Laurin Lehner
· 13.07.2025
Mountainbikes und ihre Komponenten sind heute technisch ausgereifter denn je. Doch sind sie auch mehr auf Haltbarkeit getrimmt als noch vor zehn Jahren – und was beeinflusst die Haltbarkeit bei Rahmen und Anbauteilen? Wir haben in der Branche nachgefragt und waren überrascht, dass selbst Experten beim Anblick eines Bikes nicht immer die Haltbarkeit voraussagen können.
Das sagen Racer, der BIKE-Testchef, und Konstrukteure von Raaw, Specialized und Ghost
Für den Kunden ist das schwer zu erkennen und generell auch echt schwierig, eine pauschale Aussage hierzu zu treffen. Klar ist, dass auf jeden Gelenkpunkt spezifische Lagerkräfte wirken – abhängig von der Kinematik. Wir verlassen uns hierbei nicht auf ein Bauchgefühl, sondern auf die Berechnungen, um sicherzustellen, dass die Lager dementsprechend dimensioniert und geschützt sind. Klar ist: Extra abgedichtete Lager helfen, Schmutz und Feuchtigkeit fernzuhalten – doch selbst namhafte Premiumhersteller verzichten manchmal darauf. Besonders bei Bikes mit 160 mm Federweg oder mehr und klein dimensionierten Lagern kann es kritisch werden. Schäden und lästige Geräusche sind dann keine Seltenheit. Neben dem Rahmen spielen natürlich auch Anbauteile eine Rolle – oder wie Leitungen verlegt sind.
Jein. Beim Konstruieren kann man jedoch viel für eine lange Haltbarkeit tun. Wir verbauen bei unserem Enduro zum Beispiel rund 700 Gramm an Lagern, Dichtungen und Hardware– das ließe sich locker halbieren, was den Rahmen für viele deutlich attraktiver machen würde – auch preislich. Fakt ist: Ein größeres Kugellager hat eine höhere Traglast und damit auch eine längere Lebensdauer. Ein weiterer Punkt sind die Passungen zwischen Achse, Lager und Rahmen. Je präziser sie nach unseren Vorgaben gefertigt werden, desto länger wird der Rahmen ohne Knarzen und Spiel seinen Dienst beweisen. Darauf legen wir viel Wert – das machen aber auch andere Mitbewerber. Gleiches gilt für den
Rahmenwerkstoff: Aluminium ist grundsätzlich widerstandsfähiger gegen Stürze und Steinschläge. Haltbarkeit bedeutet für mich auch: Ersatzteile anzubieten, um Defekte und Verschleißteile schnell, unkompliziert und kostengünstig beheben zu können. Aus meiner Sicht steht bei vielen Herstellern bei neuen Bikes vor allem das Design im Vordergrund – es soll gut aussehen. Ich sehe das Bike eher als Werkzeug, das in erster Linie gut funktionieren muss. Der Look ist natürlich auch wichtig und ein praktisches und zugleich schickes Design ist kein Widerspruch.
Nein, nicht jeder Biker kann es erkennen. Vermutlich nur ganz wenige. Ich würde von mir behaupten, über die Zeit ein gutes Auge dafür entwickelt zu haben. Gewichts-Tuning sehe ich besonders im Enduro-Segment kritisch – besonders bei Anbauteilen wie Kurbel, Lenker, Laufrädern etc.
Was unterschätzt wird: Im Winter sollte man sein Bike nach jedem Ride gut waschen. Das hilft enorm, was den Verschleiß angeht. Denn der Schmutz arbeitet sich in die Lager, Zwischenräume, beweglichen Teile etc. ein und wirkt wie Schmirgelpapier – insbesondere beim Antrieb.
Eher nein, doch großdimensionierte Lager und Wandstärken am Rahmen sind ein gewisser Indikator, der für Haltbarkeit spricht. Ob es nicht doch irgendwo eine Schwachstelle gibt, die bei extremer oder Dauerbelastung Probleme macht, kann man nicht sicher sagen. Es gibt auch leichte Teile, die bei entsprechendem Fertigungs-Knowhow und bei hoher Qualität lange halten und schwere Teile sogar überdauern.
Puh, hier pauschal zu urteilen, ist schwierig. „Schwer gleich haltbar“ stimmt so nicht grundsätzlich. Viel eher gilt: Die Qualität der Konstruktion entscheidet über die Haltbarkeit.
Wenn es in den Extrem-Leichtbau geht, kann es allerdings durchaus sein, dass zulasten der Haltbarkeit konstruiert wurde – Stichwort: leichte Lager. Wer also ein ultraleichtes Bike fahren will, muss in den sauren Apfel beißen und damit rechnen, die Lager nach einem Jahr tauschen zu müssen. Das ist einfach so. Zur Klarstellung: Ich spreche hier ausdrücklich vom Ultra-Leichtbau.
Aber auch große Lager sind kein Garant für Langlebigkeit. Ich kenne Leute, die fahren Bikes mit XXL-Lagern, doppelgedichtet – und trotzdem gibt es nach einer gewissen Einsatzzeit Probleme, etwa mit Knarzgeräuschen. Mein Verdacht: Die Lager gehen durch Korrosion kaputt. Ob kleines oder großes Lager – wenn es rostet, ist es hinüber.
Was die Kabelführung durch den Steuersatz angeht: Beim Mountainbike bin ich klar dagegen. Das bringt bei der Wartung nur Nachteile. Bei Schaltung mit Zügen funktioniert diese durch die engeren Bögen meist weniger knackig und braucht dann mehr Wartung.
Auch versteckte Dämpfer sehe ich kritisch. Das ist aus meiner Sicht eine reine Design-Entscheidung. Was viele übersehen: Kinetische Energie wird in Wärme umgewandelt – sprich: Der Dämpfer wird warm, hat aber keinen kühlenden Fahrtwind mehr. Folge: Verschleiß, Performance-Verlust. Das oft genannte Argument, dass der Dämpfer im Rahmen besser geschützt sei, halte ich für vernachlässigbar – Federelemente sind von Haus aus recht unempfindlich gegenüber Dreck und Schmutz.