Sommer 2020Totalausfall für MTB-Reiseanbieter? Nein!

Lisa Gärtitz

 · 25.03.2020

Sommer 2020: Totalausfall für MTB-Reiseanbieter? Nein!Foto: Markus Greber
Sommer 2020: Totalausfall für MTB-Reiseanbieter? Nein!

Absagen, Umbuchungen, Stornierungen: Die Auswirkungen der Corona-Krise auf Mountainbike-Reiseveranstalter und Tourenanbieter können drastisch ausfallen. ULPTours-Chef Uli Preunkert im Interview.

Immer mehr geplante Events und Reisen werden abgesagt. Immer mehr Stornierungen und Umbuchungen sind die Folge. Die Corona-Krise zerstört nicht nur den Kunden die spannenden Mountainbike-Abenteuer und die ersehnten Fahrrad-Urlaube, auch die Fahrrad-Reiseveranstalter und Anbieter von geführten Mountainbike-Touren leiden unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Wie ULPtours, einer der größten MTB-Touren-Veranstalter Deutschlands, sich der gegenwärtigen Situation stellt und mit der Corona-Krise umgeht, berichtete uns Geschäftsführer Uli Preunkert im Gespräch.

„In der derzeitigen Lage herrscht viel Verständnis und Toleranz“


BIKE: Wegen der Corona-Pandemie müssen notgedrungen Veranstaltungen abgesagt werden. Wie gehen Sie mit den Stornierungen um? Bis wann haben Sie Ihre Touren abgesagt?

Uli Preunkert: Die Situation hat sich in den letzten Wochen sehr dynamisch verändert. Wir werden Touren stornieren, wenn Reisewarnungen seitens des Auswärtigen Amtes bestehen oder wir in ein Land nicht einreisen dürfen (z. B. Österreich). Das alles muss man zeitnah vor dem Event betrachten. Deshalb werden wir frühestens eine Woche vor der Veranstaltung absagen. Es sei denn, es ist jetzt schon absehbar, dass Veranstaltungen auf Grund von Einreisebestimmungen nicht stattfinden können (z. B. unser Trailcamp in Tschechien).


Eine Woche vor Reisebeginn ist kurzfristig. Wollen das die Kunden im Hinblick auf Vorbereitung und Training nicht früher wissen? Wie reagieren die Kunden auf solche spontanen Absagen?

Ja, das ist sehr kurzfristig und in normalen Verhältnissen würde das kein Kunde so akzeptieren. Aber in der derzeitigen Lage zeigen die allermeisten Kunden Verständnis und Toleranz. Wir können derzeit nur von Woche zu Woche schauen.


Gibt es denn derzeit viele Stornierungen oder warten die Leute noch ab?

Es gibt nur sehr wenige Stornierungen. Die meisten unserer Kunden warten ab und halten sich die Möglichkeit offen, ihre Reise doch noch durchführen zu können.


Die Stornierungen bringen weitere Folgen mit sich. Was haben Sie diesbezüglich mit den Hoteliers, den Shuttle-Fahrern und den Rücktransporten vereinbart?

Mit den Hoteliers sind wir in Kontakt und werden mit unseren wichtigen Partnern sicherlich gemeinsame Lösungen finden. Wir führen die Shuttle-Fahrten und einige Rücktransporte selbst durch. Deshalb haben wir das in diesem Bereich selbst in der Hand. Mit unseren Busunternehmen haben wir langjährige Partnerschaften und werden sicher auch gemeinsame Lösungen finden.


Nicht alle kleinen Unterkunftsbetriebe werden die Krise wirtschaftlich wohl überstehen. Gehen Sie davon aus, dass Sie Ihre Routen entsprechend neu planen müssen?

Hier machen wir uns aktuell noch keine Sorgen. Bei unseren Hotelpartnern handelt es sich meist um wirtschaftlich solide, familiäre Betriebe, die vor allem vom Sommertourismus leben. Ich glaube nicht, dass der Ausfall im Mai und Juni bei unseren Partnern sofort zum Bankrott führt. Wir haben auch noch keine Umplanung vorgenommen und den Hoteliers vorerst zugesichert, unsere Verpflichtungen einzuhalten. Sollte dennoch ein Hotel schließen müssen, haben wir genügend Ausweichmöglichkeiten. Wir bleiben aber optimistisch und planen unsere Routen (noch) nicht um.

  Auch Hütten, Gasthöfe und Hotels profitieren im Sommer vom Transalp-Tourismus. Durch die europaweit verordneten Schließungen und das abrupte Ende der Wintersaison fehlen bereits jetzt wichtige Einnahmen.Foto: Jörg Reuther
Auch Hütten, Gasthöfe und Hotels profitieren im Sommer vom Transalp-Tourismus. Durch die europaweit verordneten Schließungen und das abrupte Ende der Wintersaison fehlen bereits jetzt wichtige Einnahmen.


Was sagen Sie den Kunden?

