Laurin Lehner
· 07.06.2017
International haben deutsche Downhiller nichts zu melden. Max Hartenstern könnte das bald ändern. Ein Gespräch über Erfolg, Leistungsdruck und die irrwitzige Geschichte seines Deutschen Meistertitels.
Bei der Deutschen Meisterschaft im Downhill warst Du Streckenschnellster, wurdest aufgrund Deines Alters aber zunächst nur als U19-Sieger geehrt. Was hast Du in dem Moment gefühlt?
Das war bitter! Die Stimmung bei der Siegerehrung war komisch – jemand vom BDR (Bund Deutscher Radfahrer / Anm. d. Redaktion) hat sich an einer Erklärung versucht, doch am Ende stand Julius Sauer als neuer Deutscher Downhill-Meister da. Was Wenige wissen: Der BDR hat das Ergebnis korrigiert. Ich bin nun Deutscher Meister in der Elite-Klasse!
Hört sich so an, als wäre sich der BDR seiner eigenen Regeln nicht sicher gewesen.
So war es. Denn das Reglement besagt, dass dem Streckenschnellsten der Deutsche-Meister-Titel gebührt – egal, ob Master, Elite oder Junior.
Wann hat sich die Sache geklärt?
Erst viel später. Hätte ich dort nicht angerufen und nachgehakt, wäre ich jetzt immer noch kein Deutscher Meister. Anscheinend gab es so einen Fall zuvor noch nie. Die Regel kannte ich natürlich auch nicht. Doch irgendwann wurde ich stutzig, griff zum Hörer und rief beim BDR an. Ich wollte wissen, was Sache ist. Und tatsächlich: Kurz darauf hieß es, ich darf das Meistertrikot in der nächsten Saison tragen.
Race-Urgestein André Wagenknecht sagt, Du bist Deutschlands größte Nachwuchshoffnung im Downhill. Ehrt Dich das?
Klar freue ich mich über so etwas. Besonders, wenn es von Leuten kommt, die Ahnung haben.
Im Worldcup sieht es für deutsche Downhiller seit Langem mau aus. Ein Deutscher auf dem Podium – das liegt ewig zurück. Was ist der Grund dafür?
Mit den richtigen Voraussetzungen können auch Deutsche international vorne mitfahren, siehe Johannes Fischbach. Er hat das Zeug dazu und den Support – bisher fehlt nur etwas Glück. Die meisten anderen Deutschen kämpfen dagegen auf einsamen Posten. Die Unterstützung fehlt. Auch der BDR könnte mehr machen. Warum nicht mal die zehn schnellsten Downhiller in ein Trainingscamp schicken? Das würde schon enorm helfen und uns deutsche Racer besser vernetzen. So kennt man sich untereinander zwar, doch so richtig eng wird man nicht.
Was würde es helfen, wenn die deutsche Downhill-Elite miteinander befreundet wäre?
Um richtig schnell zu werden, spielen viele Faktoren eine Rolle. Der Wichtigste ist, mit guten Fahrern zu trainieren – nur so wird man besser. Dafür gibt es dutzende Beispiele. Man guckt voneinander Linien ab und pusht sich gegenseitig, weil jeder der Schnellere sein will.
Was macht einen Downhiller noch schnell?
Grundfitness ist enorm wichtig. Auf den meisten Worldcup-Strecken hat man sonst keine Chance. Bei der WM in Val di Sole war ich im Ziel komplett kaputt. Da merkte ich, dass da noch viel Potenzial steckt. Ein Team mit Mechaniker hilft zudem enorm: Wer selbst noch kurz vor Rennbeginn an seinem Rad schrauben muss, ist klar im Nachteil. Linien-Scouter, wie sie die Top-Jungs haben, sind sicher gut, aber keine Pflicht.
Du bist gerade erst zum Cube-Global-Squad-Team gewechselt, das Dir 2017 im Worldcup genau diesen Support geben könnte. Deiner Theorie nach müsstest Du demnach bald noch schneller werden.
Hoffentlich! Bisher habe ich in der Off-Season nichts für meine Fitness gemacht. Ich bin immer nur etwas Enduro und Motocross gefahren. Das war’s! Einen Mechaniker hatte ich auch nicht. Und dann ist da noch die Schule. Nach meiner Abi-Prüfung im Frühjahr kann ich mich endlich voll und ganz auf den Sport konzentrieren.
Und was hemmt einen Downhiller?
Ein voller Kopf und kein Spaß an der Sache. Das macht langsam! Wenn ich mir vor Freude nicht die Hände reibe, bringe ich auch keine gute Leistung auf dem Rad.
Was ist mit Druck?
Bisher habe ich nie Druck gespürt. Den einzigen Druck, den ich mir aktuell mache, ist der, dass ich bis zum Saisonanfang richtig fit werden will. Ich muss zugeben: Dazu muss ich mich schon etwas zwingen.
Im Frühjahr machst Du Dein Abi. Was ist mit dem schulischen Druck?
Ja, da spüre ich auch Druck. Vor allem, weil mir durch die vielen Rennen der letzten Saison einige Tage in der Schule fehlen. Doch ab Frühjahr hab ich es ja geschafft.
Wie stehen Deine Eltern zum Downhill-Sport?
Sie sagen: So lange ich noch jung bin, soll ich etwas von der Welt sehen und möglichst viel Spaß haben. Ihnen ist nur wichtig, dass ich mich bis zum Abi-Abschluss zusammenreiße.
INFO MAX HARTENSTERN
Der junge Sachse gilt als größtes Talent des deutschen Downhill-Sports. Erst fuhr Max Hartenstern BMX, später begeisterte er sich fürs Downhill-Fahren. Schon kurz nach seinem ersten Rennen wurde Max entdeckt und fuhr von da an für die MTB-Bande Schatzki. Im Frühjahr 2017 macht er sein Abi, danach will er sich nur noch auf Downhill konzentrieren und im Worldcup durchstarten.
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