Laurin Lehner
· 23.01.2024
Die Krisenstimmung in der Bike-Branche hält auch 2024 an. Entgegen der Meinung vieler Brancheninsider wird die Kaufzurückhaltung auch weiterhin anhalten und die Hersteller bleiben auf ihrer Ware sitzen. Die Folgen sind bereits spürbar. Beim Personal, in den Marketingabteilungen sowie bei den Rennteams und Athleten wird teilweise gnadenlos gespart. So liegen BIKE Informationen vor, die zeigen, dass selbst Teamfahrer mit bestehenden Verträgen um ihren Job bangen müssen.
Wo ist das Geld aus den umsatzstarken Corona-Zeit geblieben? Mit dem Fahrradboom 2020 und 2021 haben sich die Hersteller förmlich eine goldene Nase verdient – könnte man meinen. “Das ist ein Trugschluss”, sagt Flo Konietzko von Rocky Mountain und erklärt: “Durch gestiegene Transport- und Rohstoffkosten etc. waren die Margen in den Boomjahren begrenzt.” Zudem investierten viele Hersteller den Gewinn in Personal, den Ausbau der Produktionsstätten und in die Bestellung neuer Ware.
5 Millionen Fahrräder wurden laut einer Studie von Statista 2020 in Deutschland verkauft. Die 5-Millionen-Marke wurde zuletzt im Jahr 2000 geknackt.
“Diese Goldgräberstimmung machte viele blind. Die Hersteller dachten, die Nachfrage würde weiterhin auf dem hohen Level bleiben”, sagt eine Szenegröße hinter vorgehaltener Hand. Die Ware wartet nun darauf, endlich abverkauft zu werden. “Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um ein Fahrrad zu kaufen”, meint auch Wirtschaftsexperte Jo Beckendorff. Er geht davon aus, dass die Rabattschlacht gerade ihren Höhepunkt erreicht. So gewähren viele Marken bereits jetzt 30 bis 40 Prozent Rabatt auf Komplettbikes. “Gut für den Kunden, schlecht für die Hersteller – besonders für die, die ohnehin knapp kalkulieren”, sagt Robert Krauss von Propain Bikes. Mit besonders hohen Rabatten ist bei Vorjahresmodellen zu rechnen, die 2024 neu aufgelegt werden. Hört man sich in der Branche um, rechnet man mit einer Entspannung in der zweiten Jahreshälfte. Doch damit haben viele Experten auch im Vorjahr gerechnet – und haben sich getäuscht.
6,8 % sind die Preise von Fahrrädern im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (Quelle: Statistisches Bundesamt)4
Das Problem ist schnell erklärt: In der (Corona-)Boomphase (2020/21) bestellten Bike-Anbieter und Händler ein Vielfaches der Ware, die sie zuvor aufgrund von Lieferengpässen nur zu einem Bruchteil erhalten hatten. Damit wollten sie die während des Booms erlebten Engpässe vermeiden. Die erhöhte Order führte bei den Herstellern in Asien zu einer erhöhten Produktion. Als dann zuerst die verspätete und kurz darauf auch schon die aktuelle Herstellerware in die Absatzmärkte rollte, traf sie auf eine bereits abgekühlte Nachfrage. Folge: Anbieter- und Händler-Lager sind übervoll. Hier hängt das Geld nun fest. Das nennt sich Liquiditätsproblem. Und das hat bereits den ein oder anderen Anbieter in die Insolvenz getrieben. - Jo Beckendorff, Wirtschaftsexerte
Szene-Insider vermuten aktuell den Rabatt-Höhepunkt. BIKE-Testchef Peter Nilges hat drei spannende Modelle herausgesucht.
Der Bonner Versender gibt im eigenen Onlineshop aktuell satte 1100 Euro Rabatt auf das Carbon-Bike mit Fox-Performance-Fahrwerk und Magura-MT5-Bremsen. Zum Redaktionsschluss waren alle Größen verfügbar.
Herstellerangaben:
Das US-Label zog gleich zu Beginn der Boom-Jahre mit den Preisen an, gab dann aber schnell wieder Rabatte. Das Epic Expert gibt’s aktuell im Internet vergleichsweise günstig (ab 5520 Euro). Zum Redaktionsschluss waren alle Größen verfügbar.
Herstellerangaben:
Teure Räder bieten auch viel Rabattpotenzial. Das Hightower der Edelmarke Santa Cruz wird derzeit im Online-Versandhandel teils stark reduziert angeboten. Bei unserer Recherche waren die Größen SM und LG ab 4799 Euro z.B. bei Fahrrad XXL verfügbar.
Herstellerangaben: