Josh Welz
· 11.04.2025
Der Wirtschaftsverband Zukunft Fahrrad hat den Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD einer Analyse bezüglich dessen Bedeutung für Fahrradbranche und Fahrradinfrastruktur unterzogen. Wasilis von Rauch, Geschäftsführer von Zukunft Fahrrad, begrüßt grundsätzlich, dass sich die Verhandlungspartner zügig auf einen Koalitionsvertrag einigen konnten. Angesichts der großen sicherheitspolitischen, volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen sei es wichtig, dass Deutschland schnellstmöglich eine handlungsfähige Regierung bekomme.
Positiv bewertet der Verband, dass die Koalitionäre neues Wirtschaftswachstum zur Priorität erklärt und dem Mittelstand den Rücken stärken wollen. Insbesondere das geplante Sondervermögen Infrastruktur sieht von Rauch als richtigen und wichtigen Schritt, um die Leistungsfähigkeit Deutschlands zu sichern – auch im Verkehrsbereich.
Der Verband fordert nun, diese Chance zu nutzen und die Fahrradinfrastruktur durch Bund, Länder und Kommunen auszubauen. Von Rauch betont, dass 70 Prozent der Alltagswege in Fahrraddistanz lägen. Eine sichere, zuverlässige und leistungsfähige Mobilität sei nicht günstiger zu bekommen als durch Investitionen in Fahrradinfrastruktur.
Zudem stelle der Infrastrukturausbau eine zentrale Wirtschaftsförderung für die Fahrradbranche dar. Der Verband sieht die Fahrradwirtschaft bereit, gemeinsam mit der neuen Bundesregierung die positiven Ansätze umzusetzen.
Trotz der positiven Aspekte übt Zukunft Fahrrad auch deutliche Kritik am Koalitionsvertrag. Es gebe insgesamt zu viele offen gebliebene Punkte. Dazu gehörten konkrete Maßnahmen und Ziele für den Radverkehr oder auch die gesetzliche Verankerung des Dienstradleasings. Dies sei notwendig, um Deutschland nicht nur als Leitmarkt der Fahrradwirtschaft zu erhalten, sondern nachhaltig auszubauen.
Der Verband bemängelt, dass die Potenziale des Radverkehrs und die Notwendigkeit konkreter Maßnahmen in den Koalitionsverhandlungen nicht erkannt worden seien. Ein einzelner Satz zu aktiver Mobilität, dass Rad- und Fußverkehr als Bestandteil nachhaltiger Mobilität gestärkt und gefördert werden sollen, sei zu vage. Damit werde die Politik der Bedeutung des Fahrrads für zeitgemäße Mobilität nicht gerecht.
Zukunft Fahrrad betont, dass bei der konkreten Mittelverwendung des Sondervermögens Infrastruktur die Fahrradinfrastruktur selbstverständlich berücksichtigt werden müsse. Der Investitionsstau sei enorm, könne aber durch Berücksichtigung im Sondervermögen für Infrastruktur und im Klima- und Transformationsfonds gelöst werden.
Auch die Länder und Kommunen müssten die neuen Spielräume für Investitionen in Fahrradinfrastruktur nutzen. Der Verband begrüßt in diesem Zusammenhang die Ankündigung, Planungs- und Genehmigungsverfahren grundsätzlich zu überarbeiten und zu beschleunigen.
Zukunft Fahrrad kritisiert, dass der Verkehr nicht auf dem Pfad für Klimaschutz sei. Die Ankündigung, Mauteinnahmen nur noch für den Verkehrsträger Straße einzusetzen und am bestehenden Bundesverkehrswegeplan festzuhalten, werde den klimapolitischen Erfordernissen im Verkehrssektor nicht gerecht. Die Chancen des Radverkehrs für Klimaeinsparungen würden nicht genutzt.
Zudem enttäuschte den Verband, dass intermodaler Verkehr im Koalitionsvertrag nicht vorkomme. Damit ist die Verknüpfung verschiedener Verkehrsträger gemeint, die ein entscheidender Baustein zukunftsfähiger und einfach zugänglicher Mobilität sei. Dazu gehöre insbesondere der Ausbau von Fahrradparkplätzen an Bahnhöfen und Haltestellen.
Im Bereich der Finanzen kritisiert Zukunft Fahrrad, dass funktionierende Lösungen wie das Dienstradleasing nicht auf eine gesetzliche Grundlage gestellt würden. Der Verband werde sich engagiert dafür einsetzen, Dienstradleasing noch in dieser Legislaturperiode im Einkommensteuergesetz zu verankern.
Zudem fordert der Verband eine Entbürokratisierung durch Pauschalierungsregeln für die steuerliche Behandlung dienstlich und privat genutzter ÖPNV-Zeitkarten, Sharing-Mitgliedschaften und Mobilitätsbudgets, wie es sie heute schon für den Dienstwagen gebe.
Der Verband empfindet die im Koalitionsvertrag angekündigten Kaufanreize für E-Mobilität im Automobilbereich als unzureichend. Es sei ein Ungleichgewicht, solche Förderungen nicht auch für weitere elektrisch betriebene Fahrzeuge wie Pedelecs zu öffnen.
Insgesamt, so bemerkt es der Branchenverband Zukunft Fahrrad, fehle die Fahrradwirtschaft bei den verschiedenen Sektoren des Industriestandorts Deutschland. Dies sei eine vertane Chance und werde der Bedeutung der Branche für die zukunftsfähige Mobilitätswirtschaft nicht gerecht.