-Dash komplett und radikal neu entworfen. Ob das Edel-All-Mountain hält, was es optisch verspricht?

Alle Themen in diesem Test:


Das Unno Dash Race 2023 im BIKE-Test

Abgefahrener Look, exklusives Image – es gibt nur wenige Bikes weltweit, die derart verehrt werden, wie die der Marke Unno. Hinter den außergewöhnlichen Konstruktionen steckt ein Designer-Team mit Sitz in Barcelona, angeführt von Cesar Rojo. Der Industrie-Designer ist nicht nur Experte für extravagante Ästhetik, sondern kennt sich als ehemaliger Downhill-Weltmeister der Masters-Klasse auch mit schnellen Rädern aus. Neben zahlreichen Bike-Herstellern setzten auch Porsche und KTM-Motorrad bereits auf Rojos Entwickler-Knowhow.

Als wir 2019 das Vorgängermodell des Unno Dash im Test hatten, verglichen wir es angesichts des rattenscharfen Rahmens mit einer Skulptur der modernen Kunst. Zwischenzeitlich wurde das Design von zahlreichen Konkurrenten nachgeahmt, woraufhin Rojo eine völlig neue Formensprache entwarf, um das Alleinstellungsmerkmal seiner Marke zu erhalten.

Vier Jahre und drei Prototypen-Generationen vergingen, bis das neue Dash serienreif war. Da bislang ausschließlich in der eigenen Firma produziert wurde, waren Mountainbikes für Rojo bis dato eine wirtschaftliche Nullnummer mit begrenzten Wachstumschancen.

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Die neueste Unno-Generation wird nach wie vor in Barcelona entwickelt, die Rahmen aus japanischem Toray-Carbon produziert nun jedoch ein Partner in Fernost nach Rojos Vorgaben. Auch die Materialtests wurden teilweise ausgelagert. Das Ergebnis: Der Rahmenpreis für das All Mountain Dash ist von 5000 auf 3995 Euro gesunken.

Unno Dash Race: abgefahrener LookFoto: Max FuchsUnno Dash Race: abgefahrener Look

Stolzer Preis: 8395 Euro

Mit dem Dash Race testen wir das derzeit günstigste Komplett-Bike von Unno. Bei 8395 Euro erscheint das Wort “günstig“ zwar eher von relativer Natur. Gemessen an so mancher Neuvorstellung dieses Jahres, dem guten Ausstattungspaket und der nach wie vor hohen Exklusivität relativiert sich die Summe jedoch etwas.

Systemintegration - groß geschrieben

Egal, wo man mit dem Dash vorfährt, es zieht unweigerlich die Blicke auf sich. Durch den hohen Grad an Systemintegration wirkt das Bike wie aus einem Guss. Die Sattelklemme ist in den langen Sitzdom integriert, die Leitungen laufen durch den Steuersatz ins Rahmen­innere. Vorbau und Lenker bilden eine Einheit aus Kohlenstoff. Ins Unterrohr ist ein Staufach mit passender Innentasche eingelassen, und am Rahmen findet sich eine dezente Kettenführung.

Integration die Erste: Zu Unnos neuer Design-Sprache gehört ein hoher Sitzdom mit integrierter Vario-Sattelstütze.Foto: Max FuchsIntegration die Erste: Zu Unnos neuer Design-Sprache gehört ein hoher Sitzdom mit integrierter Vario-Sattelstütze.

Das spektakuläre Design bringt für Schrauber jedoch auch einige Eigenarten mit sich. So ist das Tretlager innerhalb des Schwingenlagerpunktes verschraubt. Zum Kontern der entgegengesetzt drehenden Teile wird ein Spezialwerkzeug benötigt. Am Gabelschaft klemmen zwei Keilschrauben mit limitierter Drehmomentfreigabe das einteilige Cockpit. Trotz korrekter Montage konnten wir die Klemmung unter Volllast verdrehen. Während unseres Tests verlor das Unno zudem gleich zwei Kleinigkeiten: Zum einen ging die über einen Schiebemechanismus befestigte Abdeckung des Staufachs verloren, zum anderen löste sich der geklebte Unterrohrschutz schon bei der ersten Ausfahrt.

Integration die Zweite: Vorbau und Lenker verschmelzen beim Unno-Deux-Cockpit zu einer Einheit. Im Test war die Spezial­klemmung unter Volllast nicht stark genug.Foto: Max FuchsIntegration die Zweite: Vorbau und Lenker verschmelzen beim Unno-Deux-Cockpit zu einer Einheit. Im Test war die Spezial­klemmung unter Volllast nicht stark genug.

Auf dem Trail: So fährt sich das Unno Dash Race

Doch genug der Details: Wie fährt sich nun das Designer-Stück? Trotz des 40 Millimeter kurzen Stummelvorbaus sitzt man auf dem Dash nicht zu aufrecht. Neutral und ausgewogen platziert die Geometrie den Fahrer auf dem Bike. Durch die Kombination aus 77,5 Grad steilem Sitzwinkel sowie kurzer und breiter Steuerzentrale bringt man im Sattel viel Druck aufs Vorderrad. Dabei bleibt die Kontrolle auch an steilen Rampen lange erhalten. Im Wiegetritt pumpt der Hinterbau deutlich. Ein Griff zum Plattformhebel des Dämpfers vermag das Heck zwar zu beruhigen. Dieser liegt jedoch nur frei, wenn der Flaschenhalter leer bleibt. Apropos: Trotz der Nähe von Ober- zu Unterrohr passt auch eine große Trinkflasche mit 600 Millilitern ins Rahmendreieck.

Dank Spezialkassette von E-Thirteen mit 9–50 Zähnen ist der Antrieb des Unno breit übersetzt. Für höhenmeterlastige Touren empfiehlt sich ein kleineres Kettenblatt. In Serie verbeißen sich 34 Zähne in der Kette. Im Antritt kommt das futuristische Fully trotz knappen Federwegs etwas zäh in Schwung. Schuld daran ist vor allem das hohe Gewicht, durch das sich das Dash schlicht nach sehr viel Fahrrad anfühlt.

Mit 9–50 Zähnen bietet die E-Thirteen-Helix-Race- Kassette 556 Prozent Übersetzungsbandbreite.Foto: Max FuchsMit 9–50 Zähnen bietet die E-Thirteen-Helix-Race- Kassette 556 Prozent Übersetzungsbandbreite.

Das Unno Dash mag es steil – in jede Richtung

In der Abfahrt spürt man gut, dass Unno-Chef Rojo ein Fan des Zusammenspiels von langem Hauptrahmen und kurzem Vorbau ist. In gemeinsamen Projekten mit Mondraker trieb der Spanier diesen Geometrieansatz, der heute an fast allen abfahrtsstarken Bikes zu finden ist, schon früh voran. Ruhig und gelassen schießt das Dash auch bei hohen Geschwindigkeiten durchs Gelände.

Dafür, dass das Bike bergab so satt und sicher auf dem Trail liegt, ist die Geometrie mit 478 Millimeter langem Reach und 64,5 Grad flachem Lenkwinkel jedoch nur teilweise verantwortlich. Souveränität in rauem Geläuf verleiht dem Dash vor allem der extrem fein ansprechende Hinterbau. Da kann selbst die sensible Fox 36 mit Grip-2-Kartusche nur mit Mühe mithalten. Obwohl nur 135 Millimeter Federweg anliegen, vermittelt das Heck auffällig hohe Reserven. Gleichzeitig bietet der progressive Hinterbau, der auch für Stahlfederdämpfer freigegeben ist, einen guten Gegenhalt.

Trotz der hohen Laufruhe und des lebendigen Hecks steuert das Dash auch über enge Trails präzise. Mit angenehmem Feedback pusht man über Kuppen und zieht das Bike über Sprünge. Aufgrund der langen Kettenstreben von 445 Millimetern zeigt es, verglichen mit anderen Bikes dieser Federwegsklasse, aber weniger Spieltrieb.

Downhill-Experte Cesar Rojo hat es am Dash geschafft, einen feinfühligen Hinterbau mit viel Bremstraktion zu entwickeln.Foto: Max FuchsDownhill-Experte Cesar Rojo hat es am Dash geschafft, einen feinfühligen Hinterbau mit viel Bremstraktion zu entwickeln.

Die Stunde des außergewöhnlichen Dashs schlägt in Steilabfahrten. Je größer das Gefälle, desto mehr gefällt das Fahrgefühl. Im Luftraum über dem extrem tief ansetzenden Oberrohr bleibt jederzeit viel Platz für Ausgleichsbewegungen.

Dass das Bike erst so tief unter einem beginnt, braucht etwas Eingewöhnungszeit. Dann aber begeistert das einfache Handling. In kniffligen Passagen fällt die Gewichtsverlagerung erfreulich leicht. Auch in der direkten Fall-Linie stehen Piloten souverän über und weit hinten im Rad. Überschlagsgefühle? Fehlanzeige!

Mit ihren vier Kolben beißen die Formula-Cura-Bremsen kraftvoll zu. Selbst mit wenig Last auf dem Hinterrad bleibt die Brems­traktion hoch. Auch hierfür ist der feinfühlige Hinterbau verantwortlich.

Mit 40 Newton pro Millimeter liegt die zentrale Steifigkeit des neuen Carbon-Rahmens aus Fernost zwar deutlich unter dem Wert des Vorgängers von 61 Newton pro Millimeter, aber dennoch voll im grünen Bereich. Das flache Unterrohr bildet einen beachtlichen Resonanzkörper. So sorgt auch das kleinste Klappern für Aufsehen – und nicht nur der außergewöhnliche Look und das Image des Unno.

