E-Touren-Fullys5 Einsteiger-Modelle um 4500 Euro im Test 2022

Adrian Kaether

 · 30.07.2022

E-Touren-Fullys: 5 Einsteiger-Modelle um 4500 Euro im Test 2022Foto: Max Fuchs

Erst mit vollgefederten E-Touren-Fullys geht der Spaß im Gelände so richtig los. Die günstigsten Vertreter dieser Gattung liegen um 4500 Euro. Was kann man dafür erwarten? Fünf E-Mountainbikes im Vergleichstest.

„Die besten Fullys unter 4000 Euro“ – das war über Jahre unser Motto, wenn es um Tests günstige E-Touren-Fullys ging. Doch daran war dieses Jahr nicht zu denken. Hohe Nachfrage bei geringer Verfügbarkeit, gestiegene Rohstoffpreise und Inflation treiben die Preise in die Höhe. Obendrauf kommen E-MTB-typische Entwicklungen, wie etwa die Akku-Größen von 630 Wattstunden, die sich auch im Einsteigersegment flächendeckend etabliert haben. Gut für die Reichhöhen, aber schlecht fürs Portemonnaie. Eine Testgruppe von E-Touren-Fully unter 4000 Euro zusammenzustellen, ist damit praktisch unmöglich geworden, denn es gibt kaum noch Hersteller, die für dieses Geld sinnvoll ausgestattete Bikes anbieten. Auf rund 4400 bis 4600 Euro mussten wir daher das Preisniveau anheben, um immerhin fünf Kandidaten von Cube, Canyon, Giant, Stevens und dem italienischen Versender Thok an den Start rollen zu können.

In der unteren Preisklasse müssen die Hersteller 
hart kalkulieren. Trotzdem treffen sich in diesem Test 
fünf Allrounder mit angemessener Ausstattung.Foto: Max Fuchs
In der unteren Preisklasse müssen die Hersteller hart kalkulieren. Trotzdem treffen sich in diesem Test fünf Allrounder mit angemessener Ausstattung.

Das ist viel Geld für fünf klassische Einstiegs-Touren-MTB, die mit günstigen Komponenten und teils auch nicht mit den Top-Motoren ausgestattet sind. Und dennoch: Im Marktvergleich fallen diese E-Bikes durch ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auf. Die Zahl der Hersteller, die nicht einmal für satte 5000 Euro noch ein E-Fully anbieten, ist längst erschreckend hoch: Premiumhersteller, wie Specialized, Santa Cruz, Norco und Rocky Mountain, sind darunter. Aber auch klassische Fachhandelsmarken und sogar Direktversender wie YT. Andere Hersteller bieten Bikes um 4500 Euro zwar an, wollten sich unserem Vergleich ihrer E-Touren-Fullys aber nicht stellen.

Boschs Performance CX4 (85 Nm) steckt in Cube und Stevens und liefert bei hoher Eigenleistung die Spitzenleistung im Testfeld. Außerdem lässt sich die Kraft im E-MTB-Modus gut dosieren. Auf die  aktuelle Spitzen­technik des Smart-Systems und das Feintuning der Unterstützungsstufen muss man aber verzichten.
Foto: Max Fuchs

Was die meisten günstigen E-Fullys und auch unsere Test-Bikes eint, ist ihr Charakter. Fahrkomfort und eine unkomplizierte Handhabung stehen an erster Stelle – deutlich vor Fahrstärke in Extremsituationen. Los geht das bei den Reifen: Vier von fünf Bikes rollen auf breiten 2,6-Zoll-Pneus. Die liefern vielleicht nicht die beste Fahrpräzision und drücken aufs Gewicht, vermitteln im ruppigeren Offroad-Einsatz aber Sicherheit. Auf flache Geometrien und progressive Fahrwerke dagegen verzichten die Entwickler, um auch Einsteigern einen leichten Start in die E-MTB-Welt zu ermöglichen. Doch was genau die Hersteller unter komfortabel und unkompliziert verstehen, unterscheidet sich. So setzen Cube, Thok und Stevens auf lange Federwege von 140 beziehungsweise 150 Millimeter. Und auf gemäßigte Geometrien. Als Gegenentwurf setzen Canyons Neuron:ON und Giants Trance E+ auf kürzere Federwege von nur 130 bzw. 120 Millimeter. Auch das kann man als Komfortvorteil werten, weil es das Handling im Gelände erleichtert. Allerdings setzen Bikes mit knapperen Federwegen in vielen Fahrsituationen auch ein besseres Fahrkönnen voraus. Womit im Einsteigerbereich eher nicht zu rechnen ist. Warum also knausern?

Verkehrte Reihenfolge: In wendigen Trails ist das quirlige Canyon (hinten) dem Thok überlegen.Foto: Max Fuchs
Verkehrte Reihenfolge: In wendigen Trails ist das quirlige Canyon (hinten) dem Thok überlegen.

