Europaweite ErmittlungenZollbetrug bei E-Bike-Importen aus China

Josh Welz

 · 16.05.2025

Europaweite Ermittlungen: Zollbetrug bei E-Bike-Importen aus ChinaFoto: Adobe
Die Europäische Union importiert jährlich Fahrräder und Fahrradteile im Wert von mehreren Milliarden Euro. China spielt dabei eine wichtige Rolle als Lieferant.
Die Europäische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen mutmaßlichen Zollbetrugs bei der Einfuhr von E-Bikes aus China. Im Fokus steht ein portugiesisches Unternehmen, das seit 2020 Komplettbikes aus China zerlegt importiert haben soll, um Anti-Dumping-Zölle zu umgehen.

Die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) in Porto hat eine europaweite Untersuchung wegen des Verdachts auf groß angelegten Zollbetrug im Zusammenhang mit der Einfuhr von E-Bikes aus China eingeleitet. Die Ermittlungen erstrecken sich über mehrere EU-Länder und konzentrieren sich auf ein portugiesisches Unternehmen, das im Verdacht steht, seit 2020 systematisch Anti-Dumping-Zölle umgangen zu haben. Laut EPPO wurden in Belgien, Deutschland, den Niederlanden und Portugal insgesamt sechzehn Durchsuchungen durchgeführt, um Beweise für die mutmaßlichen illegalen Praktiken zu sichern. Um welche Unternehmen es sich handelt, gab die Zollbehörde nicht an.

Die Zollabgaben bei Importen von E-Bikes aus China sind ganz erheblich: Der Antidumpingzoll lieg bei 62,1 Prozent des Zollwertes eines E-Bikes, zusätzlich wird ein Ausgleichszoll von 17,2 Prozent erhoben. Am Ende muss von den importierenden Unternehmen noch die Einfuhrumsatzsteuer (in Deutschland 19 Prozent) entrichtet werden.

Immer mehr europäische Hersteller planen, sich von China unabhängiger zu machen. Hauptgründe sind Risiken durch Handelskonflikte und Lieferkettenprobleme. Aber auch die Löhne und Produktionskosten in China steigen - was die hohen Dumping- und Ausgleichszölle der Europäischen Union noch problematischer macht.Foto: Wang Chun / CostfotoImmer mehr europäische Hersteller planen, sich von China unabhängiger zu machen. Hauptgründe sind Risiken durch Handelskonflikte und Lieferkettenprobleme. Aber auch die Löhne und Produktionskosten in China steigen - was die hohen Dumping- und Ausgleichszölle der Europäischen Union noch problematischer macht.

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Die Ermittlungen haben ergeben, dass das beschuldigte portugiesische Unternehmen offenbar eine ausgeklügelte Strategie verfolgte, um die geltenden Anti-Dumping-Zölle auf vollständig montierte E-Bikes aus China zu umgehen. Stattdessen soll das Unternehmen die Fahrräder in zerlegter Form importiert haben, wobei die Sendungen bei den Zollbehörden vorsätzlich falsch deklariert wurden. Diese Vorgehensweise ermöglichte es dem Unternehmen mutmaßlich, die Einfuhrabgaben zu reduzieren - und sich damit einen unfairen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Die EPPO betont, dass die E-Bikes auf Wunsch mehrerer europäischer Wiederverkäufer in China vollständig konstruiert und dann in zerlegter Form zur Montage an das portugiesische Unternehmen geliefert wurden. Nach der Montage sollten die E-Bikes wieder an die europäischen Wiederverkäufer in Belgien, Deutschland und den Niederlanden verkauft worden sein.

Umfang und Auswirkungen der Ermittlungen

Der durch diesen mutmaßlichen Betrug entstandene Schaden für den EU-Haushalt wird von den Ermittlern auf etwa 2,25 Millionen Euro geschätzt. Keine astronomisch hohen Summen also, abzuwarten bleibt aber, ob die Behörden nur die Spitze eines Eisbergs angekratzt haben. Die durchgeführten Durchsuchungen in den vier beteiligten Ländern zeigen die grenzüberschreitende Natur des Falls und die enge Zusammenarbeit der europäischen Strafverfolgungsbehörden. In Deutschland war das Zollfahndungsamt München an den Ermittlungen beteiligt, während in den anderen Ländern die jeweiligen Steuer- und Zollbehörden sowie spezialisierte Ermittlungseinheiten zum Einsatz kamen. Die EPPO betont, dass für alle beteiligten Personen die Unschuldsvermutung gilt, bis ihre Schuld vor den zuständigen portugiesischen Gerichten bewiesen ist.

Viele europäische Fahrrad-Importeure betreiben eigene Lager und Montagewerke in Europa, in denen sie Komponenten lagern und die Fahrräder selbst oder über Dienstleister endmontieren. Das gilt vor allem für Marken mit mit hohem Qualitätsanspruch und großem Volumen.Foto: Arda AydermanViele europäische Fahrrad-Importeure betreiben eigene Lager und Montagewerke in Europa, in denen sie Komponenten lagern und die Fahrräder selbst oder über Dienstleister endmontieren. Das gilt vor allem für Marken mit mit hohem Qualitätsanspruch und großem Volumen.

Bedeutung für die E-Bike-Industrie

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, mit denen die europäische E-Bike-Industrie auf der einen und die Zollbehörden auf der anderen Seite konfrontiert sind. Für die Fahrradindustrie ist China eines der wichtigsten Produktionsländer, insbesondere bezüglich Carbonrahmen, aber auch viele Komponentenhersteller lassen dort produzieren. Auf der anderen Seite sind die Importzölle eine großer Kostenfaktor im Pricing der Unternehmen. Die Anti-Dumping-Zölle wurden eingeführt, um europäische Produzenten vor unfairen Handelspraktiken zu schützen. Durch die mutmaßliche Umgehung dieser Zölle durch die Einfuhr zerlegter E-Bikes und deren anschließende Montage in der EU werden diese Schutzmaßnahmen unterwandert.

Ausblick und mögliche Konsequenzen

Die laufenden Ermittlungen der EPPO könnten zu einer Verschärfung der Kontrollen und möglicherweise zu Anpassungen der Zollvorschriften für die Einfuhr von E-Bikes und deren Komponenten führen. Für die Branche bedeutet dies, dass Importeure und Händler in Zukunft mit genaueren Überprüfungen und strengeren Auflagen rechnen müssen. Gleichzeitig könnte der Fall als Präzedenzfall dienen und ähnliche Untersuchungen in anderen Bereichen der Fahrradindustrie nach sich ziehen. Die europäischen E-Bike-Hersteller dürften die Entwicklungen aufmerksam verfolgen, da das Ergebnis der Ermittlungen potenziell Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation im Markt haben könnte.

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