Unno bietet das Dash nur in zwei Ausstattungsvarianten an. Mit dem Zusatz “Factory” kommt es mit Carbon-Laufrädern von Crankbrothers und Sram-XX1-Eagle-AXS-Schaltung 
für 10.895 Euro. Den gleichen Preis zahlen All-Mountain-Biker für 
ein ähnlich ausgestattetes Santa Cruz Hightower CC XX1 RSV.Foto: UnnoUnno bietet das Dash nur in zwei Ausstattungsvarianten an. Mit dem Zusatz “Factory” kommt es mit Carbon-Laufrädern von Crankbrothers und Sram-XX1-Eagle-AXS-Schaltung für 10.895 Euro. Den gleichen Preis zahlen All-Mountain-Biker für ein ähnlich ausgestattetes Santa Cruz Hightower CC XX1 RSV.

Fazit zum Test Unno Dash Race 2023

“Steil ist geil”, lautet das Motto beim Unno Dash. Je größer das Gefälle, desto besser geht das unkonventionelle Rahmenkonzept auf. Auch steile Rampen klettert der Spanier willig empor. Auf flachen Trails ist das All Mountain zu träge. Dann schaltet man lieber einen Gang zurück und erfreut sich an der geilen Optik. – Max Fuchs, BIKE-Testredakteur
Max Fuchs, BIKE-TestredakteurFoto: Max FuchsMax Fuchs, BIKE-Testredakteur

Technische Daten und Noten Unno Dash Race

Herstellerangaben

  • Preis¹: 8395 Euro
  • Erhältlich im Versandhandel
  • Rahmenmaterial: Carbon
  • Rahmengröße: S1, S2, S3 (getestet in Größe S2, 46 cm)

Messwerte

  • Federweg vorne/hinten: 150/135 mm
  • Gewicht o. Pedale: 14,47 kg
  • Rahmengewicht: 2820 g
  • Gewicht Laufräder: 5366 g
  • Beschleunigung Laufräder: 4359 kg x cm²
  • Lenkerbreite: 800 mm
  • Rahmensteifigkeit (absolut): 40 N/mm

Ausstattung

  • Laufräder: Crankbrothers Synthesis E 29
  • Reifen: Maxxis Assegai/DHR II 29 x 2,60/29 x 2,40
  • Gabel: Fox 36 Float Factory Fit Grip 2
  • Dämpfer: Fox Float X2 Factory
  • Federweg vorne/hinten: 150/135 mm
  • Bremsen: Formula Cura 4 / 203/180 mm
  • Schaltung: Sram GX Eagle AXS 1 x 12
  • Übersetzung / Bandbreite: 34; 9–50 / 556 %
  • Teleskopstütze / Hub / Ø: Fox Transfer Factory / 150 mm / 31,6 mm

Bewertung

  • Fahrverhalten bergauf: 22,5 von 25
  • Effizienz Fahrwerk: 15 von 20
  • Rollwiderstand: 8,5 von 10
  • Gewicht: 4,5 von 15
  • Trägheit Laufräder: 4 von 10
  • Flaschenhalter: 7 von 10
  • Fahrverhalten bergab: 33,25 von 35
  • Federung vorne: 20 von 20
  • Federung hinten: 22,5 von 25
  • Versenkbarkeit Sattel: 10 von 10
  • Bremsen: 12 von 15
  • Reifen-Grip: 13,5 von 15
  • Fahrstabilität: 3 von 10

GESAMT BERGAUF: 61,5 VON 90

GESAMT BERGAB: 114,3 VON 130

  • Sonstiges: 24,5 von 30
  • Wartungsfreundlichkeit: mittel

BIKE-Testurteil²: sehr gut - 200,3 von 250 Punkten

Unno Dash Race - GeometriedatenFoto: BIKE-TestabteilungUnno Dash Race - GeometriedatenUnno Dash Race - CharakteristikFoto: BIKE-TestabteilungUnno Dash Race - CharakteristikUnno Dash Race - Federkennlinien: Der Hinterbau bietet weniger Federweg, fühlt sich aber im Vergleich zur Gabel gleichwertig an.Foto: BIKE-TestabteilungUnno Dash Race - Federkennlinien: Der Hinterbau bietet weniger Federweg, fühlt sich aber im Vergleich zur Gabel gleichwertig an.

¹Preis ggf. zzgl. Kosten für Verpackung, Versand und Abstimmung.

²Das BIKE-Urteil gibt die Labormesswerte und den subjektiven Eindruck der Testfahrer wieder. Das BIKE-Urteil ist preisunabhängig. BIKE-Urteile: super (250–205 P.), sehr gut (204,75–170 P.), gut (169,75–140 P.), befriedigend (139,75–100 P.), mit Schwächen, ungenügend.

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