Interview Brett TippieGlanzmomente – Ich nenne es das “Fuck, yeah!”-Feeling!

Dimitri Lehner

 · 08.01.2024

Interview Brett Tippie: Glanzmomente – Ich nenne es das “Fuck, yeah!”-Feeling!Foto: Scott Markewitz
Freeride-Profi Brett Tippie: “Ein irres Gefühl!”. Anfang der 2000er-Jahre galt der Kanadier als Superdropper und begeisterte mit seinen Stunts Freeride-Fans weltweit.
In unserer Rubrik “Glanzmomente” berichten Bike-Profis über ihre Karriere-Highlights. Diesmal der Freeride-Pionier Brett Tippie. Der Kanadier gilt gemeinsam mit seinen Landsleuten Wade Simmons und Richie Schley als Erfinder des Freeriding und hatte in den Pionier-Tagen den Ruf, der krasseste Dropper zu sein. Kein anderer Biker traute sich aus den Höhen zu fallen wie Brett Tippie. Viele seiner Stunts sind in den Kranked-Filmen zu sehen (sind auf Youtube zu gucken).


FREERIDE: Kannst du dich erinnern, wann dieser Shot entstanden ist?
Brett Tippie: Ja, das muss 2002 gewesen sein. Damals fuhr ich für Specialized. Specialized machte aus dem Foto ein Poster, um das Modell Big Hit zu bewerben.

Wo bist du da gedroppt?
In Kamloops. Es war nicht der Spot, der in den ersten Kanked-Filmen zu sehen war, sondern an einem Platz, der sich Molycot-Pit nennt. Der Abbruch ist knapp über sieben Meter hoch. Damals war das ein dickes Ding. An einem Abend machte ich mit einigen Freunden ein Lagerfeuer im Molycot-Pit und wir witzelten rum bei paar Flaschen Bier. Als ich die Klippe sah, sagte ich den Buddies, dass ich da runter springen würde bei nächster Gelegenheit – worüber sich die Dudes natürlich lustig machten. Sie sagten: No Way! und meinten, ich hätte weder den Mut noch die Skills dazu.

Und?
Zufällig war der Ski-Fotograf Scott Markewitz in der Stadt, mit dem ich schon einige Aufnahmen gemacht hatte. Das war die Chance, dachte ich mir: Drop wagen, Fotobeweis liefern! Zusammen fuhren wir ins Molycot-Pit und ich machte den Drop.


Wie war die Landung?
Sehr weich. Es wäre gut gewesen, eine kompaktere Landung zu haben. Doch damals wussten wir es nicht besser und es war uns auch egal – Hauptsache Droppen! Vier mal sprang ich, drei Mal sank ich tief in den Schotter ein und stürzte. Beim vierten Mal schaffte ich es, mich auf dem Bike zu halten. Und war sehr happy darüber.

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War das dein höchster Drop?
Er zählte zu den höchsten. Doch da er zum Poster wurde, wurde ich immer wieder drauf angesprochen. Im Film Kranked 2 sprang ich einen Drop, der noch höher war und an der 10-Meter-Marke kratzte.

Damals definierte sich Freeriding über Drops und du hattest den Ruf, der krasseste Dropper zu sein.
Ja, das stimmt. Das war allerdings noch ein paar Jahre früher. Da war Josh Bender noch nicht aufgetaucht und auch Wade Simmons machte noch keine wirklich dicken Dinger. Zu der Zeit galt ich als der Superdropper und machte für eine Weile die höchsten Drops im Freeriding.

Wer machte dir Konkurrenz?
“Dangerous” Dan Cowan und Wade Simmons wagten heftige Stunts am Northshore von Vancouver, doch eher technisches Zeug, nee, eine Zeit lang hatte ich keine wirkliche Konkurrenz, was hohe Drops betraf.

Was qualifizierte dich für hohe Drops?
Dicke Eier (lacht) und der Drang cool sein zu wollen und andere zu beeindrucken. Du musst wissen, dass ich als Snowboard-Profi schon mit meinem Sandboard in den 1980ern über Klippen in diese Schotterhänge gedroppt bin. Bis zu fünf Meter hoch – und gelandet. Da erschien mir ein Sprung mit dem Bike aus sieben Metern nicht so abwegig, schließlich hatte ich hier Federweg. An den meisten Stellen musstest du ohnehin droppen, um überhaupt in die Schotterhänge zu kommen, und ich hatte jahrelange Erfahrung.

Doch dann wurdest du aus dem Freeride-Rampenlicht gedrängt. Warum?
Krasse Typen tauchten auf. Allen voran Bender mit seinen Kamikaze-Nummern, Wade Simmons sprang das Marzocchi-Gap und zeigte, zu was er fähig war, Matt Hunter machte dicke Dinger und Darren Berrecloth schien nicht zu stoppen. Gleichzeitig gab es die ersten heftigen Unfälle. Mein Freund Tarek Rasouli landete im Rollstuhl, das war für mich Anlass alles zu hinterfragen. Irgendwie geriet ich auf Abwege. Partys, Alkohol, Drogen kamen ins Spiel und für einige Jahre verirrte ich mich auf der dunklen Seite des Lebens.

Wie sieht es heute aus – immer noch fasziniert von Drops?
Ich finde Drops noch immer cool. Im freien Fall durch die Luft – super. Das wirkt unmöglich bis du es versuchst und merkst: Es ist möglich. Das Gefühl, es geschafft zu haben, ist berauschend. Ich nenne es: das “Fuck, yeah!”-Feeling. Doch jetzt bin ich 54 Jahre und habe zwei Töchter. Will heißen: Ich muss nix mehr beweisen. Ich schaue gerne zu, wenn sich die Jungs bei der Rampage Klippen runter stürzen oder wie letztes Jahr, wenn Brage Vestavik den Jah-Drop von Josh Bender wiederholt hat. Das ist irre. Doch ich persönlich springe höchstens noch aus fünf Metern Höhe mit einer guten Landung – wo ich weiß, dass ich das hinkriege ohne Sturz. Das macht mir noch immer verdammt viel Spaß.

Showman Brett Tippie bei der Video-Premiere von Rad Company. Der Kanadier setzt sein enormes Unterhaltungstalent für Moderationen ein, doch freeridet noch immer leidenschaftlich, ob mit Bike oder Snowboard.Foto: Red BullShowman Brett Tippie bei der Video-Premiere von Rad Company. Der Kanadier setzt sein enormes Unterhaltungstalent für Moderationen ein, doch freeridet noch immer leidenschaftlich, ob mit Bike oder Snowboard.

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