Christian Schleker
· 27.05.2019
Pivot stellt sein edles E-Trailbike auf größere Füße. 29-Zoll-Räder, verbesserte Details und eine günstigere Version ergänzen die Produktreihe. Wir haben das neue E-MTB von Pivot bereits ausprobiert.
Same same but different: Die Amerikaner von Pivot bleiben ihrem ungewöhnlichen E-Bike-Konzept mit eigener Akkuintegration treu, optimieren das edle E-Geschoss Shuttle aber im Detail und schieben eine abgespeckte Version für satte 2400 Euro weniger an den Start.
Der DW-Link-Hinterbau mit 140 Millimetern Federweg wurde für die größeren Laufräder neu konstruiert, der Hauptrahmen bleibt aber unverändert. Geblieben ist also der als tragendes Bauteil aufwändig im Unterrohr verschraubte, eigentlich externe Shimano-Akku BT-E8010. Das verleiht dem E-MTB einen tiefen Schwerpunkt, und ermöglicht Pivot darüber hinaus geringe Wandstärken für einen leichten Rahmen.
Allerdings ist der Tausch des Akkus eine kleine Geduldsprobe. Acht Schrauben muss man lösen, dann kann man die gesamte Einheit aus Carbonplatte und Batterie entnehmen. Eine neue Schnellspannvorrichtung auf der Innenseite muss man noch wegklappen, dann ist der Energiespeicher frei.
Nicht praktisch und wehe, man verliert eine der Schrauben im Gelände. Aber immerhin ist alles klapperfrei und das auch über einen externen Port zu laden. Wer also nicht ständig mit zwei Akkus unterwegs ist, fährt mit dem leichten Pivot-System gut.
Das Shuttle Team XTR wird vom bewährten Shimano Steps E-8000 angetrieben. Relativ lange 170er-Kurbeln sind montiert. Pivot verzichtet auf den hochwertigeren linken Modus-Schalthebel und verbaut die schlanke und ergonomisch bessere SW-E7000 Einheit, die gut mit dem Hebel für die Fox Transfer harmoniert.
Dazu gibt es Top-Federelemente von Fox, einen Carbonlenker und schöne Details, wie das Mini-Schutz-Gummi über der unteren Wippe. Hier konnten sich beim alten Modell Steinchen im Spalt verklemmen. Mit dem Verhüterli hat sich das wohl erledigt.
Mit den exklusiven 1550 Gramm leichten DT Swiss Laufrädern mit soliden EXO+ Reifen und der neuen 12-fach XTR-Schaltung knackt das Topmodell Shuttle Team XTR fast die 20-Kilo-Schallmauer (Herstellerangabe 20,32 Kilo in Größe M). Damit zählt das neue Pivot zu den leichtesten E-Bikes auf dem Markt. Dafür will Pivot dann aber auch satte 10.499 Euro haben. Weil nicht jeder Kunde Lottogewinner ist, hat Pivot aber ein zweites Modell im Angebot. Das Shuttle Race XT für erschwinglichere 7899 Euro – ein echter Kampfpreis ist das zwar auch nicht, aber immerhin.
Der Rahmen der XT-Variante ist mit dem des teureren Modells identisch und komplett aus Carbon. Allerdings werkelt hier der günstigere und etwas schwächere Shimano Steps E-7000 Motor und die einfacheren Performance-Federelemente von Fox. Die 400 Gramm schwereren Laufräder, die 11-fach XT-Schaltung und insgesamt günstigere Anbauteile heben das Gewicht auf immer noch leichte 21 Kilo.
Pivot hat einen eigenen Hinterachsstandard ins Leben gerufen. Der nennt sich Superboost und ist mit 157 Millimetern Einbaubreite nochmal ein paar Millimeter ausladender als der aktuell etablierte Boost-Standard. So schaffen es die Amerikaner, den Hinterbau bei kurzen 440 Millimetern zu halten – trotz großen 29-Zöllern. Steifere Laufräder gibt’s als Bonus obenauf. Aktuell bieten DT Swiss, Industrie Nine und demnächst wohl auch Sram entsprechende Laufräder an.
Auffällig ist das relativ hohe Tretlager des Bikes. Hier zeigt sich, dass Pivot am Hauptrahmen wirklich nichts verändert hat. Mit der längeren 160-Millimeter-Gabel und den 29-Zoll-Rädern steigt das Innenlager auf ungewöhnliche 363 Millimeter. Der recht flache Lenkwinkel in Verbindung mit dem kurzen 44er-Offset der Gabel trimmt das Rad dafür wieder mehr in Richtung Enduro.
Auch mit großen Laufrädern wirkt das Pivot schon beim ersten Aufsitzen handlich und kompakt. Der durchschnittliche Reach, der kurze Vorbau und die hohe Front platzieren den Piloten aufrecht, aber gut zentriert im Bike. Der Steps E-7000 Motor surrt deutlich leiser als das teurere 8000er Modell, unterstützt dezenter, aber auch weniger kraftvoll. Der Hinterbau arbeitet wie gehabt sehr gut: Bei exakt eingestelltem Sag bietet er die ideale Kombination aus Anti-Squat und sensiblem Ansprechen: Er sackt auch in steilen Anstiegen nicht weg und liefert exzellente Traktion auf Stahlfeder-Niveau.
Die recht langen 170-mm-Kurbeln setzten wegen des hohen Tretlagers zwar nicht auf, erschweren aber eine hohe Kadenz. Weniger wäre hier mehr. Bergab ist das Shuttle eine Macht! Die klassischen 2,4er-Reifen lassen sich präzise steuern und greifen hervorragend. Im Vergleich zu den etwas schwabbeligen Plus-Reifen des Vorgängers ein echter Gewinn. In Kurven ist das Bike perfekt ausbalanciert, verliert den Grip erst spät und dann kontrolliert zuerst über das Hinterrad. Der verkürzte Vorlauf der Gabel in Verbindung mit dem flachen Lenkwinkel (65,2°) beruhigt die Lenkung spürbar.
Die 36er-Fox mit Performance-Kartusche harmoniert gut mit dem sensiblen Hinterbau und steht bei halb zugedrehter Druckstufe stabil im Hub. Die 140 Millimeter Hub am Heck fühlen sich nach mehr an. Ansprechverhalten, Schluckvermögen und Endprogression sind top. Das Pivot ist damit insgesamt ein sehr laufruhiges Trailbike mit Endurogenen und vermittelt mit der hohen Front und den großen Laufrädern enorme Sicherheit.