Wir haben in einem Newsletter unser Vorgehen geschildert. Dies hat schon für die ein oder andere Reaktion gesorgt. Generell habe ich aber den Eindruck, dass noch meist mit Gelassenheit abgewartet wird. Außerdem bieten wir kostenlose Umbuchungen an und verlängern unsere Saison bis in den Oktober hinein. So wollen wir versuchen, unser Programm dennoch durchzubringen und unseren Kunden bestmöglich entgegenzukommen.


Sind die Stornierungen denn derzeit kostenlos?

Für Touren, die wir noch nicht abgesagt haben, fallen 20% des Reisepreises an. Müssen wir eine Tour absagen, wie zum Beispiel unser Trailcamp in Tschechien, dann ist die Stornierung selbstverständlich kostenfrei.


Wie hoch schätzen Sie den Rückgang der Transalp-Touren dieses Jahr ein?

Es wird auf jeden Fall diese Saison ein Rückgang zu verzeichnen sein. Vor allem wegen der verschobenen Urlaubsplanung. Aber auch finanzielle Gründe werden eine Rolle spielen. Viele leiden bereits jetzt unter den betrieblichen Maßnahmen und werden sich den Transalp-Urlaub schlichtweg nicht mehr leisten können. Langfristig sehe ich aber keinen Einbruch. Im Gegenteil. Ich bin sicher, dass die Alpenraumreisen (hier speziell das Radbusiness) nach der Krise einen spürbaren Anstieg verzeichnen werden. Vor allem das E-Bike kann hier einen völlig neuen Markt eröffnen. Immer mehr Leute werden sich in Folge der Corona-Krise zukünftig für einen aktiven Alpen-Urlaub in kleinen Gruppen entscheiden.

  MTB-Alpenüberquerungen mit Guide sieht ULPtours-Chef Uli Preunkert langfristig im Aufwind, selbst wenn der Sommer 2020 durch die Corona-Krise schwächer ausfallen dürfte.Foto: Markus Greber
MTB-Alpenüberquerungen mit Guide sieht ULPtours-Chef Uli Preunkert langfristig im Aufwind, selbst wenn der Sommer 2020 durch die Corona-Krise schwächer ausfallen dürfte.


Veranstalter in den USA haben bereits ihr Tourenprogramm für 2021 online gestellt. Rechnen auch Sie schon damit, dass der Sommer 2020 für Sie ein Totalausfall werden könnte?

Für Mai und Juni rechnen wir mit Ausfällen, klar. Aber ab Juli wollen wir alles ausführen wie geplant, sofern der Lockdown nicht weitere vier Wochen oder länger anhält. Das würde für die gesamte Wirtschaft einen Zusammenbruch bedeuten. Wir sind aber optimistisch. Da wir unser Angebot erweitern und die Saison bis in den Oktober verlängern, gehen wir von keinem Totalausfall aus.


Der Staat hat Unterstützung versprochen. Klappt das mit der angekündigten staatlichen Soforthilfe?

Die Anträge waren leicht downloadbar, auch schnell ausgefüllt und an die betreffenden Stellen gesandt. Ein Feedback gab es aber bisher noch nicht. Es muss in Bayern einen sehr großen Andrang bei den staatlichen Hilfen geben.


Was glauben Sie? Wie wird sich der Reiseanbieter-Markt von Bike-Touren nach der Krise entwickeln?

Ich bin überzeugt, dass der Markt (Biken in den Alpen und in der Toskana) gestärkt aus der Krise herausgehen wird. Die Touren werden in kleinen Gruppen durchgeführt. Durch das gerade Erlebte wird sich das Buchungsverhalten der Menschen ändern. Schiffsreisen oder Urlaube in Regionen, die eine Anreise mit dem Flugzeug voraussetzen, werden es zukünftig sicherlich schwer haben, die gleichen Marktanteile wie vor der Krise zu behaupten. Unsere Touren finden in den Alpen statt. Sie sind gut mit Auto oder Zug zu erreichbar. Die Gäste/Mitfahrer sind alle fit, d. h. das Ansteckungsrisiko ist eher gering. In meinen Augen kann das Radeln in den Bergen unter dem Gesichtspunkt der Corona-Krise eine sehr sichere Form des Reisens sein. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen können. Wichtig ist aber, unseren Gästen zu vermitteln, dass wir sehr sensibel mit diesem Thema umgehen und die Sicherheit der Gäste und Mitarbeiter*innen über allem steht.


Haben Sie bereits kreative Ideen für die Zukunft?

An kreative Ideen mag ich gerade offen gestanden nicht denken. Unser Fokus sollte darauf liegen, die Reisen, sofern wir sie durchführen können, so sicher wie möglich zu gestalten. Als Guides leisten wir z. B. auch bei Unfällen außerhalb unserer Gruppen Erste Hilfe. Wie muss ich damit in Zukunft umgehen? Welchen Mundschutz benötige ich? Welche Schutzkleidung? Handschuhe wie bisher werden in Zeiten von Corona nicht mehr reichen. Wie gehen wir mit solchen Dingen um? Wie schützen wir unsere Gäste und Mitarbeiter*innen? Das sind die Themen, die mein Tun gerade prägen.

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