Münchner Isar-Trails 2.0Das neue Lenkungskonzept startet jetzt

Gitta Beimfohr

 · 17.10.2024

Nahezu unendlich, aber auch entsprechend hochfrequentiert: die einzigartigen Isar-Trails im Süden Münchens.
Foto: Markus Greber/Skyshot
Das erste Lenkungskonzept stand 2017 - und wurde nie umgesetzt. Doch Nutzungsdruck und Konflikte entlang der kilometerlangen Isar-Trails lassen nicht nach. Nun wurde der DAV mit Deutschlands vielleicht größtem Trail-Projekt beauftragt und steht kurz vor dem Durchbruch.

Fünf Jahre lang wurde am runden Tisch verhandelt. Es wurden Strecken begutachtet, verhandelt und am Ende ein Kompromiss erkämpft, mit dem alle Beteiligten leben konnten. Forstbehörden, Grundbesitzer, die Stadt München, Naturschutzverbände, der DAV und auch Radsportverbände wie die DIMB unterschrieben das gemeinsam erarbeitete, hochnotwendige Lenkungskonzept für die hochfrequentierten Isar-Trails. Ein Planungsbüro hatte die Strecken bereits kartographiert, die für Mountainbiker freigegeben werden sollten. Das war im Jahr 2017. Doch es passierte nichts. Warum?

Die Gründe des Scheiterns von 2017

Die Antwort klingt simpel, ist aber alles andere als das: Keine der beteiligten Interessensvertretungen konnte oder wollte die Trägerschaft für dieses Großprojekt übernehmen. Die aber wäre nötig gewesen, um bei der Regierung Oberbayern die Finanzierung zu beantragen. Außerdem blockierte den Prozess noch eine rechtliche Frage: „Mit oder ohne Verordnung?“ Sprich: Die Freigabe einer Trail-Strecke mit einhergehendem Verbot für alle anderen Trails wollten die Radsportverbände (aber auch der DAV) damals nicht akzeptieren. Und so landete das hart erarbeitete Lenkungskonzept in den Schubladen der Behörden.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Doch Nutzungsdruck und die damit verbundenen Konflikte entlang der Isar ließen nicht nach. Gerade während der Corona-Zeiten fraßen sich neue Trail-Schleifen immer tiefer ins geschützte FFH-Gebiet (Flor-Fauna-Habitat) der Isarauen, was wiederum zu neuem Ärger führte.

Je weiter man den Isar-Trails gen Süden folgt, desto verzweigter das Netz. Sehr zum Ärger der Grundbesitzer und Naturschützer.Foto: Georg GrieshaberJe weiter man den Isar-Trails gen Süden folgt, desto verzweigter das Netz. Sehr zum Ärger der Grundbesitzer und Naturschützer.

So landete das Thema im Februar dieses Jahres wieder als Tagesordnungspunkt in der Stadtratssitzung. Bei neuerlichen Gesprächen am runden Tisch plädierten nun alle Beteiligten dafür, dass das einst entworfene Konzept umgesetzt werden müsse. Die Trägerschaft für die Isar-Trails solle die Münchner Sektion des DAV übernehmen.

Warum übernimmt der Deutsche Alpenverein die Trägerschaft?

Erstens hat die Münchner Sektion des DAV die beste Vermittlerrolle zu allen beteiligten Parteien. Es ist der einzige Verein, der sowohl Sportförderung als auch Naturschutz in seiner Satzung verankert hat und sogar eine eigene Mountainbike-Gruppe (M97) unterhält, die sich regelmäßig zu gemeinsamen Ausfahrten auf den Isar-Trails trifft.

Vor allem aber ist mit dem DAV die Frage nach der Haftungsversicherung geklärt, denn die bringt der Verein durch seine Wegeerhaltungsarbeiten in den Alpen bereits mit.

Das Problem der Trägerschaft wäre damit also gelöst, doch bevor die nötigen Fördergelder für das Projekt bei der Regierung Oberbayern beantragt werden können, gibt es noch einiges zu tun: Das Planungskonzept von 2017 ist inzwischen veraltet. Das Gelände hat sich verändert, Grundstücksbesitzer haben gewechselt - das Ganze muss neu aufgerollt werden.

Bea Draese, Leiterin des Natur-, Umwelt- und Klimaschutz-Ressorts der DAV-Sektion München, hat die nächsten Schritte kürzlich in einem Interview im Magazin Alpinwelt skizziert: Mit den Staatsforsten, die den größten Grundstücksanteil im Oberen Isartal besitzen, habe man bereits einen neuen Gestattungsvertrag ausgearbeitet, der nun allen anderen betroffenen Grundstücksbesitzern zur Unterschrift vorgelegt werden soll.

Ein Planungsbüro müsse zudem prüfen, ob die 2017 festgelegte Hauptroute so noch Bestand haben kann. Ansonsten müsse die Strecke umverlegt werden. Erst dann könne der Antrag auf Fördergelder gestellt werden, bevor man sich per öffentlicher, nationaler Ausschreibung auf die Suche nach einer Trail-Baufirma machen könne. Allein letzteres wird sich über einen Zeitraum von 6 Monaten ziehen. Mit dem ersten sichtbaren Spatenstich dürfte also kaum vor Ende 2025 zu rechnen sein.

Und was genau wird jetzt entlang der Isar geplant?

Zwischen Marienklause und der Dürnsteinerbrücke bei Schäftlarn soll es auf beiden Seiten der Isar eine ausgewiesene, legale (Shared-) Trail-Strecke geben. Eine 70 Kilometer lange Route mit 30 Kilometern Trail-Anteil. Allen Beteiligten ist klar: Die Trails sollten für ein möglichst breites Publikum fahrbar sein, müssen aber so attraktiv bleiben, dass sie von allen Bikern gern genutzt werden. Die Pfade sollen schon aus Naturschutzgründen so schmal wie möglich angelegt werden, müssen aber Gegenverkehr ermöglichen. Dort, wo es das FFH-Gebiet zulässt, seien eventuell parallel verlaufende Pfade möglich, die für Entlastung sorgen können. Außerdem soll ein Trail-Control-System im Boden installiert werden, das die tatsächlichen Nutzerzahlen erfasst.

Wo die ausgewiesene Strecke genau verlaufen kann, muss jetzt von Neuem geklärt werden.Foto: Max FuchsWo die ausgewiesene Strecke genau verlaufen kann, muss jetzt von Neuem geklärt werden.

Gleichzeitig sollen ausschließlich die Trail-Abschnitte rückgebaut werden, die das FFH-Gebiet am empfindlichsten treffen. So der Kompromiss mit den Naturschutzbehörden. Bike-Verbotsschilder sollen nach heutigem Kenntnisstand nirgendwo montiert werden. Man hofft auf eine erfolgreiche Kommunikation unter den Trail-Usern und eine breite Akzeptanz der Strecken, damit Streckensperrungen gar nicht erst nötig werden. “Jeder weiß, dass der Bedarf da ist”, so Bea Draese. “Nicht zu handeln ist die schlechteste Alternative für Natur und Nutzung.”

Meistgelesen in der Rubrik Über Uns