Susi Dahlmeier – über die Anfänge des Worldcup

Henri Lesewitz

 · 26.06.2007

Susi Dahlmeier – über die Anfänge des WorldcupFoto: BIKE Magazin
Susi Dahlmeier – über die Anfänge des Worldcup

"Mit Purzelbaum zum 2000-Mark-Scheck." Susi Dahlmeier (geborene Buchwieser) war von Anfang an im Mountainbike-Worldcup dabei. Ein Rückblick in die gute, alte Zeit.

Ich war sechzehn Jahre alt und Mittelstreckenläuferin im Bayernkader. Da kaufte sich meine Schwester Regina ein Mountainbike, um damit Rennen zu fahren. Bei uns in Garmisch gab es dieses berühmte Uphill-Rennen hoch zur Esterbergalm, wo jedes Mal der ganze Ort zum Zuschauen an die Strecke pil gerte. Ich hatte damals gerade eine Sinnkrise, ob das Laufen der richtige Sport für mich war. Immer nur im Kreis laufen, da verblödet man ja irgendwann, dachte ich. Deshalb war ich ziemlich aufgeschlossen, als mich der Freund meiner Schwester zu einer Mountainbike-Tour überredete. Er meinte, wenn ich es bis hoch zur Esterbergalm schaffe, bekomme ich ein Weißbier. Ich fuhr mit dem Bike von Regina. Sie gab mir noch als Tipp auf den Weg, über den Lenker abzuspringen, falls sich das Vorderrad an einem Stein verhaken sollte. Die Tour hat mir riesigen Spaß gemacht, denn ich war damals schon ein richtiger Naturmensch.

Etwa ein Jahr später, im Sommer 1988, wurde in Garmisch ein Lauf des Grundig Cups ausgefahren, dem Vorgänger des späteren Worldcups. Ich war in der Ausbildung zur Goldschmiedin. Mein Lehrmeister hielt mir die Zeitungsankündigung unter die Nase und sagte, dass man dort 2000 Mark gewinnen könne. Ich wollte gerade meinen Führerschein machen und brauchte dringend Geld. „Mensch“, sagte ich mir, „2000 Mark wären doch super, dafür muss man lange arbeiten“. Also machte ich mit. In Sprinterhose und mit Kletterhelm. Das Rad hatte mir mein Leichtathletik-Trainer geborgt. Es hatten ziemlich viele Starter gemeldet. Das hatte neben der sportlichen Herausforderung einen ganz bestimmten Grund. Sponsor der Serie war Grundig und es gab dort angeblich immer ganz tolle Elektroartikel als Sachpreise: Fernseher, Videorekorder, Kassettenrekorder, Walkman. Das zog natürlich. Am Samstag startete ich zunächst beim Dualslalom, bei dem auf einer Wiese ein paar Pfähle umfahren werden mussten. Dort gewann ich auf Anhieb und bekam ein Radio.

  Siegertypen: Susi Dahlmeier zusammen mit Superstar John Tomac auf dem Podest des Grundig Cups.Foto: Dirk Belling
Siegertypen: Susi Dahlmeier zusammen mit Superstar John Tomac auf dem Podest des Grundig Cups.

Plötzlich standen die Sponsoren bei Susi Dahlmeier Schlange

Beim Cross-Country-Rennen am Sonntag standen dann eine Menge Straßenfahrerinnen am Start. Die besaßen schon richtige Radhelme und schauten ganz grimmig drein. Vor denen hatte ich einen Mordsrespekt. Es schüttete aus Kübeln. Ich fuhr einfach drauflos, überschlug mich in der letzten Runde und wurde trotz Purzelbaum Erste. Ich konnte das gar nicht glauben. Ich war ja kein Profi und war vorher noch nie ein Rennen gefahren. Ich hatte nicht mal trainiert. Plötzlich standen die Sponsoren Schlange. Ich bekam ein Carbon-Fahrrad und Einladungen zu Trainingslagern mit der Nationalmannschaft. In Freiburg wurde ich wie ein Außerirdischer bei einer Leistungsdiagnostik durchgecheckt. Doch ich hatte einfach keine Lust, nach Plan zu trainieren. Ich wollte auf den Berg fahren, die Landschaft anschauen, zusammen mit Regina Spaß haben, nicht hunderte Kilometer stupide auf der Straße schrubben. Zusammen mit Regina haben wir dann ein paar Jahre lang im Worldcup ziemlich abgeräumt. Alles war noch nicht so spezialisiert wie heute. Wir fuhren einfach, wenn wir Lust hatten. Trotzdem gewannen wir ein Rennen nach dem anderen. Bei der Downhill-EM 1990 bin ich beispielsweise nur so mitgefahren, obwohl ich mir Null Chancen ausrechnete. Ich fuhr nach dem Motto: Sieg oder Sarg. Im Ziel konnte ich selbst kaum fassen, dass ich gewonnen hatte. Da war ich eben mal kurz Europameisterin geworden. Heute wäre so etwas nicht mal mehr denkbar.

Transalp-Comeback nach der Babypause

Die Entwicklung beim Marathon verlief ähnlich. Nach der Babypause wollte ich 1994 beim Grand Raid Cristalp mitfahren, weil alle von dieser neuen Disziplin schwärmten. Mein Mann versuchte noch, mir den Start auszureden. Der machte sich richtig Sorgen, dass ich mich übernehme. Ich bin ein bisschen mit dem Babyjogger laufen gegangen, da ich überhaupt keine Zeit für eine richtige Vorbereitung hatte. Dann fuhr ich in die Schweiz. Ich gewann das Rennen quasi ohne Training. Ähnlich war es ein paar Jahre später bei der adidas BIKE Transalp Challenge. Nach meiner zweiten Babypause ging ich 1999 zusammen mit meinem Mann an den Start. Ich musste mich zwar extrem schinden, trotzdem gewannen wir die Mixed-Wertung. Diese Zeiten sind ein für allemal vorbei. Leider, denn rückblickend gesehen war es genau diese unverkrampfte Atmosphäre, die für mich den Reiz an der Rennszene ausgemacht hat.

Unbekanntes Element