Stefan Loibl
· 19.06.2018
Vom Profi-Mountainbiker zum Unternehmer: Markus Bauer fand nach seinem Marathon-DM-Titel 2017 kein Team, beendete seine Karriere und bringt mit Infront Bikes nun eigene E-MTBs heraus.
Der MTB-Profisport hat's schwer: Immer mehr Profisportler haben Probleme, einen vernünftigen Sponsoring-Vertrag zu bekommen. Besonders hart hat es Markus Bauer (28), den Deutschen Meister im Marathon von 2017, getroffen. Er suchte bis Jahresbeginn vergeblich nach einem neuen Team. „Der Industrie scheint der Leistungssport nicht mehr am Herzen zu liegen“, sagte er etwas enttäuscht in BIKE 2/2018. Doch der Freiburger hat vorgesorgt und startete bereits während seiner Profi-Karriere ein Master-Studium „Produkt Innovation“. Als sich keine Zukunft als Rennfahrer abzeichnete, ließ er den Kopf nicht hängen und gründete seine eigene MTB-Marke. Mit dem Cape Epic setzte er einen Schlusspunkt hinter seine Rennkarriere und vor wenigen Wochen kam er mit Infront Bikes auf den Markt. Zudem engagiert er sich mit Kumpel Simon Stiebjahn (Bulls) bei der Organisation des Bundesliga-Rennens in Titisee-Neustadt, dem Singer Wäldercup. Dort soll es 2018 erstmals auch einen Trail-lastigen Marathon für Hobbyracer (Mesa Parts Trail Hero) geben. Wir haben mit Markus Bauer über die Zukunft, seine eigenen Bikes und den harten E-Bike-Markt gesprochen.
Markus Bauer: Nach meinem Sturz mit Hüftbruch beim Weltcup in Australien 2016 war mir klar: Allzu lange werde ich das Risiko, das der Mountainbike-Profisport mit sich bringt, nicht mehr auf mich nehmen wollen. Mein Wille und meine Motivation, zu zeigen was ich drauf habe, waren allerdings nach der verpassten Olympia-Qualifikation noch groß. Die Motivation mündete neben vielen guten Resultaten 2017 in meinem ersten großen Titel als Deutscher Meister im Marathon. Dass es zu diesem Erfolg kam, lag sicher auch an der Gewissheit, dass sich beruflich eine neue Tür öffnete und ich – sportlich gesehen – keinen Erfolgsdruck mehr im Rücken hatte. Im August 2017 war klar, das Projekt Infront lässt sich realisieren. Investor und Entwicklungs- bzw. Produktionspartner waren überzeugt von meiner Idee.
Die Zeit im Winter 2017/2018 war spannend und aufregend: Bikes entwickeln und designen, die richtigen Komponenten wählen und alles, was es für ein Start-Up braucht, organisieren. Jetzt habe ich großen Spaß, mit meinem kleinen Team im Start-Up-Büro in Freiburg an meiner Bike-Marke Infront zu arbeiten.
Ganz ehrlich: Es geht in meinen Augen wirtschaftlich nicht anders. Der sportive Markt ist für mein Verständnis aufgeteilt. Es gibt in allen Preis- und Image-Klassen mindestens einen Mitbewerber. Technisch sind die Race-Bikes weit entwickelt und es ist schwer, sich mit einer neuen Marke von anderen Anbietern zu differenzieren. Im E-Mountainbike-Bereich hingegen findet gerade sehr viel Entwicklung statt. Weiterentwickelte Motoren bieten neue Möglichkeiten, die Bikes näher an die Geometrie und das Fahrverhalten herkömmlicher Mountainbikes anzulehnen. Hier möchte ich meine Erfahrung in die Entwicklung meiner E-MTBs einfließen lassen. Das ist mein klares Ziel.
Ich habe das Rad entwickelt. Meine Erfahrungen im Rennsport kann ich direkt in die Entwicklung der Bikes stecken. Mein Master-Studium „Produkt Innovation“ ist zu großen Teilen auf dem Produktentstehungsprozess aufgebaut gewesen. Sprich, 3D-Konstruktion und Berechnung sowie Leichtbau waren ein wesentlicher Teil meiner Ausbildung der letzten Jahre.
Dieses Know-How habe ich in die Entwicklung gesteckt und bei meinem Entwicklungs- und Produktionspartner offene Türen eingerannt. Im ersten Schritt lief das konkret so ab: Ich habe ein Prototypen-Bike auf einem bereits bestehenden Rahmen bekommen und dann den Rahmen nach eigenen Fahrtests angepasst, sprich weiterentwickelt. Mein Ziel ist es, meinen Kunden E-Mountainbikes anzubieten, die in punkto Performance und Preis-Leistung keine Wünsche offen lassen. In diesem Prozess stehe ich noch am Anfang, gebe da aber – genauso wie zu Zeiten als Leistungssportler – Vollgas.
Der Wettbewerb ist enorm. Ich glaube daran, die Marke Infront authentisch etablieren zu können. Ich selbst konnte jahrelang sehr gutes Material nutzen. Biken macht mit Top-Material deutlich mehr Spaß als ohne. Deshalb statte ich meine Bikes nur mit den besten Komponenten aus. Mein Vertriebsweg übers Internet ermöglicht es mir, die Bikes trotzdem preiswerter anzubieten als es die Konkurrenz tut. Mein erstes Bike, das IF-1, ist kompromisslos ausgestattet und trotzdem etwa 800 Euro günstiger als die direkte Konkurrenz. Ich sehe meine Chane vor allem darin, die Bikes im wachsenden Direktverkauf per Internetshop anzubieten. Die Ressourcen, ein aufwendiges Händlernetz zu etablieren, habe ich nicht. Aber das Wachstumspotenzial mit einem guten Produkt im Netz ist enorm.
Darüberhinaus ist es mir wichtig, dass meine Kunden engen Kontakt zu mir haben können. Ich stehe ständig für Fragen zur Verfügung. Interessenten haben im Test-Center in Freiburg die Chance, die Bikes gemeinsam mit mir zu testen. Bei welchem anderen Hersteller kann man schon mit einem Deutschen Meister im Mountainbike, dem Bike-Entwickler und Gründer der Bike-Marke zugleich sein Rad testen?