YT-Gründer Flossmann kauft Firma zurück„I’ll buy back!“

Dimitri Lehner

 · 29.09.2025

YT-Gründer Flossmann kauft Firma zurück: „I’ll buy back!“Foto: YT
Hochwertige Bikes, schicke Designs, ausgefallene Marketing-Ideen, sehr gute bis hervorragende Produkt-Tests: YT scheint alles richtig gemacht zu haben. Aber dennoch droht jetzt das Aus.
Überraschende Wende nach Insolvenz: YT-Gründer Markus Flossmann kauft YT Industries zurück und will die Bike-Firma selbst retten. Ob das gelingen kann? Wir hoffen es alle, denn die Gravity-Marke aus Forchheim hätte es verdient.

Nach der Insolvenz in Eigenverwaltung zeichnet sich für YT Industries eine überraschende Entwicklung ab: Firmengründer Markus Flossmann übernimmt das Unternehmen zurück. Nachdem ein Private-Equity-Investor die Finanzierung eingestellt hatte, musste YT im Juli 2025 Insolvenz anmelden. Nun hat der Gläubigerausschuss dem Rückkaufangebot des Gründers zugestimmt, der persönliches Kapital investiert, um Kundenbestellungen zu sichern.

Der fränkische Direktversender YT Industries erhält eine zweite Chance: Firmengründer Markus Flossmann kauft sein ehemaliges Unternehmen zurück und will einen Neustart wagen. Diese überraschende Entwicklung folgt auf die im Juli 2025 angemeldete Insolvenz in Eigenverwaltung, die notwendig wurde, nachdem der Hauptgesellschafter – ein Private-Equity-Investor – die Finanzierung des Unternehmens eingestellt hatte. Der Gläubigerausschuss hat Flossmanns Angebot bereits zugestimmt, und aktuell werden die finalen Verträge ausgearbeitet. Die Übernahme durch den Gründer könnte dem für seine Gravity-orientierten Mountainbikes bekannten Hersteller neues Leben einhauchen, nachdem die Suche nach externen Investoren erfolglos geblieben war.

YT CEO Markus Flossmann: „Von Ridern für Ridern“ – die Bikes von YT haben alle überzeugt. Dennoch geriet die Marke aus Deutschland in den Krisen-Strudel.Foto: Henri LesewitzYT CEO Markus Flossmann: „Von Ridern für Ridern“ – die Bikes von YT haben alle überzeugt. Dennoch geriet die Marke aus Deutschland in den Krisen-Strudel.

Die finanzielle Schieflage bei YT Industries wurde Anfang Juli 2025 offensichtlich, als der bisherige Hauptgesellschafter – ein nicht namentlich genannter Private-Equity-Investor – ankündigte, die Finanzierung des Unternehmens nicht länger fortzuführen. Diese Entscheidung zwang das Management, ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zu beantragen, wodurch ein dreimonatiges Zeitfenster für die Suche nach neuen Investoren entstand. Flossmann, der YT Industries 2008 gegründet hatte, äußert sich in einer Stellungnahme deutlich zu den Bemühungen um externe Investoren: "Leider waren die Angebote, die wir erhalten haben, ein absoluter Witz und nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen." Diese Situation habe ihn letztlich dazu bewogen, selbst als Käufer aufzutreten und das Unternehmen zurückzuerwerben. Der Gläubigerausschuss hat seinem Angebot bereits zugestimmt, und die Verträge befinden sich in der finalen Ausarbeitung, um das Geschäft unter einer neuen Struktur neu zu starten.

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Auswirkungen auf Mitarbeiter und Betrieb

Die Insolvenz hat bereits konkrete Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb und die Belegschaft von YT Industries. Um zu verhindern, dass Leistungen erbracht werden, die die insolvente Gesellschaft nicht mehr bezahlen könnte, wurde ein Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freigestellt. Nur ein kleines Team bleibt derzeit im Einsatz, um Kundenanfragen zu bearbeiten und laufende Bestellungen abzuwickeln. Diese Maßnahme ist Teil des Insolvenzverfahrens und soll die finanziellen Verpflichtungen des Unternehmens begrenzen. Flossmann betont, dass die Verhandlungen zügig abgeschlossen werden sollen, um die Auswirkungen für Kundinnen und Kunden so gering wie möglich zu halten. Wie viele der freigestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach dem Neustart wieder eingestellt werden könnten, ist derzeit noch nicht bekannt. Die Übernahme durch den Gründer könnte jedoch die Chance bieten, zumindest einen Teil der Arbeitsplätze zu erhalten.

Sicherung von Kundenbestellungen

Für Kundinnen und Kunden, die bereits Bestellungen aufgegeben haben und auf ihre Bikes warten, gibt es ein klares Signal von Markus Flossmann. Er versichert: "Jede Kundenbestellung wird entweder erfüllt (falls das Bike auf Lager ist) oder erstattet. Um das sicherzustellen, habe ich persönlich einen erheblichen Betrag privaten Kapitals investiert." Diese persönliche finanzielle Beteiligung des Gründers soll gewährleisten, dass keine Kundin und kein Kunde durch die Insolvenz Schaden nimmt. Laut Flossmann sollten offene Bestellungen innerhalb der nächsten vier bis sechs Wochen abgeschlossen sein – entweder durch Auslieferung der bestellten Räder oder durch Rückerstattung der geleisteten Zahlungen. Diese Zusage ist besonders wichtig für das Vertrauen in die Marke, da Direktversender wie YT Industries in der Regel mit Vorkasse arbeiten und Kundinnen und Kunden daher bei einer Insolvenz besonders gefährdet sind, ihr Geld zu verlieren.