Doch der Federweg allein ist nicht entscheidend, es zählt auch die Güte des Fahrwerks. Neben Federwegen und Fahrwerken zahlen vor allem die Geometrien auf die Fahreigenschaften der E-Bikes ein. Zurück zu den Kosten. Dass die Hersteller in dieser Preisklasse hart kalkulieren müssen, zeigt sich auch in puncto Rahmen und Gesamtgewicht. Gemessen an den „nur“ 625 bis 630 Wattstunden großen Akkus geht keines dieser E-Touren-Fullys als Leichtgewicht durch.

Bei allem Spardruck gibt es aber auch viele Beispiele, bei denen die Hersteller ihre Bikes gemäß dem Touren-Einsatzbereich sinnvoll ausgestattet haben: Zwölffach-Schaltungen mit großer Bandbreite und Klettergang, kräftige Vierkolben-Bremsen, langhubige Teleskopstützen und passende Bereifung findet man an allen fünf E-Mountainbikes. Wie aber verhält es sich mit den teuersten Komponenten – den Akkus und Motoren? Große
Einigkeit herrscht in Sachen Akku-Größe: 625 und 630 Wattstunden sind Standard. Das Bosch-Smart-System mit 750er-Intube-Akku, neuer Motorabstimmung und modernem Display leistet sich keiner der fünf Kandidaten.

Auf langen Touren zählt nicht nur ein hoher Federungskomfort. Auch ein unkompliziertes Handling und eine aufrechte Sitzposition machen E-Touren-Fahrern wie Einsteigern das Leben leichter.Foto: Max Fuchs
Auf langen Touren zählt nicht nur ein hoher Federungskomfort. Auch ein unkompliziertes Handling und eine aufrechte Sitzposition machen E-Touren-Fahrern wie Einsteigern das Leben leichter.

Fazit zu den E-Touren-Fullys von Adrian Kaether, EMTB-Redakteur:

In der unteren Preisklasse müssen die Hersteller hart kalkulieren. Trotzdem treffen sich in diesem Test fünf Allrounder mit angemessener Ausstattung. Nur bei den Fahrwerken fallen die Sparmaßnahmen etwas schmerzlicher aus: Mäßige Federelemente schmälern vor allem den Fahrspaß in anspruchsvollem Gelände. Dank guter Reichhöhe, bewährter Motoren und ausgewogenem Handling steht ausgiebigen E-Bike-Touren mit diesen fünf E-Fullys für Einsteiger aber nichts im Weg.

Adrian Kaether, EMTB-RedakteurFoto: Markus Greber/Skyshot
Adrian Kaether, EMTB-Redakteur

Das ist uns bei den E-Touren-Fullys um 4500 Euro aufgefallen:

Breite Schlappen: Bis auf Giant setzen alle Bikes auf Reifen in 2,6 Zoll. Die sorgen für eine gute Dämpfung, machen sich aber auch in einem hohen Laufradgewicht bemerkbar. Giant kann sich so einen kleinen Vorteil beim Handling sichern.Foto: Max Fuchs
Breite Schlappen: Bis auf Giant setzen alle Bikes auf Reifen in 2,6 Zoll. Die sorgen für eine gute Dämpfung, machen sich aber auch in einem hohen Laufradgewicht bemerkbar. Giant kann sich so einen kleinen Vorteil beim Handling sichern.
Fronthöhe: Wegen des kurzen Steuerrohrs fällt der Stack bei Giant zu niedrig, bei Stevens mit dem sehr langen Steuerrohr zu hoch aus. Beides ist auf dem Trail nicht ideal und drängt den Fahrer in eine ungünstige Haltung.Foto: Max Fuchs
Fronthöhe: Wegen des kurzen Steuerrohrs fällt der Stack bei Giant zu niedrig, bei Stevens mit dem sehr langen Steuerrohr zu hoch aus. Beides ist auf dem Trail nicht ideal und drängt den Fahrer in eine ungünstige Haltung.
Integration: Endlich steckt auch bei den meisten günstigen Bikes der Magnet für den Speed-Sensor in der hinteren Bremsscheibe. Nur Cube setzt weiterhin auf einen veralteten und anfälligen Speichenmagneten.Foto: Max Fuchs
Integration: Endlich steckt auch bei den meisten günstigen Bikes der Magnet für den Speed-Sensor in der hinteren Bremsscheibe. Nur Cube setzt weiterhin auf einen veralteten und anfälligen Speichenmagneten.
Gangwechsel: Die Deore-Zwölffach-Schaltung in vier von fünf Bikes konnte uns mit knackiger Schalt-Performance überzeugen und steht den teuren Shimano-Gruppen kaum nach. Die günstige Sram SX am Thok fällt dagegen etwas ab.Foto: Max Fuchs
Gangwechsel: Die Deore-Zwölffach-Schaltung in vier von fünf Bikes konnte uns mit knackiger Schalt-Performance überzeugen und steht den teuren Shimano-Gruppen kaum nach. Die günstige Sram SX am Thok fällt dagegen etwas ab.

Alternative: das Trailbike

Wer trotz schmalen Budgets auch im Downhill gern die Bremsen offen lässt, wird mit günstigen E-Touren-Fullys nur bedingt glücklich. E-MTBs mit hoher Geländekompetenz sind teuer, doch es gibt Ausnahmen:

Als ausgewachsenes All Mountain ist das Radon Render etwas anspruchsvoller zu fahren als die güns­tigen Tourer, lässt sich aber auch von hartem Gelände nicht aus der Ruhe bringen. Gibt’s schon für 4499 Euro mit Bosch CX, 625er-Akku und Fox-Fahrwerk.Foto: Hersteller
Als ausgewachsenes All Mountain ist das Radon Render etwas anspruchsvoller zu fahren als die güns­tigen Tourer, lässt sich aber auch von hartem Gelände nicht aus der Ruhe bringen. Gibt’s schon für 4499 Euro mit Bosch CX, 625er-Akku und Fox-Fahrwerk.
Mit leichtem Akku, 180 Millimetern Federweg und Downhill-Geometrie ist das Canyon Torque:ON auf Krawall gebürstet. Dicke Drops, Sprünge und Bikepark – alles kein Problem. Der Preis ist mit 4799 Euro sehr fair. Absolut nicht einsteigertauglich!Foto: Hersteller
Mit leichtem Akku, 180 Millimetern Federweg und Downhill-Geometrie ist das Canyon Torque:ON auf Krawall gebürstet. Dicke Drops, Sprünge und Bikepark – alles kein Problem. Der Preis ist mit 4799 Euro sehr fair. Absolut nicht einsteigertauglich!

Das sagen die Tester:

Florentin Vesenbeckh, EMTB-Chefredakteur  und Testleiter: 
„In den Touren-Bikes stecken sehr unterschiedliche Charaktere. Wer Komfort sucht und im Gelände gerne die Arbeit seinem Bike überlässt, wird bei Stevens fündig. Der Gegenentwurf ist das sportliche Canyon. Deutlich leichtfüßiger und direkter verlangt es einen Fahrer, der sein Bike zu dirigieren weiß. Einsatzbereich und Vorlieben entscheiden!“Foto: Max Fuchs
Florentin Vesenbeckh, EMTB-Chefredakteur und Testleiter: „In den Touren-Bikes stecken sehr unterschiedliche Charaktere. Wer Komfort sucht und im Gelände gerne die Arbeit seinem Bike überlässt, wird bei Stevens fündig. Der Gegenentwurf ist das sportliche Canyon. Deutlich leichtfüßiger und direkter verlangt es einen Fahrer, der sein Bike zu dirigieren weiß. Einsatzbereich und Vorlieben entscheiden!“
Holger Meyer, Die Rasenmäher
: „Für den Fahrspaß ist die richtige Rahmengröße mindestens so entscheidend wie ein gutes Fahrwerk oder griffige Reifen. Zu groß, und die Bikes werden unhandlich, zu klein, und es fehlt die Fahrsicherheit. Obwohl wir alle Test-Bikes in Größe L bestellt haben, fallen sie in der Praxis sehr unterschiedlich aus. Vor dem Kauf also unbedingt Probe fahren.“Foto: Adrian Kaether
Holger Meyer, Die Rasenmäher : „Für den Fahrspaß ist die richtige Rahmengröße mindestens so entscheidend wie ein gutes Fahrwerk oder griffige Reifen. Zu groß, und die Bikes werden unhandlich, zu klein, und es fehlt die Fahrsicherheit. Obwohl wir alle Test-Bikes in Größe L bestellt haben, fallen sie in der Praxis sehr unterschiedlich aus. Vor dem Kauf also unbedingt Probe fahren.“
Adrian Kaether, EMTB-Redakteur: „Im Thok reagiert die Rockshox 35 unsensibel, im Cube taucht sie weg. Im Stevens funktioniert sie anständig. Eine seltsame Serienstreuung bei drei eigentlich baugleichen Gabeln. Das beschneidet das Potenzial der Bikes unnötig. Gabeln, wie die Yari oder die Fox 34, bieten die deutlich zuverlässigere Performance – für einen nur geringen Aufpreis.“Foto: Markus Greber/Skyshot
Adrian Kaether, EMTB-Redakteur: „Im Thok reagiert die Rockshox 35 unsensibel, im Cube taucht sie weg. Im Stevens funktioniert sie anständig. Eine seltsame Serienstreuung bei drei eigentlich baugleichen Gabeln. Das beschneidet das Potenzial der Bikes unnötig. Gabeln, wie die Yari oder die Fox 34, bieten die deutlich zuverlässigere Performance – für einen nur geringen Aufpreis.“

Den gesamten Test der fünf E-Touren-Fullys mit allen Daten und Noten aus EMTB 2/2022 finden Sie hier als PDF-Download:

Diese E-Touren-Fullys haben wir getestet:

Canyon Neuron:ON 7
Foto: Max Fuchs

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