Internationale Auswirkungen

Von der Insolvenz ist primär die YT Industries GmbH in Deutschland betroffen, während die internationalen Ableger des Unternehmens unterschiedlich betroffen sind. Zur Situation der YT Industries LTD in England liegen keine detaillierten Informationen vor, was Fragen zur dortigen Geschäftslage offenlässt. Die US-amerikanische Tochtergesellschaft hingegen arbeitet nach Unternehmensangaben normal weiter und verzeichnet keine Einschränkungen im Geschäftsbetrieb. Diese unterschiedlichen Auswirkungen zeigen die komplexe Unternehmensstruktur des international agierenden Fahrradherstellers. Für Kundinnen und Kunden in den USA bedeutet dies, dass sie weiterhin ohne Einschränkungen Bikes bestellen und Service in Anspruch nehmen können, während in Deutschland und möglicherweise auch in Großbritannien mit Verzögerungen oder Einschränkungen zu rechnen ist, bis der Neustart unter Flossmanns Führung vollständig umgesetzt ist.

Dialog mit der Community

Besonders bemerkenswert ist, dass Markus Flossmann sich nach Bekanntwerden der Übernahme direkt an die Mountainbike-Community gewandt hat. Im Forum von MTB-News.de hat er sich persönlich zu Wort gemeldet und sich der Diskussion rund um die Insolvenz und den geplanten Neustart gestellt. In mehreren Beiträgen beantwortete er kritische Fragen, gab Einblicke in den Verkaufsprozess und sprach offen über schwierige Entscheidungen im Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. So beschrieb er etwa, wie schwer es für ihn gewesen sei, vor 150 Menschen die schwierige Situation zu erklären. Auch auf Vorwürfe zur Verantwortung für die Krise reagierte er direkt und stellte klar, dass er erst zurückgekehrt sei, als YT Industries bereits in Schieflage geraten war. Dieser offene Dialog mit der Community könnte ein wichtiger Faktor sein, um das Vertrauen in die Marke wiederherzustellen und die Basis für einen erfolgreichen Neustart zu legen.

Die Geschichte von YT:

2006 gründeten Markus Flossmann und Jacob Fatih die Internetplattform „Sponsoree Deutschland GmbH“, die als Verbindung zwischen Sportlern und potenziellen Sponsoren fungierte.

2008 brachte die Firma unter der Marke Sponsoree ihr erstes Mountainbike auf den Markt: das Dirtbike namens Dirt Love. Zwei Jahre darauf stieß Stefan Willared als Chief Technology Director (CTO) und geschäftsführender Gesellschafter zum Unternehmen. Infolge der Sortimentserweiterung im Gravity-Bereich wurde die Sponsoree Deutschland GmbH im Jahr 2011 in YT Industries GmbH (Young Talent Industries) umbenannt.

Heute entwickelt, produziert und vertreibt YT verschiedene Arten von Mountainbikes, darunter Modelle für Dirt Jump, Freeride, Downhill, Enduro und All Mountain. Mit dem Modell CAPRA setzte YT neue Standards im Enduro-Segment, während das Modell TUES 2010 den Red Dot Design Award erhielt und mehrfach als Downhill-Bike des Jahres ausgezeichnet wurde. YT vertreibt seine Produkte direkt über die eigene Website, ohne Einzelhändler oder Shops zu nutzen. Das Unternehmen hat in den letzten drei Jahren ein starkes Wachstum erlebt und verkauft seine Produkte mittlerweile weltweit. 2019 erweiterte YT sein Angebot um das E-Bike Decoy, dem weitere E-Bike-Varianten folgten.

Am 16. Juli 2025 kündigte YT Industries an, ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung gemäß deutschem Recht einzuleiten.

Im Jahr 2012 nahm YT den Mountainbike-Profi Andreu Lacondeguy in sein Team auf, und 2014 folgte Freerider Cameron Zink. Seit 2016 ist YT mit „The YT Mob“ auch im Mountainbike-Weltcup vertreten und konnte von 2016 bis 2018 mit Aaron Gwin, einem der erfolgreichsten Downhill-Rennfahrer, zahlreiche Erfolge feiern. Bereits im ersten Jahr ihres World Cup Engagements sicherte sich YT mit Aaron Gwin den Gesamtsieg im Downhill, und 2017 folgte ein weiterer Gesamtsieg im Downhill World Cup

YT Industries:

  • Gründung: 2008 durch Markus Flossmann
  • Firmensitz: Forchheim, Deutschland
  • Geschäftsmodell: Direktvertrieb von Mountainbikes
  • Spezialisierung: Gravity-orientierte Mountainbikes (Enduro, Downhill, Freeride)
  • Internationale Präsenz: Deutschland, USA, Großbritannien

Insolvenzverfahren:

  • Art: Insolvenz in Eigenverwaltung
  • Anmeldung: Juli 2025
  • Auslöser: Rückzug des Private-Equity-Investors als Hauptgesellschafter
  • Status: Übernahme durch Gründer Markus Flossmann, Zustimmung des Gläubigerausschusses liegt vor

Markus Flossmann:

  • Funktion: Gründer von YT Industries
  • Aktuelle Rolle: Käufer und zukünftiger Leiter des Unternehmens
  • Maßnahmen: Persönliche Investition zur Sicherung von Kundenbestellungen
  • Rückkehr: War zwischenzeitlich nicht mehr operativ tätig, kehrte vor der Insolvenz zurück

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